Düsseldorf. Lothar Hörning und Uwe Willer sind neu in der Führung des Comitee Düsseldorfer Carneval (CC). Was die beiden Karnevalsbosse alles verändern wollen.
Der Düsseldorfer Karneval stellt sich neu auf. Jedenfalls, was die Führung im Dachverband der Narren betrifft, dem Comitee Düsseldorfer Carneval (CC). Mitte April und Mitte Juni 2024 wurden Lothar Hörning (ehemals KG Regenbogen und Prinzengarde Blau-Weiss) sowie Ex-Prinz Uwe Willer an die Spitze des CC gewählt – der eine zum Präsidenten, der andere zum Geschäftsführer. Die NRZ traf sich mit den jecken Bossen im Haus des Karnevals in der Altstadt zum Gespräch.
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Herr Willer, Sie waren in der Session 2023/24 noch Karnevalsprinz in Düsseldorf, jetzt CC-Geschäftsführer – ein nahtloser Übergang, oder?
Willer: Ich bin tatsächlich während der Session auf dem zweiten Bildungsweg, wenn Sie so wollen, an das CC und an die Karnevalspolitik herangerückt, und da entstand dann der Gedanke, dass man ein paar Dinge, die wir experimentell als Prinzenpaar gemacht haben, auch in den Regelbetrieb übernehmen könnte.
Was für Experimente waren das?
Willer: Für uns, also für Venetia Melanie, die ja auch meine Frau ist, beudete war Social Media ausschließlich Facebook, also das digitale Schwarze Brett für uns, die etwas ältere Generation der alten Leute. Dann hatten wir das große Glück, dass uns ein Freund unserer Kinder, der Social Media-Berater ist, uns an die Hand genommen hat und uns das kleine Einmaleins erklärt hat. Was wir dann wirklich neu gemacht haben, ist ein intensives Bespielen der Social Media-Kanäle. Das gab‘s in der Form vorher nicht. Daraus ist dann eine Kampagne geworden, die auch gewachsen ist. Mit der wir es auch geschafft haben, Sponsoren Möglichkeiten der Darstellung zu geben. Und das Ganze mit so viel Augenzwinkern und so viel Humor, dass diese Reels auch eine gute Reichweite bekommen haben.
Die Transformation von der analogen in die digitale Welt ist ja nicht immer so leicht, das kennen ja viele Branchen.
Willer: Ja, das war und ist schon eine Herausforderung, tatsächlich. Aber wir wollten halt aus unserer Vereinsbubble heraus und mehr Menschen erreichen. Ich denke, wir sind da gerade auf einem guten Weg.
Vor mir sitzen der neue Präsident und der neue Geschäftsführer des CC. Dem Vernehmen nach hätte der eine ohne den anderen den Job nicht gemacht. Stimmt das?
Willer: Man muss den Bogen eigentlich noch noch weiter spannen. Wir sind ja als Gruppe mit vier Kandidaten angetreten, also neben Hörning und Willer noch Stefan Kleinehr, der Vize-Präsident war und auch weiterhin ist, und Janine Kemmer, die in drei Wochen bei den CC-Ergänzungswahlen antritt, um zweite Vize-Präsidentin zu werden, die aber vor allen Dingen das Thema Protokoll verantworten soll. Wir als Vier haben diese Entscheidung getroffen, dass wir es beim CC miteinander angehen wollen.
Hörning: Ich wollte ja früher schon einmal CC-Präsident werden, da war die Zeit aber noch nicht reif, da passte das auch noch nicht so richtig mit meinem Job. Die angeschlossenen Vereine hatten sich schon im Oktober letzten Jahres gewünscht, dass ein potenzieller Präsident auch gleich ein Team mitbringt. Ich habe dann gesagt: Wenn ich Präsident werden soll, dann nur mit meinem Team. Irgendwie frotzelt man in der Session ja sowieso immer herum, nach dem Motto `Wie sieht es eigentlich aus, Du kannst doch auch mal was machen`, und so ergab sich dann alles, auch mit Stefan und Janine. Klar, es gibt immer Gegenstimmen, aber unser Konzept kam schon sehr gut an, nicht nur bei den Karnevalisten.
