Düsseldorf. Mit Gleichaltrigen spricht es sich leichter. Beim Kinderschutzbund sitzen samstags Jugendliche am Sorgentelefon. So funktioniert das Angebot.
Eine Fünf auf dem Zeugnis kann so viel mehr sein als eine Zahl auf Papier. Sie kann der Grund dafür sein, dass Kinder und Jugendliche verzweifelt sind, sich nicht nach Hause trauen oder einfach nicht wissen, mit wem sie über ihre Zeugnis-Sorgen sprechen können. Eine, die zuhört, wenn sich das schlechte Zeugnis in der Schultasche zum Ferienstart wie ein Betonklotz anfühlt, ist Eva Laschewski. Die 18-Jährige gehört zu den 15 jungen Ehrenamtlern, die für den Düsseldorfer Kinderschutzbund das telefonische Hilfsangebot „Jugendliche beraten Jugendliche“ betreuen.
Jeden Samstag von 14 bis 20 Uhr ist die Telefonnummer 116 111 für Jugendliche reserviert
Jeden Samstag von 14 bis 20 Uhr ist die bundesweit gültige Telefonnummer 116 111 des Kinder- und Jugendtelefons für junge Menschen reserviert. Und zwar an beiden Enden der Leitung. Gesprochen wird dann in geschützter Atmosphäre über die verschiedensten Themen – vom Liebeskummer bis zur Angst vor Gewalt. Bernhard Müller-Hildebrand, der das bundesweite und kostenlose Angebot in Düsseldorf für den Kinderschutzbund koordiniert, weiß aus den Erfahrungen seines Teams, dass sich am Samstag nach den Zeugnissen besonders viele Gespräche um die Themen Schule und Noten drehen.
Schlechte Noten wegzaubern kann natürlich auch Eva Laschewski nicht. „Aber ich kann dabei helfen, Lösungen zu finden.“ An erster Stelle steht immer das Zuhören. Wenn sich die Jugendlichen ihre Sorgen von der Seele geredet haben, dann überlegt Beraterin Eva gemeinsam mit ihnen, was helfen könnte. „Manchmal erfahre ich zum Beispiel, dass jemand ein gutes Verhältnis zu seinem Onkel hat. Dann überlegen wir, ob der Onkel bei der Auseinandersetzung mit den Eltern vielleicht helfen kann.“
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Ganz wichtig ist Koordinator Müller-Hildebrand aber Folgendes: „Wir geben hier keine Ratschläge oder sagen, was zu tun ist.“ Es gehe immer darum, gemeinsam einen Ausweg aus einer belastenden Situation zu erarbeiten. Oft helfe den Anrufenden einfach schon die Möglichkeit, anonym über ihr Problem reden zu können. „Sie können mit uns über ihr Thema reden, ohne dass es Konsequenzen hat.“
Die Ehrenamtler, die am Telefon von „Jugendliche beraten Jugendliche“ sitzen, sind zwischen 16 und 27 Jahren alt. Meist spricht Eva Laschewski also zumindest gefühlt mit Gleichaltrigen. So entstehe schneller eine vertrauensvolle Atmosphäre, als wenn Erwachsene die Beraterinnen und Berater sind. Eva Laschewski hat kaum erst Abi gemacht und weiß noch sehr gut, was für ein Druck sich durch Noten aufbauen kann.
Jugendtelefon Düsseldorf: Manche Gespräche dauern fünf Minuten, manche länger als eine Stunde
Am Samstag, 6. Juli, wird das Telefon im Büro des Düsseldorfer Kinderschutzbundes wieder ab 14 Uhr besetzt sein. Die Nummer ist bundesweit geschaltet, daher können Anrufe aus ganz Deutschland hier ankommen. „Anrufer aus Düsseldorf werden aber bevorzugt zu uns weitergeleitet“, sagt Bernhard Müller-Hildebrand. Die Dauer der Gespräche ist sehr unterschiedlich. „Manchmal spreche ich fünf Minunten, manchmal mehr als eine Stunde“, sagt Beraterin Eva.
Düsseldorfer Jugendtelefon startet neue Ausbildung
Im Januar 2025 beginnt beim Düsseldorfer Kinderschutzbund eine neue Ausbildung für junge Menschen ab 16 Jahren, die sich ehrenamtlich für das Projekt „Jugendliche beraten Jugendliche“ engagieren möchten. Die Ausbildung dauert ein halbes Jahr und kostet 75 Euro. Das Geld bekommen die Teilnehmer zurück, wenn sie zwei Jahre lang für das Jugendtelefon gearbeitet haben.
Die Ausbildung umfasst 70 Stunden, verteilt auf zwei Wochenenden und fünf Samstage. Dazu gehören auch Hospitationen bei erfahrenen Beratern. Wer interessiert ist, kann sich bei Bernhard Müller-Hildebrand melden, der das Kinder- und Jugendtelefon für den Kinderschutzbund Düsseldorf koordiniert. Kontakt per Mail: „Für mich ist es manchmal schwierig, dass ich Anrufer, mit denen ich besonders intensive Gespräche hatte, nicht noch länger begleiten kann“, sagt Eva. Wenn die Telefonate beendet sind, dann gibt es keinen weiteren Kontakt. Denn erneute Anrufe landen mit sehr großer Wahrscheinlichkeit ganz woanders. Dennoch: Bei ihr überwiegt das gute Gefühl, dass sie schon sehr vielen Menschen weiterhelfen konnte. Wenn sie demnächst ihr Studium der Sozialwissenschaften beginnt, will sie das Ehrenamt auf jeden Fall weitermachen. Lesen Sie auch diese Nachrichten aus Düsseldorf