Rees-Haldern. Die Haldern Pop Bar hat sich in 15 Jahren ihre Regionalität erhalten, ist aber international in der Musikwelt beliebt. Dieses Konzept überzeugt.

Es war kein Einzelfall, dass Musiker, die in der Haldern Pop Bar aufgetreten sind, ihre Überraschung zum Ausdruck brachten, dass so viele Zuhörer an einem Werktag zu einem Konzert in ein Dorf gekommen waren. Sowas ist selten. Seit 15 Jahren kommen Bands aus der ganzen Welt in die Reeser Ortschaft und schaffen mit dem interessierten Publikum besondere Momente der Musik. Das Jubiläum wurde kürzlich mit mehreren Anlässen gefeiert.

Von Selig bis Michael Kiwanuka

Im Jahr finden bis zu 50 Konzerte in der Pop Bar statt. Dabei waren nicht nur Bands, deren Namen man noch nie gehört hat. Manche traten früher auf und sind heute recht namhaft.

Hier beispielhaft nur einige der größeren Namen: Annen May Kantereit, Selig, Triggerfinger, Philipp Poisel, Michael Kiwanuka, Faber, Charlie Cunningham, Jupiter Jones und mehr.

Dieses Jubiläum ist eine Geschichte der Beziehungen. Ein Wort, das Haldern Pop Chef Stefan Reichmann lieber mag, als über ein gutes Netzwerk zu sprechen. Die Festivalmacher haben natürlich genau dieses gute Netzwerk. Hier liegt die Basis, warum eine rund 120 Gäste fassende Bar als internationaler Konzertort überhaupt funktionieren kann. So sehr, dass Künstler aus Kanada, den USA, Australien oder Großbritannien froh sind, in der „berühmten Haldern Pop Bar“ zu spielen. Bei all der Internationalität ist es dem Haldern Pop Team wichtig die Regionalität zu pflegen. Hier ist sie entstanden, „eine der letzten Früchte einer nicht digitalen Welt“, sagt Reichmann.

Für Get Jealous 2023 während des Festivals musste das Thekenpersonal die Lampen auf Seite ziehen.
Für Get Jealous 2023 während des Festivals musste das Thekenpersonal die Lampen auf Seite ziehen. © FUNKE Foto Services | Arnulf Stoffel

Keine Lückenfüller im Tourneeplan

Günstig gelegen zwischen Amsterdam und Köln, Paris und Berlin kommen Bands auf ihrer Route an Haldern vorbei, haben womöglich einen Konzerttag dazwischen frei. Auch dieser kostet die Bands Geld. Haldern Pop lockt mit köstlichem Essen wie zuhause in Haldern gekocht, einer Unterkunft, und einer Bühne, auf der die Bands auch fürs Festival vorspielen können. Ein Sprungbrett zum Sprungbrett, schließlich hat das Festival schon einigen Künstlern zum nächsten Karriereschritt verholfen. Außerdem bekommt die Band, was nachher im nicht selten prall gefüllten Spendenhut zusammen kommt.

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Aber es wäre nicht treffend, wenn man diese Konzerte nur als Lückenfüller im Tourneeplan sehen würde. Die Haldern Pop Bar hat schon viele magische Momente erlebt. Künstler, die mit Spielfreude und Talent begeisterten. Aber eben auch ein Publikum, das voller Vertrauen einfach kommt, aufmerksam zuhört und gute Musik zu schätzen weiß. Das spüren die Bands, die so die Magie aufnehmen. Die Band Font aus Texas trat im Zuge des Jubiläums auf und stellte nachher für sich fest, das sei das beste Konzert der Tournee gewesen, verrät Reichmann.

Rolle im Dorf nicht unterschätzen

Und die Zahl der Bands, die inzwischen bewusst die Tour mit der Haldern Pop Bar planen, hat zugenommen, berichtet Reichmann: „Bo Ningen waren jetzt hier, unsere Freunde aus Japan. Denen geht es nicht ums Geld. Sie wollen hier spielen. Sie lieben den Ort.“

Die Kölner Elektronik Band Coma hat sich selbst kunstvoll ins Bühnenbild getaucht.
Die Kölner Elektronik Band Coma hat sich selbst kunstvoll ins Bühnenbild getaucht. © FUNKE Foto Services | Erwin Pottgiesser

Auch die Rolle im Dorf darf nicht unterschätzt werden. Funktionierende Kneipen werden in den Ortschaften am Niederrhein ja zunehmend seltener. Dass es ein Theke gibt, wo man mal gepflegt ein Frischgezapftes trinken kann, das wissen auch die Halderner zu schätzen. Die Haldern Pop Bar ist ein Treffpunkt im Herzen des Dorfes geworden.

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Pop Shop hat Kultstatus

Kultstatus hat auch der Haldern Pop Shop erworben. Jeder, der Musik mag, kann hier nur hängen bleiben. Schallplatten, T-Shirts, Poster und mehr können hier gekauft werden. Das Stöbern ist schon spannend. Und die Bands finden sich nach den Konzerten hier für ein Meet & Greet ein. Einfach mal hingehen, denn die Musiker sind durchaus offen für Gespräche, so die Erfahrung.

Ganz intime Begnungen gab es in der Haldern Pop Bar auch schon häufiger. Wie hier bei Press Club aus Australien.
Ganz intime Begnungen gab es in der Haldern Pop Bar auch schon häufiger. Wie hier bei Press Club aus Australien. © NRZ | Marco Virgillito

Keine Frage, Zweifler hat es vor 15 Jahren genügend gegeben. Sie sind verstummt. Und trotzdem bleibt die Haldern Pop Bar eine fortlaufende Herausforderung. Man brauche weiter das Ehrenamt, glaubt Stefan Reichmann, man brauche das Verständnis, dass es sich lohnt und: „Man muss den Leuten das Gefühl geben, dass sie nicht am falschen Ort sind.“ Die Nervosität der Zeit, dieses Gefühl man könnte irgendwo etwas verpassen... Oder man bleibt in Haldern und öffnet hier seine Sinne. Und hört hin.