Köln/Düsseldorf. Vor zwei Tagen gabs schon eine Detonation. In der Nacht fand sich zudem eine Handgranate unter einem Auto. Modelabel war bereits Ziel von Anschlag.

Nach einer Explosion in einem Bekleidungsgeschäft am frühen Mittwochmorgen in der Kölner Innenstadt gibt es viele Vermutungen, aber bis dato keine belastbaren Erkenntnisse. Das sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Köln am Morgen auf Nachfrage. Erst am Montag explodierte ein Sprengsatz an einem Nachtclub, nur gut einen Kilometer vom Ort des Geschehens in der Kölner Ehrenstraße entfernt. Und dann entdeckte die Feuerwehr in der Nacht zu Mittwoch ebenfalls in Köln bei einem Brand-Einsatz eine scharfe Handgranate unter einem geparkten Auto.

Die jüngste Explosion geschah am Mittwoch gegen 5 Uhr früh im Kölner Shop des Düsseldorfer Modelabels LFDY. Das Geschäft wurde schwer beschädigt, die Schaufenster waren durch die Detonation zersprungen. Die Polizei hat am Mittwochmittag einen Fahndungsaufruf veröffentlicht zum mutmaßlichen Täter: Gesucht wird ein etwa 1,80 Meter großer, schlanker Mann. Er soll die gläserne Eingangstür des Geschäfts eingeschlagen, eine Tüte mit einem Brandsatz im Geschäft platziert haben und dann geflüchtet sein. So gehe es aus Videobildern hervor, die der Polizei vorlägen.

Explosion in „LFDY“-Store Köln: Bereits der zweite Anschlag auf das Label

Nach Auskunft des Modelabels, das seinen Hauptsitz in Düsseldorf hat, handelte es sich bereits um den zweiten Anschlag auf eines ihrer Geschäfte. „Am 24. August wurde unser Store in Amsterdam ebenfalls durch einen Sprengsatz am frühen Morgen stark beschädigt“, teilte eine Sprecherin auf Anfrage mit. Das Label LFDY wurde nach eigenen Angaben 2013 in einem Düsseldorfer Hinterhof gegründet. Es gestaltet, produziert und vertreibt Streetwear und rühmt sich, Stars aus der internationalen Rapper-Szene und aus dem Profi-Fußball zu den Kunden zu zählen.

„Wir können uns diese Taten nicht erklären und auch nicht, ob die Ereignisse untereinander oder gar mit dem Anschlag auf einen Kölner Nachtklub vom Anfang der Woche zusammenhängen“, teilt das Unternehmen, dessen Buchstabenkürzel „Live Fast Die Young“ bedeutet, am Mittwoch mit. Die Stores des Labels würden vom Unternehmen selbst geführt. Weitere „Flagship“-Geschäfte gibt es in Düsseldorf-Flingern, Berlin, München, Hamburg und London.

Sprengstoff-Anschläge in Köln: Gibt es eine Verbindung?

Zum Hintergrund der Tat gab es am Mittwoch bei Polizei und Staatsanwaltschaft in Köln noch keine belastbaren Erkenntnisse. Sprengstoff-Experten des Landeskriminalamts NRW aus Düsseldorf waren am Mittwochmorgen vor Ort, um den Tatort zur untersuchen, sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft auf Anfrage. Ein 39-jähriger Passant wurde beim Versuch verletzt, das durch die Explosion entstandene Feuer zu löschen. Er wurde wegen des Verdachts auf Rauchgasvergiftung behandelt, teilte die Polizei mit.

Der Tatort liege in der Ehrenstraße, einer „Parade-Einkaufsstraße“ in der Kölner Innenstadt, beschrieb der Justiz-Sprecher. Das Geschäft sei etwa einen Kilometer entfernt von der Disco „Vanity“ an der Kölner Party-Meile Hohenzollernring, an der es Montagfrüh ebenfalls eine Explosion gegeben hatte. Eine Reinigungskraft habe dabei ein Knalltrauma erlitten, hatte die Polizei mitgeteilt. Weitere Verletzte gab es nicht. Die Disco war beim Zeitpunkt der Detonation geschlossen.

Polizei Köln ermittelt in großem Stil gegen holländische „Mocro-Mafia“

Die Kölner Polizei sucht nach der Detonation an der Disco von Montag mit Fotos nach einem Verdächtigen. Inwieweit er zur sogenannten „Mocro-Mafia“ gehört, der mehrere ähnliche Anschläge aus den vergangenen Monaten, u.a. in Köln, Düsseldorf und Duisburg, zugeschrieben werden, sei jedoch weiterhin unklar, hieß es bei der Polizei.

Die Polizei ermittelt derzeit in einem groß angelegten Verfahren gegen mutmaßliche Personen aus dem „Mocro-Mafia“-Milieu. Zwölf Personen sind derzeit in Untersuchungshaft, sagte der Kölner Justizsprecher. Es gebe über 20 Beschuldigte in 25 Ermittlungsverfahren. Bei denen es unter anderem um Sprengstoffanschläge geht, aber auch um Entführungen in Bochum und Köln im Zusammenhang mit einem Streit von Drogenbanden. Erst Anfang August hatten Spezialkräfte der Polizei einen weiteren Verdächtigen festgenommen.

Sitz des Modelabels LFDY: Polizei Düsseldorf ist „sensibilisiert“

„Zum möglichen Adressaten des Anschlags in dem Modegeschäft können wir noch nichts sagen“, erklärte der Justiz-Sprecher am Mittwoch. Es seien auch andere Hintergründe möglich, etwa ein örtlicher Konflikt, hieß es bei der Justiz; Details nannte der Sprecher nicht.

Unterdessen verfolgt die Düsseldorfer Polizei die Ermittlungen in Köln nach eigenen Angaben „aufmerksam.“ Ein Sprecher sagte, man sei in Bezug auf die Örtlichkeiten des Modelabels in der NRW-Landeshauptstadt „sensibilisiert“.

Brandanschlag auf BMW in Köln: Polizei entdeckt scharfe Handgranate unter Auto

Als wären zwei Explosionen nicht genug, gab es in der Nacht zu Mittwoch in Köln einen weiteren hochexplosiven Fall, wie die Polizei am Mittwochnachmittag mitteilte: Nach dem Brand eines BMW-SUV im Kölner Stadtteil Ostheim hatten Polizisten am frühen Mittwochmorgen unter dem Auto eine scharfe Handgranate entdeckt. Spezialisten des Landeskriminalamts NRW sprengten die Granate noch am Fundort. „Ein sicherer Transport war nicht möglich“, erklärte die Polizei. Die Ermittler gingen von Brandstiftung aus. Die Feuerwehr war gegen 2.45 Uhr alarmiert worden, als Anwohner von einem lauten Knall aufgeschreckt worden waren.

Im Gegensatz zu den Detonationen von Montag und Mittwoch auf die Disco und das LFDY-Geschäft ermittele in Sachen Handgranate ein für organisierte Kriminalität zuständiges Kriminalkommissariat, teilte die Polizei mit. Die beiden Explosionen seien unterdessen in der Abteilung für Kapitaldelikte angesiedelt, erläuterte der Sprecher der Kölner Staatsanwaltschaft. Einen Bezug zur organisierten Kriminalität, wie etwa der Mocro-Mafia, sehe man in diesen beiden Fällen bis dato nicht.

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(dae)