Düsseldorf . Die Zöpfe kommen mit der Post: Im Friseur-Salon „Über kurz und Lang“ können sich Frauen von ihren langen Haaren trennen und sie per Post spenden.
Wenn der Friseur zur Schere greift und die Haare abschneidet, segeln sie meist achtlos zu Boden und werden später zusammengefegt und weggeschmissen. Für die Charity-Aktion „Rapunzel“ wird die abgeschnittene Mähne gesammelt und gespendet, damit Menschen, die krankheitsbedingt keine Haare mehr haben, qualitativ hochwertige Echthaarperücken tragen können.
Sara Wirtz (28) leidet seit 18 Jahren an der Krankheit Alopecia totalis. Sie hat kein einziges Haar am Körper, auch keine Wimpern oder Augenbrauen. „Als es anfing und mir die Haare ausgefallen sind, wollte ich nie eine Perücke tragen“, sagt Sara. Doch als es dann soweit war, hat sie sich doch für eine Perücke entschieden.
700 Euro für eine Kunsthaarperücke
Für eine gute Kunsthaarperücke müsse man 700 Euro bezahlen, bei einer Perücke aus echten Haaren müsse man mit 2000 Euro rechnen. „Die Krankenkassen geben einem pro Jahr 300 Euro für eine Kunsthaar- und 400 Euro für eine Echthaarperücke“, erzählt die Frau. Eines der größten Probleme ist für Sara, dass die Plastikfasern der Kunsthaare nach zwei oder drei Monaten verfilzen und man die Perücke dann nicht mehr so gut tragen kann. Außerdem darf man diese „Haare“ nicht färben, glätten oder stylen, da sie sonst kaputt gehen., Vor gut anderthalb Jahren hat sie eine Echthaarperücke von Bekannten geschenkt bekommen, mit der sie sehr gut zurecht kommt. „Unter der schwitze ich auch nicht so“, erzählt Wirtz.
Ein Stück Weiblichkeit zurückgeben
„Die Plastik-Perücken fallen einem sofort auf“, meint der Friseur und gute Freund von Sara, Niklas Cremerius. Er arbeitet in dem Friseursalon von Stephan „Lupo“ Lupp „Über kurz und Lang“ an der Lanker Straße in Oberkassel. Den Unterschied zu einer Echthaarperücke sieht er sofort: Die echten Haare sehen authentisch aus und fallen nicht auf – man merke gar nicht, dass die Person eine Perücke trägt. Es seien eben nicht „nur Haare“, sondern sie machen viel aus: „Mit guten Echthaarperücken kann man den kranken Frauen ein Stück Weiblichkeit und Wohlbefinden zurückgeben.“
Zöpfe werden versteigert
Deswegen beteiligt sich der Salon an der Charity-Aktion „Rapunzel“ des Bundesverbands für Zweithaarspezialisten (BVZ). Wenn eine Frau in den Salon kommt und sich die Haare abschneiden lässt, werden die Haare zu einem Zopf geflochten, oben abgeschnitten und dann per Post an den BVZ geschickt. Jeder, der seine Haare eingeschickt hat, bekommt vom BVZ ein persönliches Dankeschön-Schreiben zugeschickt. Die gesammelten Zöpfe werden bei einer Auktion an Perückenbauer versteigert, die diese dann zu Perücken weiterverarbeiten. Der Erlös wird dieses Jahr an die Stiftung „Humor hilft Heilen“ von TV-Arzt Eckart von Hirschhausen gespendet.
Kurzhaarfrisur für den guten Zweck
Die Aktion läuft seit Anfang des Jahres und geht noch bis April. „Wir haben in unserem Salon schon fünf oder sechs Frauen die Haare abgeschnitten“, sagt Niklas. Er würde sich wünschen, dass sich viel mehr Frauen dazu durchringen könnten, sich für den guten Zweck eine Kurzhaarfrisur schneiden zu lassen. „Man muss die Haare nicht gleich ganz abschneiden, sondern vielleicht zu einem Long-Bob, der ist gerade im Trend“, weiß der Friseur.
Im Salon gehen Niklas uns seine Kollegen direkt auf die Kunden zu und sprechen sie auf die Aktion an, ganz nach dem Motto: „Wenn Sie Ihre Haare sowieso abschneiden, können Sie sie auch spenden.“
Die Aktion „Rapunzel“ läuft noch bis Mitte April. Die Haare müssen mindestens 30 Zentimeter sein und dürfen weder gefärbt noch dauergewellt sein. Die Haare können an diese Adresse geschickt werden: BVZ Geschäftsstelle, Balinger Str.17, 72348 Rosenfeld. Weitere Infos: www.bvz-rapunzel.de