Rees. Mit verschiedenen Neubauprojekten soll in Rees der Wohnungsmangel bekämpft werden. Wieso ein Experte den Plan kritisiert – seine Alternative
In Rees stehen in den nächsten Jahren einige Neubauprojekte wie das Niag- und Postgelände, die Wohngebiete Gut Friedburg oder am Grüttweg an. Diese Neubauten auf grüner Wiese sind laut dem Wohnwendeökonom Daniel Fuhrhop gar nicht nötig, um dem Wohnraummangel etwas entgegenzusetzen.
Haus Aspel, Krankenhaus oder alte Post besser nutzen
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Denn den Neubauprojekte in der Rheinstadt stehen Leerstände wie das Haus Aspel, das Krankenhaus oder das alte Postgebäude gegenüber. In einem Vortrag im kleinen Saal des Bürgerhauses, auf Einladung von Fridays for Future, Ortsgruppe Rees, referierte Daniel Fuhrhop vor rund 40 Gästen darüber, wie man Wohnraum klima- und flächenschonend schaffen kann.
Der Wirtschaftswissenschaftler ging zu Beginn seiner Ausführungen auf drei aktuellen Krisen ein:
- Es herrscht akuter Wohnraummangel, der ist von Politik erkannt, es sollen bis zu 400.000 neue Wohnungen im Jahr geschaffen. Doch Mangel an Bauland, Baustoffen sowie Fachkräften und die damit verbundenen Kostensteigerungen sorgen dafür, dass nur deutlich weniger Wohnraum fertiggestellt wird, nur rund 300.000 Wohnungen.
- Die zweite Krise ist der demographische Wandel, der dafür sorgt, dass immer mehr ältere Leute in einem großen Haus oder einer zu großen Wohnung zu zweit oder sogar allein leben.
- Die dritte ist die Klimakrise, insbesondere beim Wohnraum. Die Regierung hat sich zwar zum Ziel gesetzt, fünf Millionen Tonnen CO2 im jährlichen Betrieb von Wohnungen und Häusern, vor allen durch das Heizen, einzusparen. Aber um das Neubauziel von 300.000 Wohnungen zu erreichen, müssen 74 Millionen Tonnen CO2 aufgewendet werden.
Bestehende Häuser aufstocken
Ziel muss es daher laut Fuhrhop sein, im Altbestand Wohnraum zu schaffen. Auf der einen Seite könnte man durch das Aufstocken auf bestehende Wohn- und Geschäftsbauten, den Um- oder Ausbau, der Umnutzung oder der gezielten Bekämpfung von Leerstand bis zu 160.000 neue Wohnungen im Bundesgebiet schaffen.
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„Soziale Programme der Politik können zusätzlich aus nicht oder nicht effizient genutztem Wohnraum 100.000 Wohnungen im Jahr mobilisieren“, so Daniel Fuhrhop, „das ist ein Drittel des bisherigen Neubaus.“ Dieser unsichtbare Wohnraum ist beispielweise dann vorhanden, wenn eine ältere Frau ganz allein in einem großen Haus wohnt. Der Dozent stellte Möglichkeiten vor, diese Flächen dem Wohnungsmarkt zuzuführen.
Soziale Wohnraumvermittlung und Förderprogramme
Das könnten Umzüge in Alternativneubauten sein oder ein Umbau in mehrere Wohneinheiten. Hier könnten soziale Wohnraumvermittlung und Förderprogramme die betroffenen Immobilienbesitzer unterstützen. Eine weitere Möglichkeit könnte „Wohnen für Hilfe“ sein. Ein älterer Mensch oder ein älteres Ehepaar nehmen junge Leute auf, lassen diese kostengünstig wohnen und erhalten Unterstützung im Haushalt und in der Immobilie.
Nach dem rund 40-minütigen Vortrag nahm sich der Wohnwendeökonom noch Zeit Fragen zu beantworten und mit den Teilnehmer zu diskutieren. Norbert Müsch von Fridays for Future Rees bedankte sich bei Attac Niederrhein, den Reeser Grünen und Fridays for Future Wesel für die finanziellen Unterstützung zu der Veranstaltung. Im Vorfeld wurden noch die Projekte Architects for Future und die Landauer Leerstandsinitiative kurz vorgestellt.