Duisburg. Ein denkmalgeschützter Hof in Duisburg wird aufwendig saniert. Wie moderne Häuser und Wohnungen entstehen, aber das Original erhalten bleibt.

Zwei Wärmepumpen stehen an einer über 100 Jahre alten Klinkerfassade, ein Raum mit Fußbodenheizung trifft auf einen Flur mit antiken Schmuckfliesen und wo früher einst Stroh gelagert und Vieh geschlachtet wurde, werden bald Mieter vornehm leben: So einige Gegensätze treffen am Scholtfeldhof im Duisburger Westen aufeinander.

Für den Mix aus mehreren Jahrhunderten ist Klaus-Dieter Siebert verantwortlich. Der Bauingenieur hat eine instabile Scheune in ein modernes, schickes Wohnhaus verwandelt und wohnt nun mit seiner Frau Angelika Gerhards darin. Doch an der Baustelle ist längst noch nicht Feierabend: Der 68-Jährige lässt den gesamten Hof umbauen – zu Häusern, Miet- und Ferienwohnungen.

Scholtfeldhof in Duisburg: Manche Gebäude sind über 300 Jahre alt

„Die Gebäude standen leer, hinten war alles verwuchert. Einige Leute haben uns für bekloppt erklärt”, erinnert sich Angelika Gerhards an den Herbst 2021 zurück. Damals haben die Eheleute den Scholtfeldhof von einem Bekannten übernommen, der Teile des Hofs für seine Kaminbaufirma genutzt hatte.

Klaus-Dieter Siebert und Angelika Gerhards sind 2023 in ihre umgebaute Scheune eingezogen. Vom Mauerwerk und Dachstuhl konnten sie viel retten.
Klaus-Dieter Siebert und Angelika Gerhards sind 2023 in ihre umgebaute Scheune eingezogen. Vom Mauerwerk und Dachstuhl konnten sie viel retten. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Eine Inschrift am Eckhaus legt nahe, dass der Hof 1718 erbaut wurde. Davon geht auch Heimatforscher Klaus Sefzig aus. Siebert und Gerhards hätten in Kirchakten aber Hinweise darauf gefunden, dass einige Gebäude noch deutlich älter sind als 300 Jahre. Demnach sei zumindest das Backhaus und ein Stallanbau schon 1669 errichtet worden.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts beginnt die Hausakte des denkmalgeschützten Hofs. Seitdem sind die Bautätigkeiten also genau überliefert. In ihnen wird deutlich, dass das Eckhaus mit einem Stallanbau 1899 nach einem Brand neu errichtet wurde. Die Scheune, in der die Eheleute heute wohnen, trägt das Baujahr 1881.

Boden unter der Scheune war abgesunken – „alles war krumm und schief“

Die beiden zahlten 70.000 Euro für das Eckhaus und 35.000 Euro für ihre halbe Scheune. Außerdem animierte Klaus-Dieter Siebert drei Freunde dazu, ebenfalls Teile des Hofs zu kaufen und die Gebäude unter seiner Leitung sanieren zu lassen. Alle vier befreundeten Eigentümer wollen in den sanierten Denkmälern wohnen.

Im Frühjahr 2022 starteten die Bauarbeiten am Gehöft in Asterlagen. Zuerst war die Scheune von Siebert und Gerhards dran, genauer gesagt: das Fundament, das über die Jahre einseitig abgesunken war. Dadurch sind Balken des Dachstuhls durchgebrochen und tiefe Risse im Mauerwerk entstanden. „Alles war krumm und schief, das alte Mauerwerk konnten wir so nicht benutzen”, erklärt der Fachmann.

Siebert ließ die Scheune von innen 60 Zentimeter ausheben. Im alten Mauerwerk wurden Betontaschen auf einer Länge von einem Meter erstellt. Diese Taschen sind mit der neuen Bodenplatte betoniert und somit die Außenwände der Scheune unterfangen.

Bauingenieur konnte Mauerwerk und Dachstuhl retten

Ähnlich lief es mit der neuen Betondecke im ersten Obergeschoss. Mit antiken Betonankern wurde das Mauerwerk mit der neuen Betonplatte verbunden. „Somit halten die Anker das Mauerwerk ab dem ersten Obergeschoss wieder zusammen”, erklärt er. So habe er das alte Gemäuer komplett erhalten können. 

