Düsseldorf. Im Fachgeschäft „Perücken Wellkamm“ hilft Jörg Wegner-Köhler vor allem Krebspatienten, sich wieder wohlzufühlen. Er hat sogar ein Notfall-Handy.
Wer zu „Perücken Wellkamm“ möchte, muss ein bisschen suchen. Das Zweithaarstudio liegt recht versteckt in der dritten Etage des Stapelmann Business Centers an der Grafenberger Allee. „Wir brauchen kein Schaufenster“, sagt Jörg Wegner-Köhler. Seine Kundschaft schätzt die diskrete, nicht einsehbare Lage. Denn für die meisten ist der Besuch im Perückengeschäft ein schwerer Gang. Es sind vor allem Frauen, die wegen einer Chemotherapie oder einer anderen Erkrankung ihre Haare verloren haben.
Krankheits-Schicksale im Düsseldorfer Perückengeschäft
1998 hat Friseurmeister Harald Köhler das Perückengeschäft eröffnet. „Damals waren wir noch auf der Kaiserstraße“, erinnert sich sein geschäftlicher und privater Lebenspartner Jörg Wegner-Köhler, der gelernter Friseur ist und seit 26 Jahren mit Perücken arbeitet. Als Friseur war er schon nah dran an den Menschen, aber nun sind es vor allem Krankheits-Schicksale, die ihm tagtäglich begegnen. „Anfangs war das schwierig für mich, damit umzugehen.“ Aber dann hat er gespürt, wie viel Kraft ihm das Gefühl gibt, Menschen helfen zu können. „Wenn es gut läuft, kommen die Kundinnen hier weinend rein und gehen lächelnd wieder raus.“
Auf dem Tisch vor dem Spiegel im Beratungszimmer steht eine Box mit Taschentüchern. „Das gehört dazu, dass man hier auch mal in Ruhe weinen darf“, beschreibt der 62-Jährige die familiäre Atmosphäre. Im Wartebereich gibt es ein Sofa und einen Fernseher, im Hintergrund läuft Entspannungsmusik. Jeder darf erst mal ganz in Ruhe ankommen. Und wenn sich die Emotionen dann beruhigt haben, beginnt Jörg Wegner-Köhler mit seiner Arbeit.
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„Wir führen hier keine Verkaufsgespräche“, stellt er klar. „Ich schwatze niemandem etwas auf.“ Es gehe darum, dass Kundinnen und Kunden einen Haarersatz finden, mit dem sie sich richtig wohlfühlen. Auswahl ist reichlich da. Jörg Wegner-Köhler öffnet die Schränke im Nebenzimmer. Gut 200 Perücken lagern hier. In allen möglichen Farben und Schnitten. Es gibt Kunsthaarprodukte, die bei etwa 200 Euro beginnen und Echthaarperücken, die preislich im vierstelligen Bereich liegen. Und neben dem, was vorrätig ist, kann noch jede Menge bestellt werden. In eiligen Fällen auch per Express.
Selbst hergestellt werden die Perücken in Düsseldorf nicht mehr
Selbst hergestellt werden die Perücken nicht mehr. „Ich habe das in der Ausbildung gelernt, aber der Aufwand ist viel zu hoch.“ Hochwertige, von Hand geknüpfte Waren bezieht das Düsseldorfer Geschäft aus Asien. Die Krankenkassen übernehmen allerdings nicht alle Qualitätsklassen. Wer ein Premiumprodukt möchte, muss zuzahlen. „Es gibt aber auch wirklich gute Kunsthaarperücken“, sagt der Fachmann.
Eine der ersten Fragen, die Jörg Wegner-Köhler stellt, ist die: „Wollen Sie so aussehen wie immer?“ Viele der Krebspatientinnen möchten genau das. Eine Frisur, die nicht erkennen lässt, wie sehr die Krankheit Körper und Seele erschüttert. Aber es gibt auch die, die plötzlich einen Veränderungswunsch entwickeln. Dann bestellt Wegner-Köhler zum gewünschten Modell zur Sicherheit aber immer auch noch eine Perücke, die so aussieht wie die ursprüngliche Frisur. „Denn oft wollen sie die Veränderung am Ende dann doch nicht“, sagt er und lächelt. In dieser Hinsicht hat er mittlerweile einen sehr großen Erfahrungsschatz.
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Im besten Fall sieht er die Kundinnen, bevor die Chemotherapie beginnt. „Dann ist es leichter, die passende Perücke zu finden.“ Und dann komme es auch nicht zu „Notfällen“, wenn die Patientinnen die Haare schneller verlieren als medizinisch vorhergesagt. Schon oft hat Jörg Wegner-Köhler erlebt, dass Ärzte ankündigen, die Haare würden gar nicht ausfallen und dann geschieht es doch. „Ich verstehe das nicht. Warum sagt man den Patienten nicht grundsätzlich, dass das passieren kann? Und wenn es dann doch anders kommt, ist es ja gut.“
„Manchmal sind wir hier fast schon Psychologen“
Wer sehr dringend einen Termin braucht, der wird zur Not auch außerhalb der üblichen Öffnungszeiten bedient. Es gibt ein Notfall-Handy. „Ich bin immer erreichbar, auch wenn ich Urlaub habe“, sagt der 62-Jährige. Es sei auch schon vorgekommen, dass eine Kundin, der es mental sehr schlecht ging, ihn mitten in der Nacht angerufen habe. „Manchmal sind wir hier fast schon Psychologen.“
Zuhörer und Mutmacher sind sie auch. Jörg Wegner-Köhler ist überzeugt von der Kraft des Positiven. „Glaube versetzt Berge.“ Ein bisschen von dieser Lebensweisheit versucht er seiner Kundschaft mit auf den Weg zu geben. „Man braucht auch die richtige Einstellung zur Perücke“, sagt er. Man müsse sich den Fremdkörper auf dem Kopf natürlich erst mal zehn Minuten „schön gucken“. Und danach erhobenen Hauptes aus der Tür schreiten.
Perücken in Düsseldorf: Der Moment, wenn der Kopf zur Glatze wird
Schwierig sei vor allem der Moment, wenn das Resthaar abgeschnitten und der Kopf zur Glatze wird. „Ich rate dann immer, die Augen zu schließen, damit keine kleinen Haare hineingeraten.“ Ein kleiner Trick, denn der Hauptgrund sei, dass es meist leichter falle, erst am Ende in den Spiegel zu schauen, ohne den Prozess des Abschneidens gesehen zu haben. „Viele finden das dann doch gar nicht so schlimm.“ Manchmal werde sogar gelacht bei der Aktion. Und noch etwas versucht Jörg Wegner-Köhler den Frauen immer mit auf den Weg zu geben. Nach der Chemotherapie wachsen die Haare in der Regel wieder: „Die Perücke wird meist nur sechs Monate benötigt.“
Infos zum Perückengeschäft
Das Düsseldorfer Fachgeschäft „Perücken Wellkamm“ hat die Adresse Grafenberger Allee 277-287. Zu finden ist es im Stapelmann Business Center (BMW) über den Eingang C in der dritten Etage.
Geöffnet ist Dienstag bis Freitag von 10 bis 14 Uhr. In dringenden Fällen gibt es auch außerhalb dieser Zeiten Termine. Die Notruf-Telefonnummer lautet: 0176/10 09 06 40. Mailkontakt: hkoehler20@web.de. Mehr Information unter www.wellkamm.de.