Essen. In Zeiten der Corona-Krise florieren in der Region Lieferdienste für Lebensmittel aus biologischem Anbau. Das sind die Gründe für den Aufschwung.

Jeden Samstagvormittag klingelt es bei Insa Ellerbrock. Die Essener Studentin läuft durchs Treppenhaus, tauscht eine große, leere Kiste gegen eine mit frischem Biogemüse ein - schon ist der Fahrer wieder verschwunden. In der Wohnung dann die Inspektion. Möhren, Grünkohl und Wirsing wurden ihr schon geliefert, aber auch mit Postelein, Topinambur und bunten Pastinaken hat sie durch die Biokiste schon kochen gelernt.

Seit drei Monaten probiert sie gemeinsam mit einer Freundin das Konzept der Biokiste aus und bekommt einmal wöchentlich eine Lieferung im Warenwert von 15 Euro. „Es war uns wichtig, regionale Bioprodukte zu bekommen, also nur Dinge, die gerade saisonal verfügbar sind. Ich schaue vorher, welches Gemüse angeboten wird und passe die Bestellung dann noch an.“ Liegt das von ihr ungeliebte Sauerkraut im Warenkorb, tausche sie es einfach durch anderes Gemüse aus. Auch nicht regionale Bioprodukte oder weitere Lebensmittel stehen zur Auswahl.

Biokisten in der Region: Nachfrage deutlich gestiegen

Auf der anderen Seite des Warenkorbs steht Lea Etzold, die mit ihrer Familie einen Biohof unterhält und das Niederrhein Gemüse Abo anbietet. Von Dienstag bis Freitag werden Obst, Gemüse und weitere Bioprodukte aus Kevelaer bis Xanten, Moers oder Duisburg ausgeliefert. Und in den vergangenen Monaten ist die Nachfrage deutlich gestiegen. „Die Anzahl der Abos hat sich seit Corona fast verdoppelt“, erzählt Etzold. „Im Frühjahr 2020 hat man die Angst der Leute gespürt, überhaupt vor die Tür zu gehen. Da wurden nicht nur Obst und Gemüse, sondern auch Reinigungsmittel oder Essig bei uns bestellt.“

Seit drei Monaten probiert die Essener Studentin Insa Ellerbrock gemeinsam mit einer Freundin das Konzept der Biokiste aus.
Seit drei Monaten probiert die Essener Studentin Insa Ellerbrock gemeinsam mit einer Freundin das Konzept der Biokiste aus. © NRZ | Vera Denkhaus

Neben der Furcht vor einer Infektion hat Lea Etzold noch eine weitere Erklärung für den Aufschwung: „Durch Corona haben die Leute mehr Zeit zuhause und beginnen, sich stärker mit ihrer Ernährung und dem Ursprung ihres Essens zu befassen. Zuerst hatten wir viele hortende Kundinnen und Kunden, dann aber wurden es mehr und mehr gut informierte.“ Nach den Skandalen in der Fleischindustrie und Reportagen über Ausbeutung und Leid in der Massentierhaltung konnte man einen ähnlichen Trend beobachten, so Etzold. Für ihr Unternehmen habe die Corona-Krise auch Positives gebracht: Drei von fünf Neukundinnen und -kunden seien geblieben. „Wir können uns unglaublich glücklich schätzen.“

Familienbetrieb muss Neukunden-Flut bewältigen

Dass das Interesse an Biokisten gestiegen ist, kann auch Simone Deiters bestätigen. Sie ist Geschäftsführerin des Schermbecker Biohof Deiters und berichtet von stark gestiegenen Abo-Zahlen und Anfragen. „Es gibt seit vergangenem Frühjahr ganz viele neue Interessierte für unseren Lieferservice. Ich frage mich nur teilweise: Wollen die Bioqualität, oder nehmen sie Bioqualität für die Lieferung in Kauf?“. 1100 regelmäßig belieferte Kundinnen und Kunden habe der Familienbetrieb aktuell, weitere kommen je nach Lieferkapazitäten hinzu.

