Düsseldorf. Ralf Malfertheiner betreibt die Kultbude „Kentucky-Derby“ auf der Düsseldorfer Kirmes. Hier gibt er einen Einblick in sein Schaustellerleben.

Es kann nur am Jockey liegen! Der Reiter mit dem grünen Trikot muss gepennt haben. Warum sonst galoppieren all die anderen los, während mein Pferd mit der Nummer Elf noch an der Startlinie klebt? „Immer schön in die Mitte zielen. Rot drei Schritte, Blau zwei, Gelb einer“, sagt die Stimme am Mikrofon. Sie gehört zu Schausteller Ralf Malfertheiner, der den Job schon seit fast 40 Jahren macht. Sein Pferderennen „Kentucky-Derby“ gehört zu den Kult-Buden auf der Düsseldorfer Rheinkirmes. Und es wäre doch gelacht, wenn ich meinen Gaul bei diesem Spaß nicht wenigstens annähernd in Richtung Ziel bringe.

So gewinnt man beim Pferderennen auf der Düsseldorfer Rheinkirmes

Vor allem, da ich einen Vorteil habe. Denn kurz bevor der Chef an diesem Donnerstagmittag sein Pferderennen geöffnet hat, da hat er mir den Trick verraten, wie man es weit bringt beim Kentucky-Derby. „Wer hier gewinnen möchte, braucht sehr viel Gefühl.“ Und Ruhe! Bloß nicht von den Herrschaften am Mikro nervös machen lassen.

Das „Kentucky-Derby“ auf der Düsseldorfer Rheinkirmes. Mittags hat Schausteller Ralf Malfertheiner zu kämpfen, um die Besucher an die Rennbahn zu locken. Abends ist hier in der Regel dichtes Gedränge.
Das „Kentucky-Derby“ auf der Düsseldorfer Rheinkirmes. Mittags hat Schausteller Ralf Malfertheiner zu kämpfen, um die Besucher an die Rennbahn zu locken. Abends ist hier in der Regel dichtes Gedränge. © NRZ | jum

Letzteres ist eine Herausforderung, denn Ralf Malfertheiner ist der geborene Spannungstreiber. Auf eine charmante Art. „Die Eins, die Eins, die Eins ist vorne“, dröhnt es in den Ohren, während man versucht, eine möglichst ruhige Kugel zu schieben. Na bitte, endlich ein Ball, der durch das rot umrandete Loch kullert und die Elf drei große Sprünge nach vorn machen lässt. Der Schausteller wippt derweil zu Herbert Grönemeyers „Männer“ im Takt und groovt sich so langsam ein auf seine Schicht. Er säuselt ein „Schubidubiduuu“ und grinst.

+++ Folgen Sie der NRZ Düsseldorf jetzt auch bei Instagram! +++

Die Malfertheiners sind eine Ur-Düsseldorfer Kirmes-Familie. „Meine Oma war eine geborene Weidauer.“ Eine berühmte Schaustellerdynastie. Als Ralf Malfertheiner Kind war, zog sein Vater, der das Schausteller-Gen geerbt hatte, mit dem Fahrgeschäft „Kesseltanz“ durch die Lande. Aber irgendwann war das Ding nicht mehr der große Renner und so setzten sie auf ein anderes Pferd – das Kentucky-Derby. „Das haben wir damals von einem Kollegen aus Hannover gekauft“, erinnert er sich. Da war das Pferdegeschäft zwei oder drei Jahre alt.

Mit 16 ist Ralf Malfertheiner in den Düsseldorfer Schaustellerbetrieb eingestiegen

Direkt nach der Schule stieg Ralf Malfertheiner in den elterlichen Schaustellerbetrieb ein. Mit 16. Etwas anderes zu machen, war für ihn überhaupt keine Option. „Wir sind sehr traditionell erzogen“, sagt der 57-Jährige. „Und für uns Kinder hatte dieser Beruf immer etwas Verführerisches.“ Da durfte man als Knirps auch schon mal auf Privatgelände mit dem Kirmes-Lkw rangieren, bevor man wusste, wie das Wort Führerschein geschrieben wird.