Auch den alten Dachstuhl konnten die beiden retten – obwohl das 142 Jahre alte Original sehr mitgenommen gewesen sei. „Manche Stellen waren so morsch, dass sie nichts mehr halten konnten”, meint der 68-Jährige. Also ließ er die Mittel- und Fußpfetten sowie das Sprengwerk des alten Dachstuhls aufarbeiten und einen komplett neuen Dachstuhl über den alten setzen.  

Das Backhaus an der Winkelhauser Straße, dahinter das große Wohnhaus an der Kreuzung: An der Baustelle ist längst noch nicht Schluss.
Das Backhaus an der Winkelhauser Straße, dahinter das große Wohnhaus an der Kreuzung: An der Baustelle ist längst noch nicht Schluss. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Das Ergebnis: Wenn man im Wohnzimmer der Eheleute steht und zehn Meter senkrecht nach oben blickt, sieht man die uralten Balken, und trotzdem ist das Dach stabiler denn je. Siebert ist sich sicher: „Unser Haus überlebt mindestens noch mal 300 Jahre, wenn nicht sogar mehr.”

Bevor es ins Detail ging, mussten die Handwerker noch einmal zum Abbruchhammer greifen. Sie brachen Fenster und Türen ins Gemäuer, „denn außer dem Scheunentor und einer Seitentür gab es hier gar keine Öffnungen”, erklärt Siebert. Außerdem wurde das 60 Zentimeter dicke Mauerwerk mit einer Gutex-Platte von innen gedämmt, damit es innen warm bleibt, wenn das Paar den Kamin anfeuert.

Backhaus aus dem Jahr 1669: Alter Ofen ist noch erhalten

Gut ein Jahr haben sie für den Umbau ihres Scheunenteils gebraucht. Im Juli 2023 sind sie eingezogen, kurz darauf auch ihre Freunde im benachbarten Teil. Gleichzeitig begannen die Arbeiten an der wohl größten Baustelle auf dem Hof: Am Backhaus, das parallel zur Winkelhauser Straße steht.

Im Backhaus, das wohl schon 1669 erbaut wurde, ist noch ein alter Ofen erhalten.
Im Backhaus, das wohl schon 1669 erbaut wurde, ist noch ein alter Ofen erhalten. © FUNKE Foto Services | Alexandra Roth

Auch dort mussten die Wände mit Beton unterfangen werden, weil die vier Jahrhunderte ordentlich am Mauerwerk gezerrt hatten. Jetzt sind die Rohbau- und Betonarbeiten fertig. Auf den Dachstuhl kommt noch eine Dämmplatte, dann steht der Innenausbau an.

„In einem halben Jahr soll es so weit fertig sein, dass ein Freund einziehen kann”, sagt Siebert. Der wolle tatsächlich Brot und Pizza im uralten Backofen zubereiten, der noch aus den Anfangsjahren des Backhauses stammt.

Aufwendiger Umbau: Eckhaus stand 25 Jahre lang leer

Aktuell wird auch am Eckhaus gearbeitet, das von außen zwar gut in Schuss aussieht, aber zuletzt 25 Jahre lang leer stand und vor allem innen renovierungsbedürftig ist. Zurzeit legen Installateure die Wasserleitungen und Heizungsstränge. „Die Roharbeiten sollen im Oktober fertig werden, danach kommt die Feinarbeit”, erklärt Klaus-Dieter Siebert. 

Zur Feinarbeit zählt zum Beispiel, die Fassade, Fenster, Türen und Rahmen so herzurichten, dass sie in Takt sind, aber möglichst so aussehen zu lassen wie das Jahrhunderte alte Original. Darauf legen die Eheleute ebenso Wert wie die Denkmalschutzbehörde

Mit den Denkmalschützern ist der Bauplaner ständig im Austausch. Anfangs hat er einen Katalog mit allen Maßnahmen für alle Räume bei der Behörde abgegeben. Vier Jahre habe es gedauert, bis alle Baugenehmigungen vorlagen. „Wer nicht vom Fach ist, hätte das Projekt längst hingeschmissen”, meint Siebert. 

