Emmerich. Ein Emmericher Supermarkt soll zu Silvester zu viele Böller und Raketen gelagert haben. Nun äußerte sich der Filialleiter vor Gericht.
Raketen, Knallfrösche, Böller: Drei Tage vor Silvester können sich die Mitarbeiter eines Emmericher Supermarktes kaum vor Kundschaft retten. Beinahe im Minutentakt legen sie Ware aus dem Lager auf der Verkaufsfläche nach. Der Filialleiter denkt gerade ans Pausenbrötchen samt ersehntem Kaffee, als aus der Menge zwei Männer herausstechen.
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Bereits zum fünften Mal leitet er 2023 den Feuerwerksverkauf. Die beiden Beamten des Arbeitsschutzes kennt er daher schon. Nachdem sie ihre Kontrolle im Geschäft beendet haben, führt der Filialleiter sie ins Lager. Was die Beamten da vorfinden, lässt sie den kompletten Arbeitsablauf für einige Stunden unterbrechen.
Kurze Zündschnur bei Verstößen
Ein Container, der 350 Kilo Sprengmasse beherbergen darf, sei leicht überfüllt. Drumherum stünden geöffnete Kartons „chaotisch“, wie einer der Beamten beschreibt, in der Gegend herum. Zeitgleich soll ein Lkw entladen werden, der noch mehr Ware ins volle Lager bringt. Draußen läuft das Fass für die Kontrolleure über. Unter einem Vordach lagern angeblich weitere Feuerwerkskörper mit 440 Kilo Sprengstoff unrechtmäßig. Der Filialleiter des Supermarktes äußerte sich dazu nun im Emmericher Amtsgericht.
„Ich habe einen Anruf aus dem Lager bekommen und es falsch verstanden“, beginnt der 40-Jährige seine Verteidigung. Am Telefon habe er nicht vernommen, dass es sich bei der frischen Lieferung um Feuerwerkskörper handelt. „Die hätten erst am Nachmittag des Tages kommen sollen“, erklärt er. Also habe er seinen Mitarbeitern das Go zum Entladen der vermeintlich normalen Produkte gegeben. Kurz später traf er auf die Beamten, führte sie durch das Geschäft und anschließend ins Lager. Da habe selbst der Angeklagte seinen Augen nicht getraut.
Extrarunden für Lkw-Fahrer
Vor Silvester sei es nicht unüblich, so die Experten, dass Lkws stundenlang ihre Runden durch Wohngebiete ziehen. So dürfen Feuerwerkskörper, anders als normale Waren, nie zu früh ankommen. Die Märkte setzen darauf, dass erst nachgeliefert wird, wenn ein Teil verkauft ist. Wird der Lkw zu früh ausgeladen, passiert dasselbe wie bei dem Emmericher Discounter: Im Lager befindet sich zu viel Sprengstoff als erlaubt.
Im Lager knallte es
„Laut“ sei er geworden, als er sah, dass ein Teil des Lkws bereits entladen war. Im Lager standen damit mehr als die zugelassenen 700 Kilo Sprengstoff. „Diese Lieferung sollte Stunden später kommen. Dann wäre vieles verkauft gewesen und es hätte in den Containern Platz für Neues gegeben.“ Durch den falsch eingeschätzten Anruf sei es zu einem Missverständnis gekommen, „das ich sehr bereue“.
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Er habe seinen Mitarbeitern gleich das Zeichen gegeben, die Ware wieder ins Fahrzeug zurückzuräumen. In diesem Vorgang seien sieben Paletten zwischenzeitlich unter einem Vordach abgestellt worden, „weil es geregnet hat.“ Von 440 Kilo Sprengstoffmasse könne bei den Kartons, die bereits entladen waren, nicht die Rede sein. Vielmehr gehe diese Zahl aus dem gesamten Lieferschein hervor.
Profitgier des Filialleiters?
Langsam blättert einer der Beamten im Zeugenstand durch seine Unterlagen. 280 Kilo Sprengstoff seien bei Ankunft der Beamten bereits ausgeladen gewesen. „So spontan kann die Anlieferung also nicht gewesen sein.“ Und sobald eine Ware den Transporter verlässt, greift das Sprengstoffrecht, das die gesetzmäßige Lagerung fordert. Eine böse Absicht des Filialleiters vermutet er jedoch nicht. Anders als im Strafbericht, in dem von „Profitgier“ als Motiv die Rede ist. Der 40-Jährige hakt ein: „Wieso sollte ich? Ich verdiene nicht einen Euro mehr, wenn mehr Feuerwerk verkauft wird.“
Das Gericht sah in seinem Handeln ebenso Fahrlässigkeit statt Vorsatz. Trotzdem unterstrich die Richterin: „Es liegt in Ihrer Verantwortung. Das ist gefährlich für Kundschaft und Angestellte.“ Das Verfahren wurde gegen eine Geldstrafe von 4500 Euro eingestellt. In diesem Jahr wolle der Filialleiter die Feuerwerkskörper persönlich annehmen.