Mehr als 30 Jahre alt ist die Kult-Bude „Kentucky-Derby“ auf der Düsseldorfer Rheinkirmes.
Mehr als 30 Jahre alt ist die Kult-Bude „Kentucky-Derby“ auf der Düsseldorfer Rheinkirmes. © NRZ | jum

Anfangs hat Ralf Malfertheiner das Pferde-Derby zusammen mit seinem Bruder Michael betrieben. Und weil die Sache gut anlief, haben sie ein zweites Geschäft dazu gekauft: das Wüsten-Derby, ein Kamelrennen, das nach demselben Prinzip funktioniert und ebenfalls Kult auf der Düsseldorfer Kirmes ist. „Mein Bruder ist das Kamel, ich bin der Gestütsbesitzer“, sagt er. Ein Scherz. Die beiden sind in gewisser Weise zwar Konkurrenten, aber als Familie halten sie zusammen. Ob man als Besucher zu dem einen oder dem anderen geht, ist Geschmackssache. Und hat vermutlich weniger mit den Tieren als mit den Stimmungsmachern am Mikrofon zu tun.

So läuft‘s beim Kentucky-Derby

Das Pferderennen „Kentucky-Derby“ von Ralf Malfertheiner steht auf der Rheinkirmes 2024 in der Nähe des Euro-Coasters. Wenn man am Seiteneingang vom Kaiser-Wilhelm-Ring aus die Treppe hinabsteigt, läuft man direkt darauf zu.

Mit einer Kugel wird auf farbige Löcher gezielt. Rot bring das Pferd drei Schritte voran, blau zwei und gelb einen Schritt. Ein Spiel kostet vier Euro, drei Spiele gibt es für zehn Euro. Und wer sein Pferd zuerst ins Ziel bringt, hat freie Auswahl.

Beim Kentucky-Derby wechselt sich Ralf Malfertheiner mit seiner Lebensgefährtin Marion und den Kindern Marlon und Lara ab. „Wir versuchen meist, dass eine Schicht nicht länger als zwei bis drei Stunden dauert.“ Denn was so locker aussieht, ist ganz schön anstrengend. Abends, wenn sich die Besucher vor dem Stand knubbeln, ist Hochspannung angesagt. Und jetzt, kurz nach der Kirmesöffnung um 14 Uhr, kämpft der Mann am Mikro gegen die Leere auf den Gängen an, um seine Pferde an die Leute zu bringen.

Wer das Pferderennen gewinnt, hat freie Auswahl. Bei wenig Betrieb und nur sechs Teilnehmern gibt es eine kleine Auswahl. Sonst lohnt das Geschäft für die Schausteller nicht.
Wer das Pferderennen gewinnt, hat freie Auswahl. Bei wenig Betrieb und nur sechs Teilnehmern gibt es eine kleine Auswahl. Sonst lohnt das Geschäft für die Schausteller nicht. © NRZ | jum

Zwölf Mitspieler werden gebraucht. Da es jedes Mal für den Gewinner freie Auswahl gibt, lohnt sich das Geschäft sonst nicht. „Wer riskiert‘s, wer probiert‘s?“, versucht der Chef die Besucher zu animieren. Er hat Schweißperlen auf der Stirn. „Heute ist noch nicht so viel los, weil es so warm ist.“ Die Juli-Sonne knallt auf den Platz. Die ersten üben schon mit ihren Kugeln, während Malfertheiner mit einem fröhlichen „Hallöchen, ran an die Gäule“ versucht, die fehlenden Teilnehmer für diese Runde heranzuholen.

Der 57-Jährige hat noch einen langen Arbeitstag vor sich. Und so sehr er seinen Job auch liebt: „Manchmal ist man mit den Nerven auch durch“, sagt er. Zumal die Aufgabe am Mikrofon ja nur ein Bruchteil dessen ist, was er zu tun hat. Gedanklich ist der Schausteller schon beim nächsten Event. Nach Düsseldorf geht es zur Cranger Kirmes und da muss schon jetzt viel geplant werden. Und nach der Kirmeszeit ist vor dem Weihnachtsrummel. Dann stehen die Malfertheiners mit ihrer Düsseldorfer Glühweinbude vor dem Rathaus: „Direkt am Hintern von Jan Wellem.“

Aber jetzt ist erst mal Pferdesommer und wir sind mittlerweile komplett und stehen in den Startlöchern fürs Kentucky-Derby. „Kugeln festhalten, uuuuund los geht’s!“ Das mit dem Gefühl klappt jetzt irgendwie besser. Nummer Elf kommt in die Hufe, schafft es aber nur als Dritter ins Ziel. Diesmal also kein Plüschtier für mich. Vielleicht versuche ich mein Glück später noch bei den Kamelen. Bleibt ja in der Familie!

Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Düsseldorf