Teures Projekt: Umbau des Hofs kostet knapp drei Millionen Euro

Manche Handgriffe übernehmen die beiden selbst. Angelika Gerhards hat zum Beispiel die Tür des Eckhauses an der Essenberger Straße selbst abgeschliffen und mit Pflegeöl eingestrichen, „damit das Holzmuster wieder deutlich wird”.  

Bei anderen Arbeiten holen sie sich Hilfe. Die Fenster des Eckhauses haben sie nach Polen geschickt. „Dort haben wir einen Bekannten, der sie original nachbaut.” Die Fugen und Rollos wurden nachbearbeitet. Außerdem ließen die Eheleute extra eine Farbrezeptur für die Fugen anmischen, um die Klinkerfassade des Eckhauses im Original zu sanieren. Der dunkelrote Klinker der Fassade wurde mit einem speziellen Verfahren gereinigt.

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Für die beiden Altbau-Fans ist der Scholtfeldhof nicht nur ein spannendes, sondern auch ein teures Bauprojekt. Allein der Umbau ihres Scheunenteils wurde durch die Preissteigerungen der vergangenen Jahre 70.000 Euro teurer als gedacht. „Wenn der ganze Hof in zwei bis drei Jahren fertig ist, werden knapp drei Millionen Euro in den Umbau geflossen sein”, sagt Siebert voraus.

Im Eckhaus entstehen Mietwohnungen mit bis zu 150 Quadratmetern

Fast alle Gebäude auf dem Hof sind schon vergriffen und für die befreundeten Eigentümer vorgesehen. Anders sieht‘s beim Eckhaus aus. Das wird komplett aus Mietwohnungen bestehen, wenn es fertig ist.

Im Erdgeschoss entstehen zurzeit zwei Einzimmerwohnungen mit Bad und kleiner Küchenzeile auf jeweils 35 Quadratmetern. Sie sollen als Kurzzeitunterkunft vermietet werden, „zum Beispiel für Monteure, die gerade in der Gegend sind”, sagt Siebert.  

Die Treppe im Eckhaus im aktuellen Zustand (links) und als Visusalisierung (rechts), wie sie aussehen soll, wenn sie fertig ist.
Die Treppe im Eckhaus im aktuellen Zustand (links) und als Visusalisierung (rechts), wie sie aussehen soll, wenn sie fertig ist. © Siebert | Alexandra Roth/FFS

In den beiden Stockwerken darüber werden Wohnungen geschaffen, die Siebert und Gerhards fest vermieten wollen. Im ersten Obergeschoss entstehen zwei Einheiten mit jeweils 60 Quadratmetern. Auf 150 Quadratmetern sollen Mieter in der Dachgeschosswohnung leben können. Auch im Anbau wolle einer der weiteren Eigentümer vier Wohneinheiten mit je rund 100 Quadratmetern schaffen und sie anschließend vermieten.

Klaus-Dieter Siebert kann es nur empfehlen, in einem sanierten Altbau zu wohnen. Er selbst liebt es: „Alte Häuser atmen ganz anders, weil sie mit Kalk gebaut wurden, nicht mit Zement oder Gips. Darin lebt es sich viel schöner als in künstlichen Neubauten.”

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>> Wohnungen am Scholtfeldhof: So hoch ist der Mietpreis

  • Der monatliche Mietpreis für die Wohnungen auf dem Hof wird bei 9,45 Euro pro Quadratmeter zuzüglich Nebenkosten liegen, meint der Bauplaner.
  • Die Wohnungen im Erdgeschoss kosten also rund 330 Euro, die im ersten Obergeschoss 567 Euro. Die Einheit im Dachgeschoss wird für rund 1417 Euro zu haben sein. Die Wohnungen im Anbau dürften rund 945 Euro kosten.
  • Auf einem Gelände westlich des Hofs lassen die Eigentümer noch einen Parkplatz mit Carports bauen – Photovoltaikanlagen auf den Dächern und Ladestationen für Elektroautos inklusive.
  • Der Hof soll den kompletten Strom durch die Photovoltaik-Anlagen vom Nachbargrundstück erhalten. Außerdem werden drei Wärmepumpen gebaut, die alle Häuser über ein Nahwärmenetz mit Heizenergie versorgen sollen.