Düsseldorf. Die Mutter Alkoholikern, der Vater überdosiert. 11 Jahre lang ist sie selbst abhängig. Wie es eine 25-jährige Düsseldorferin aus der Sucht schaffte.
Lisa* lächelt, während sie sich über ihre kurz rasierten Haare streicht. Ein wenig aufgeregt wirkt die 25-Jährige. Bevor sie anfängt, zu erzählen, muss sie einmal tief durchatmen. Kein einfaches Gespräch für die junge Frau, die alles andere als einen schönen Start ins Leben hatte. Ihre Eltern: suchtkrank. Sie selbst konsumierte Drogen, seitdem sie 13 Jahre alt war. Mithilfe der Düsseldorfer Tagesklinik für Suchtkranke der Diakonie hat sie es aus der Teufelsspirale heraus geschafft. Seit einem Jahr ist sie clean – „geheilt“ werde sie jedoch niemals sein.
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Schon früh kommt Lisa in Kontakt mit der Sucht: Ihre Mutter Alkoholikern, ihr Vater polytox, also abhängig von gleich mehreren Substanzen und Alkohol. Als sie drei Jahre ist, erkrankt ihre Mutter schwer an Krebs. „Es war kein einfacher Start ins Leben“, erzählt sie mit zittriger Stimme.
Düsseldorferin erzählt: „In meiner Jugend war ich häufig sexueller Gewalt ausgesetzt“
Mit 13 Jahren schon konsumiert sie selber regelmäßig Cannabis und Alkohol. Der Anfang eines immer größer werdenden Drogenproblems. „In meiner Jugend war ich häufig sexueller Gewalt ausgesetzt“, sagt sie und blickt auf den Boden. In dem Alter von 19 Jahren fängt sie dann an, alles Mögliche zu konsumieren. „Ich habe alles genommen, außer Crystal Meth und Heroin.“ Ihr Abitur schafft sie, das geplante Studium fängt sie jedoch nie an.
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Auch die Kreise, in denen sie verkehrt, sind zu dem Zeitpunkt „nicht mehr so schön“. Dann der nächste Schicksalsschlag: Ihr Vater bringt sich mit einer Überdosis um. Die heute 25-Jährige fällt in ein tiefes Loch. Psychisch geht es ihr immer schlechter. „Ich wollte dann mehr Struktur in mein Leben bringen und habe eine Ausbildung angefangen“. Geholfen hat ihr das aber nicht. „Mir ging es mental so schlecht, dass ich sechs Wochen in stationäre Behandlung gekommen bin“, erzählt Lisa.
Ex-Drogenabhängige aus Düsseldorf bekam Fehldiagnose Borderline
Dort habe man ihr Borderline diagnostiziert – eine, wie sich später herausstellt – Fehldiagnose. Von ihrer Suchterkrankung erzählt sie während des Aufenthalts nichts. „Da war mir auch selber noch nicht klar, dass ich abhängig bin“, so die Düsseldorferin. Es folgt eine „Dialektisch-Behaviorale Therapie“ (DTB). Eine Therapieform zur Behandlung von Borderline-Persönlichkeitsstörungen bei Patienten, die zur Selbstgefährdung oder Fremdgefährdung neigen. Erst hier erkennt Lisa ihre Suchtprobleme.
Tagesklinik für Suchtkranke der Diakonie in Düsseldorf
Die Tagesklinik im Suchtberatungs- und Therapiezentrum der Diakonie in Düsseldorf bietet eine ganztätig-ambulante Rehabilitation bei Abhängigkeit von Alkohol, Medikamenten und Drogen. Je nach konsumierten Suchtmitteln variiert die Dauer der Behandlung zwischen 12 und 20 Behandlungswochen.
Die Vermittlung ist grundsätzlich in jeder Suchtberatungsstelle möglich, bei Bedarf kann die Vermittlung aber auch in der Fachambulanz im gleichen Haus durchgeführt werden. Nach der tagesklinischen Behandlung ist eine Vermittlung insbesondere in die ambulante Weiterbehandlung oder in Nachsorge-Angebote möglich.
Eine enge Zusammenarbeit besteht dabei mit der Düsseldorfer Drogenhilfe (Beratungsstelle PERPSEKTIVE) und dem SKFM Düsseldorf (Beratungsstelle komm-pass) im Rahmen des Düsseldorfer Therapieverbundes.
Die Tagesklinik befindet sich in der Langerstraße 2 in 40233 Düsseldorf. Weitere Infos finden Sie hier: diakonie-duesseldorf.de
„Dort wurde mir eine Suchtberatung und eine Selbsthilfegruppe empfohlen und ich wurde zur Düsseldorfer Tagesklinik vermittelt“. Zu dem Zeitpunkt ist ihr längst klar, dass sie etwas ändern muss. Sie ist motiviert. Anders als bei einer stationären Behandlung sei ihr wichtig gewesen, dass sie abends wieder nach Hause kann. Auch an den Abenden und an Wochenenden hält sie dem Suchtdruck stand. „Und wenn der Druck kam, konnte ich mich immer bei ‚cleanen Kontakten‘ melden, die ich über die Selbsthilfegruppe aufgebaut habe“.
Tagesklinik für Suchtkranke in Düsseldorf: Ergotherapie, Yoga, Gruppen- und Einzeltherapie
Während ihres Aufenthalts absolviert sie unter anderem Gruppentherapien, einmal pro Woche Einzeltherapiestunden, Ergotherapie, Yoga, Schwimmen, Fitness, Kunsttherapie und auch eine Rückfallprophylaxe. „Zum ersten Mal habe ich so etwas wie ein Zugehörigkeitsgefühl gespürt und wurde von allen super unterstützt“, blickt Lisa zurück. „Ich konnte Antworten finden und ein besseres Verständnis für mich und meine Erkrankung aufbauen.“
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Noch immer besucht die junge Frau eine Selbsthilfegruppe. Während ihrer Zeit in der Tagesklinik drängte die Frage, wie es nach der Rehabilitation für sie weitergehen soll. „Es geht darum, eine sinnvolle Beschäftigung zu finden, um der Sucht entgegenzuwirken“, stellt sie klar.
25-jährige Ex-Drogenabhängige beginnt in diesem Jahr eine Ausbildung zur Erzieherin
Und auch das hat die Düsseldorferin geschafft: Im Rahmen der Therapie konnte sie ein zweiwöchiges Praktikum in der OGS absolvieren. „Das hat mir so gut gefallen, dass ich mich für die Erzieherinnenausbildung beworben habe. Dabei bin ich hier nie gestartet, mit dem Ziel, mich beruflich neu zu orientieren.“
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Ihr Leben hat sich in der Zeit um 180 Grad gedreht. Heute ist sie clean. Auf den Tag genau seit einem Jahr. Die Sucht wird sie jedoch ein Leben lang begleiten. „Ich würde mich niemals als ‚geheilt‘ bezeichnen. Von einer Sucht kann man nicht geheilt werden, aber man kann etwas gegen sie tun.“ Und das hat die 25-Jährige getan. Die Zusage zur Erzieherinnenausbildung hat sie erhalten, noch in diesem Jahr fängt die Lehre an. Ein weiterer Schritt in eine neue Zukunft, weg von Drogen und Alkohol.
* Der Name wurde aus Anonymitätsgründen von der Redaktion geändert.