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„Für uns ist es wichtig, dass die Leute sehen: Bio ist bezahlbar“, sagt sie. Durch die Nutzung des eigenen Hofs entfallen bei den Deiters Miete und Lagerkosten. „Teilweise sind unsere Tomaten günstiger als die Bioware im Supermarkt“, erzählt sie zufrieden. Die Pandemie habe aber auch bei ihnen einiges auf den Kopf gestellt. „Wir mussten als Familienbetrieb erstmal die Flut der Neukunden bewältigen. Außerdem bekommen wir als persönliche Ansprechpartner viel Frustration der Menschen über die Corona-Vorschriften ab. In unseren Hofladen kommen noch immer Menschen ohne Maske“, so Deiters.

Essenerin will Infektionsrisiko im Supermarkt vermeiden

Neben dem gestiegenen Umsatz gäbe es aber auch weitere positive Aspekte: „Wir konnten einige neue Mitarbeitende einstellen und unser Team wächst enger zusammen.“

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Bei Insa Ellerbrock reifte der Gedanke, eine Biokiste zu abonnieren, schon vor der Corona-Pandemie. „Als Studentin in der Stadt habe ich kein eigenes Auto und kann die Biohöfe im Umland nicht gut erreichen“, sagt sie. Die Preise lägen fast gleichauf mit Produkten aus dem Bioladen und seien für sie gut bezahlbar. Trotzdem sieht sie vor allem Menschen als Zielgruppe, „die auch sonst Wert auf eine ausgewogene Ernährung legen.“ Aktuell, in Hinblick auf Corona, sei die Biokiste besonders praktisch. „Man möchte ja weniger in den Supermarkt gehen, um Risiken zu minimieren. Und auch im Falle einer Quarantäne wäre die Kiste hilfreich.“, sagt die Studentin.

Wo es sonst noch regionales Biogemüse gibt:

  • Niederrhein Gemüse Abo: Kleine Abos schon ab sieben Euro. Flexibel nach Bedarf aufstockbar. Liefert nach Neukirchen-Vluyn, Dinslaken, Alpen, Xanten und Rheinberg. Tel: 02832 - 8244 (http://www.bio-home.de/ )
  • Flotte Karotte: Bio-Lieferservice mit Abos zwischen zehn oder 20 Euro. Weitere Angebote wie „Kuchen der Woche“ bestellbar. Lieferung im Ruhrgebiet. Mülheim bis Witten. Tel: 02327 - 8308 630 (https://www.flottekarotte.de/home.html)
  • Dein Bioshop: Abos von fünf bis 20 Euro. Regional, Bioobst, Schonkost, für Singles oder Brot-Abo. Lieferung von Velbert aus nach Mülheim oder Düsseldorf. Tel: 0800 32 72 46 226 ( https://www.deinbioshop.de )
  • Schniedershof: Gemüsekisten zwischen sechs und 15 Euro sowie Käse, Wurst und Backwaren. Von Wachtendonk aus große Teile des Niederrheins, inklusive Alpen und Rheinberg. Tel: 02836 - 667 (https://schniedershof.de/ )
  • Bauerntüte: Größere Portionen mit fünf Kilogramm Obst oder Gemüse oder auch als Abo mit Käse, Milch und Eiern erhältlich. Besonderheit: Drei Zeitfenster sind wählbar. Großes Liefergebiet, u.A. mit Dinslaken, Moers und Mülheim. Tel: 0221 / 95936376 (www.bauerntuete.de )
  • Bioland Deiters: Großes Biosortiment mit verschiedenen Boxen. Weitere Angebote von Reinigungsmittel über Kosmetik. Lieferung auch nach Duisburg, Voerde, Wesel und Hünxe. Tel: 02853-3556 (www.biohofdeiters.de )
  • Bioland Gärtnerei Voorthysen: Biokiste mit heimischen Gemüse für Emmerich, Ress und Elten. Antrag muss schriftlich ausgefüllt werden. Tel: 02828 586 (www.bioland-gaertnerei-voorthuysen.de/ )
  • Etepetete: Deutschlandweiter Versand von Biogemüse. Konzept gilt der Rettung von nicht perfektem Gemüse, wie krummen Möhren oder für den Supermarkt zu kleinen Gurken. Tel: 0891 20895986 (www.etepetete-bio.de )
  • Landservice.de: Eine Übersicht für regionales Einkaufen in NRW. Durch die Suchfunktion lassen sich schnell Höfe und Läden in der Nähe finden. (https://www.landservice.de/ls/start )