Emmerich. Vorlesetag an der Leegmeerschule in Emmerich: Am Montag startete Dr. Günther Bergmann mit der Martinsgeschichte, Freitag wird es international.
75 Augenpaare richten ihren Blick auf Dr. Günther Bergmann. Die Erstklässler der Leegmeerschule haben es sich auf Teppich-Stücken, Stühlen oder Tischen bequem gemacht. In dieser Schulstunde lauschen sie nicht der Lehrkraft, sondern dem Kreis Klever Landtagsabgeordneten. Der liest die Martinsgeschichte vor, wirkt äußerst routiniert im Umgang mit den Kindern.
Als Eisbrecher erzählt er eine Anekdote. Als Kind habe er abends immer eine Taschenlampe mit unter die Bettdecke genommen und heimlich gelesen. Bis seine Eltern ihn erwischten. „Wenn man liest, dann nimmt einer einen mit in eine ganz tolle Welt“, warb er fürs Lesen. Mit angenehmer Sprechstimme und gekonnter Betonung beginnt er seine Lesung. Die Kindergesichter verraten Interesse und lassen erahnen, wie Bilder im Kopf entstehen.
Phantasie ohne visuelle Begleitung anregen
Jedes Jahr kommt Dr. Bergmann zum Vorlesen nach Emmerich: „Wenn man zuhause die Vorliebe für das Lesen nicht mitbekommt, dann vielleicht so. In vielen Migrantenfamilien ist ein Vorlesen auf Deutsch ja auch gar nicht möglich.“ Seinen Taschenlampen-Einsteiger, den hat er schon häufiger eingesetzt. Und dann auch in der Folge mal gehört, dass die Kinder am selben Abend mit der Taschenlampe unter der Decke gelesen haben. Eine zehnprozentige Erfolgsquote wünscht er sich…
Es sei spannend, den Kindern einen Weg aufzuzeigen, wie sie beim Lesen ohne visuelle Begleitung ihre Phantasie anregen. Heutzutage seien ja auch schon Grundschüler mit einem Smartphone ausgestattet. Schon früh lernen sie die schnelllebige Zeit kennen, die durch eine geringe Aufmerksamkeitsspanne am Bildschirm geprägt ist.
Vorlesetag am Freitag
Schulleiterin Nadja Scherer weiß, dass die Vorlesetage für die Kinder eine willkommene Abwechslung seien: „Da kommt ein Fremder ins Haus. Und dann noch ein Mann“, sagt sie in Bezug auf das stark weiblich geprägte Kollegium.
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Das Lesen stehe diese Woche gleich zweimal im Fokus. Der eigentliche bundesweite Vorlesetag ist am Freitag, 15. November. Dr. Bergmann konnte termlich besser am Montag kommen. So bot es sich an, die Martinsgeschichte nochmal aufzugreifen, zumal erst am Sonntag der Umzug der Leegmeerschule stattfand. Das Thema war noch präsent.
Von Türkisch bis Russisch
Der Vorlesetag wird am Freitag eine sehr internationale Angelegenheit. Denn es wird in sieben Sprachen vorgelesen. Neben etlichen Vorlesungen auf Deutsch konnten auch Vorlesepaten gewonnen werden, die auf Englisch, Russisch, Polnisch (zwei), Niederländisch und Spanisch vorlesen. „Die Zahl der Schüler mit Migrationsanteil steigt, bei denen zuhause nicht vorgelesen wird. Sie verstehen es oft auf Deutsch auch nicht. Auch ihre Heimatsprache hören manche zuhause gar nicht oft. Aber auch für diese Schüler soll es ein schöner Tag sein“, schildert Scherer. Mit Eltern und Helfern habe man ein gutes Netzwerk aufbauen können, um geeignete Vorleser zu finden.
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Am Freitag bringen die Vorleser der ausländischen Sprachen ihre Literatur selbst mit. Auch jene, die auf Deutsch vorlesen können dies tun, ansonsten gibt es geeignete Bücher in der Grundschule. „Der Bürgermeister möchte das Buch, aus dem er vorlesen soll, immer gerne vorher haben“, verrät Scherer. Der erste Bürger der Stadt will für die Kleinen vorbereitet sein.
Viele Sprachen an der Leegmeerschule vertreten
Damit sind aber noch längst nicht alle Sprachen abgedeckt, die die 306 Schüler der Leegmeerschule sprechen. Es sind rund 20 Sprachen. Für manch eine exotische Sprache aus Afrika werde sich auch kein Vorleser finden lassen, aber Arabisch fehle noch unter den stärker verbreiteten Sprachen, erklärt Scherer.
Natürlich nutzte die Schulleiterin auch die Gelegenheit, beim Landespolitiker Bergmann ihre Sorgen aus dem Schulalltag loszuwerden. Zum Teil sind ihm diese auch schon bewusst: „Es ist schwer, Lehrernachwuchs für die Grundschule zu bekommen. Wir haben schon die Besoldung erhöht“, berichtet der CDU-Politiker. „Das halbe Kollegium besteht aus Quereinsteigern“, unterstreicht Scherer den Trend.