Willich. Der Ceres-Award geht 2021 nach Willich. Tierhaltung, Hof-Schlachtung, Direktvermarktung: Was den Biohof von Christoph Leiders so besonders macht.
Wenn es nach den Eltern gegangen wäre, dann wäre Christoph Leiders heute alles, nur nicht Bauer. „Der Hof hat keine Zukunft, haben sie gesagt.“ Doch davon ließ sich der Landwirt nicht abschrecken. Er wollte den elterlichen Betrieb in Willich-Anrath in 3. Generation übernehmen. 1987 war das. Es war ein kleiner Hof mit Milchviehhaltung. Die Kühe gab Christoph Leiders sofort ab und baute dafür in zehn Jahren eine Schweinemast auf. 1997 gab es 100 Muttertiere und 500 Mastschweine auf dem Hof. Wirtschaftlich wurde es aber immer schwieriger. „Wenn man von konventioneller Schweinehaltung auf Dauer leben will, muss man immer größer werden. Das wollte ich so nicht“, sagt der frischgekürte Landwirt des Jahres. Gerade erst nahm er den Ceres-Award des Fachmagazins Agrarheute in Berlin entgegen.
1997 stellte Christoph Leiders auf ökologischen Landbau um, reduzierte die Schweine, stieg ins Biogeschäft ein. „Die Geschichte von Christoph Leiders, seiner Familie und seinen mittlerweile 60 Mitarbeitern ist die eines Pioniers. Er setzt auf Direktvermarktung und gesunde Kreisläufe für Pflanzen, Tiere und Menschen“, heißt es in der Jury-Begründung und weiter: Auf seinem Stautenhof in Willich könne man in „Backstube, Bistro Metzgerei und Hofladen schmecken und sehen, wie gute Ernährung und nachhaltige Landwirtschaft zusammenhängen.“
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Für Christoph Leiders ist der Preis eine „Bestätigung“ seiner Arbeit. Seiner, und die seiner Frau, „die mindestens genauso viel Verantwortung hier hat,“ betont der Landwirt beim Hofbesuch. Als die Leiders ihren Betrieb auf Bio umstellten, „gab es wenig Biobauern.“ Das Bild der klassischen Kundschaft von damals in Birkenstock und Strickpullover, hat sich aber längst überholt. Heute kommen die Familien bis aus Düsseldorf, Mönchengladbach und Krefeld auf den Hof, um frisches Schweine,- Rinder- oder Hühnerfleisch zu kaufen.
Jedes Jahr werden 1000 Ferkel geboren
Geschlachtet wird auf dem Hof – zwei bis drei Rinder, 18 bis 20 Schweine und 150 Hähnchen pro Woche. Das Schlachten übernehmen die Landwirte auf dem Hof. „Das ist der letzte Respekt vor den Tieren. Die Landwirte haben einen engen Bezug zu den Tieren, die dann viel entspannter sind“, sagt Christoph Leiders. 20 Schweine die Woche, das mag sich viel anhören: „Aber wenn man bedenkt, dass auf Großschlachthöfen 600 Schweine die Stunde geschlachtet werden, relativiert sich die Zahl.“
Zu 99 Prozent verkaufen die Leiders ihr Fleisch im Hofladen, wo es auch Gemüse und Obst von Nachbarhöfen gibt. Zwei Duroc-Eber, 50 Muttersauen und 350 Mastschweine leben auf dem Stautenhof. Jedes Jahr werden um die 1.000 Ferkel auf dem Hof geboren. Sie werden mit etwa acht Monaten geschlachtet. Hinzu kommen 80 Rinder, die auf dem Hof zuhause sind und bis zu 150 Rinder, die aus Platzgründen auf Wiesen in der Eifel stehen. Sie werden mit zweieinhalb Jahren geschlachtet.
Schon von Landstraße aus zu sehen sind die Hühnermobile. Das erste schafften sich die Leiders 2010 an. Inzwischen sind auf den Hofwiesen drei Hühnermobile für je 800 Legehennen aufgestellt, in jedem Mobil leben zehn Hähne mit den Damen. Auf den rund 60 Hektar großen Feldern werden zudem Kartoffeln, Getreide, Mais und Kleegras angebaut. Die meisten Pflanzen werden zu Futter für die Tiere verarbeitet. Auch Puten leben auf dem Hof. Aufgezogen werden die Küken nach dem Schlüpfen zunächst auf einem Hof in Hamminkeln, bevor sie mit fünf Monaten auf den Stautenhof kommen.
Kindergarten und Ladesäulen für E-Autos auf dem Hof
Christoph Leiders ist froh, dass er den Umbau des Hofes, der 1856 gegründet wurde, gewagt hat. Wenn er heute hört, dass Discounter versprechen, bis 2030 kein konventionelles Fleisch mehr verkaufen zu wollen, fragt er sich, was das für die Landwirte bedeutet. Wie werden die Preismargen sein? Wie viel Biofleisch werden die Supermärkte wirklich abnehmen? Fragen, die ihn persönlich nicht betreffen, aber die Branche verändern kann.
„Ja“, Biofleisch sei ein „teures Genussmittel.“ Aber: „Wer sich dafür entscheidet, isst oft bewusster. Es muss nicht jeden Tag Fleisch sein. Ich habe eine Kundin, die sagte mir, dass sie sogar weniger Geld für Lebensmittel ausgibt, seit sie hier einkauft, weil sie nicht mehr soviel wegschmeißt“, erzählt Christoph Leiders. Er selbst will seinen Hof nicht mehr vergrößern. Er denke eher darüber nach, was er sonst noch machen könnte. Denn ausgezeichnet wurde er nicht nur zum Landwirt des Jahres, sondern auch zum Manager 2021.
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Der Stutenhof bietet nämlich mehr als nur die Direktvermarktung. Es gibt einen Spielplatz für Kinder, seit vier Jahren acht Ladeplätze für E-Autos, für Hobby-Gärtner Parzellen, die für eine Saison angemietet werden können – und seit zwei Jahren eine Kita als Ergebnis eines Leitbildes, „das wir mit den Mitarbeitern entwickelt haben.“
Die Kita umzusetzen, war nicht so einfach, „da müssen viele Auflagen erfüllt sein.“ Die Lösung: Der Hof hat das Grundstück für 20 Jahre an eine GmbH abgetreten, die nun die Kita betreibt – nicht nur, aber auch für Kinder der Hofmitarbeiter. Christoph Leiders könnte sich vorstellen, neben der Kita eine Begegnungsstätte für Senioren einzurichten. Die Idee wird aber noch in der Familie besprochen. Mittlerweile ist mit den beiden Töchtern und Schwiegersöhnen die nächsten Generation auf dem Stautenhof mit dabei. Und das freut Christoph Leiders. Er würde niemals auf die Idee kommen, ihnen davon abzuraten, so wie einst seine Eltern ihm.