Wie ist die Arbeitsteilung beim CC zwischen dem Präsidenten und dem Geschäftsführer?
Hörning: Wichtig ist: Erstmal geht es nur miteinander, sonst würde das alles nicht funktionieren. Wir organisieren uns so, dass wir beide über alle wichtigen Fragen und Themen den gleichen Kenntnisstand haben. Grundsätzlich liegen die finanziellen Angelegenheiten beim Geschäftsführer und die repräsentativen Aufgaben beim Präsidenten, also Besuche bei Vereinen, Begrüßungen von Sponsoren, Verantwortung für das Prinzenpaar, und so weiter.Wir organisieren uns so, dass wir beide alles wissen. Aber es ist trotzdem so gegliedert, dass die finanziellen Sachen eben beim Geschäftsführer liegen und die repräsentativen Angelegenheiten beim Präsidenten, also Besuche bei Vereinen, Begrüßungen von Sponsoren, Verantwortung für das Prinzenpaar, und so weiter.
Willer: Genau, der Präsident wirkt mehr nach außen, der Geschäftsführer vielleicht mehr nach innen. Ich bin nicht nur dafür verantwortlich, dass die Kohle zusammengehalten wird, sondern auch, dass neue Sponsoren gewonnen werden. Ich besuche im Moment relativ viele Unternehmen und Institutionen unserer Stadt, um sie für den Karneval zu gewinnen, auch um den Karneval finanziell unabhängiger zu machen. Im Augenblick ist es so, dass ein großer Teil des Budgets durch den WDR abgebildet wird, durch die Übertragungsrechte von Sitzungen und den Rosenmontagszug. Der WDR ist ein langjähriger, guter und verlässlicher Partner, und trotzdem steckt darin auch ein gewisses Risiko, wenn man es ökonomisch betrachtet. Von daher versuchen wir, mehr Unabhängigkeit zu erreichen, indem wir unsere Einnahmen auf mehrere starke Schultern verteilen.
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Was soll noch neu werden unter Ihrer Führung?
Hörning: Es sind viele große Kleinigkeiten: Der Hoppeditz zum Beispiel, den wollen wir mehr in den Karneval integrieren als bisher. Der stieg ja bisher nur am 11.11. aus seinem Senftöpfchen, hielt eine Rede und wurde dann am Aschermittwoch wieder verbrannt. Wir aber wollen, dass der Hoppeditz häufiger in der Session auftaucht, vielleicht auch als Maskottchen bei Veranstaltungen. In dem Kostüm muss dann nicht immer unser Tom Bauer stecken, das kann dann auch einmal ein emsiger Schüler oder Student sein.
Willer: Ansonsten müssen wir an neuen Formaten, neuen Locations arbeiten, Dinge weiter entwicklen. Die klassische Sitzung etwa, die gerät so ein bisschen unter Druck. Da ist zwar für jeden was dabei, aber wer an dem Abend nur Bock auf Party hat und nicht auf Büttenreden, der wird sicher erst im zweiten Teil der Veranstaltung auf seine Kosten kommen.
Also soll der Karneval in Düsseldorf mehr partyorientiert werden?
Willer: Der Karneval muss möglichst viele Facetten bieten, aber die Etikette müssen klarer sein. Man muss den Vereinen auch Hilfestellungen geben, vielleicht etablieren sich dabei künftig gemeinsame Sitzungen, damit die Vereine auch auf ihre Kosten kommen. Ob du einen Künstler vor zehn oder vor 1000 Leuten auftreten lässt - er kostet immer das gleiche.
Oft wird auch die hiesige Musikszene rund um den Karneval kritisiert. Sie sei zu eintönig, zu Köln-lastig. Was sagen Sie dazu?
Hörning: Das müssen wir ändern, ja. Aber: Die Session 2024/2025 wird die 200. des organisierten Düsseldorfer Karnevals sein, da können wir nicht alles gleichzeitig machen. Aber die Musikszene ist ein Punkt.
Ihrem Vorstandskollegen Stefan Kleinehr, der mit seiner Agentur „Lust und Laune“ Künstler bucht, wird ja immer vorgeworfen, er würde fast nur Acts aus Köln engagierren, weil er dorthin bessere Verbindungen hat.
Willer: Die originäre Düsseldorfer Karnevalsmusikszene ist eben überschaubar. Und alles, was als kölsche Musik daherkommt, ist ja gar nicht aus Köln, sondern aus Bonn, Troisdorf und Umgebung. Das sind wir Düsseldorfer vielleicht auch zu puristisch. De Fetzer, die immer als etablierteste Düsseldorfer Band galten, kamen ja z.B. auch eher aus Neuss. Aber: Der Kölner Markt ist einfach für die Künstler größer und spannender. Und was Stefan Kleinehr betrifft, mal zur Klarstellung: Am Ende buchen unsere Vereine die Künstler. Fakt ist: Unter zehn Prozent der Komplettbuchungen entfallen auf das Konto von Stefan Kleinehrs Agentur „Lust und Laune“.
Hörning: Aber das ändert nichts daran, dass sich in unserer Musikszene was tun muss. Ich stelle mir das eine Art Scoutsystem vor. Ein Beispiel: Ein Freund von mir hat mir noch vor Corona geraten, ich solle mir doch mal die Rhythmussportgruppe angucken. Die haben damals vor den Düsseldorfer Arcaden in Bilk gespielt. Alles junge Leute, aber da gab es erstmal Ablehnung, beim Karneval aufzutreten. Dann haben Stefan und ich uns ein paar Mal getroffen, die Jungs kamen mit zur Sitzung und so fügte es sich. Bald sind wir auch beim Rock am Bach in Wersten unterwegs und schauen da nach potenziellen Bands.
Willer: Es geht ja auch nicht nur um neue Musik und Bands, sondern grundsätzlich um neuen Input für den Düsseldorfer Karneval. Da müssen wir auf die Leute zugehen und nicht abwarten. Wir haben ja jetzt den „Club 111“ gegründet, das ist eine Art Interessensgemeinschaft von primär mittelständischen Unternehmen oder auch Einzelpersonen, die Sympathien für den Karneval haben. OB Stephan Keller ist auch schon dabei. Man wird dort Mitglied, verpflichtet sich für drei Jahre, zahlt dann einen Jahresbeitrag von 1111 Euro und dafür organisieren wir lustige und originelle Dinge. Wir hatten zuletzt Kult-Fußballtrainer Peter Neururer zu Gast, das war ein sehr guter Abend mit tollen Geschichten aus der Bundesliga. Stefan Kleinehr wird demnächst ein Treffen mit der Band Brings organisieren. Wir leben also das Netzwerk. Und bekommen durch die finanziellen Beiträge des Clubs etwas Geld herein, mit dem wir wieder Neuerungen finanzieren können.
Letzte Frage: Welche Bedeutung hat der Karneval eigentlich für Sie?
Willer: : Ich habe dem Karneval unglaublich viel zu verdanken. So hatte ich beispielsweise das große Vergnügen, als Teil des Prinzenpaars mit 100 000 Leuten auf den Rheinwiesen Helau rufen zu dürfen. Wir waren als Brauchtums-Vertreter im Januar auf der Demo gegen Rechtsextremismus und gegen die AfD. Dass da eben auch der Karneval seine Stimme erhebt, auf der Bühne mit dabei ist und ausdrücken kann, was die DNA des Karnevals ist, nämlich gegen Ausgrenzung uns fürs Miteinander zu stehen, das war schon etwas Besonderes.
Hörning: Für mich bedeutet Karneval Freiheit, und zwar sowohl im Denken, im Feiern und im Gefühl. In meiner Rolle als Präsident bedeutet es, im Miteinander den Karneval zu gestalten und in die Zukunft zu begleiten.
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