Voerde. Der Tinthof führte Aktion, bei der Hühner zur „lebendigen Anleihe“ werden, erneut durch. Nächstes Mal sollen auch Hähne Teil der „Aktie“ werden.

„Die Menschen glauben, die Krone der Schöpfung zu sein. Das stimmt aber nicht“, findet Christian Hülsermann, der gemeinsam mit seiner Frau den Tinthof in Spellen führt. Der Hof steht für einen bewussteren Umgang mit Tieren und ihren Erzeugnissen, die aus Sicht des Landwirtes häufig nicht genug wertgeschätzt werden. Mit der Aktion „Hühneraktie“ wollen die Hofbetreiber das Tier wieder näher zum Konsumenten bringen. Von April bis August lief die dritte „lebendige Anleihe“, die jetzt ausgelaufen ist.

Im Voraus bezahlten die Hühneraktionäre 210 Euro. Eine Hühneraktie hatte einen Gegenwert von fünf Eiern pro Woche, die die Kunden am Hof abholen konnten. Die Hühner, die auf dem Tinthof in einem Hühnermobil leben, durften von den Hühneraktionären samstags besucht werden.

Hennen können nach Ablauf der Aktion auch verzehrt werden

Nach Ablauf der Aktion wurden die Legehennen geschlachtet und können nun von den Teilnehmern zum Beispiel als Suppenhuhn verzehrt werden. „90 Menschen haben dieses Mal mitgemacht“, erzählt Hülsermann. Das sei „sehr gut“, zumal viele Teilnehmer auch beim nächsten Mal wieder eine Hühneraktie erstehen wollen. Er freut sich, dass so viele Leute diese Zuchtrichtung unterstützen wollen. Das neue Projekt habe sich weiterentwickelt: „Es wird nicht nur Eier geben, das geht nicht.“ Die Menschen müssten sich wieder bewusst machen, dass ein Huhn nicht nur Eier mit weiblichen Küken, sondern auch mit männlichen Küken legt. „Die Hähne kann man in der konventionellen Landwirtschaft eigentlich gar nicht gebrauchen“, erklärt Hülsermann.

Der Aufwand so einen Hahn aufzuziehen und schlachtfertig zu machen sei hoch und teuer, weshalb sie meist bereits unmittelbar nach dem Schlüpfen aussortiert werden. Die Hähne genießen dann aber kein freies Hühner-Leben, sondern werden auf verschiedene Weisen umgebracht. Für Hülsermann ein Unding, welches so nicht weiter vorkommen darf. „Lippenbekenntnisse allein reichen da nicht, es müssen auch wirklich Taten folgen.“ Deshalb kaufen die Hofbetreiber für die nächste Aktion nicht mehr nur die Legehennen, sondern jeweils einen „Bruderhahn“ dazu. Die neue Aktie heißt daher „Schwesterhuhn & Bruderhahn-Aktie“.

Zur Halbzeit gibt es fortan einen Bruderhahn zum Verzehr

Neben den üblichen fünf Eiern pro Woche und dem Suppenhuhn am Ende der Aktion, bekommt der Teilnehmer ungefähr zur Halbzeit einen Bruderhahn zum Verzehr. Auf dem Tinthof sollen sie rund 22 bis 24 Wochen alt werden und um die zwei bis zweieinhalb Kilogramm wiegen. Da der Aufwand und die Kosten für die Aufzucht des Bruderhahns folglich größer sind, wird auch die Aktie teurer: 250 Euro müssen Teilnehmer dann zahlen.

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Es ist aber auch möglich, nur einen halben Anteil zu kaufen und sich das Huhn und die Eier mit einem anderen Hühneraktionär zu teilen, hier läge der Aktienpreis bei 150 Euro pro Person. Schon jetzt können sich Interessenten auf dem Hof über die Aktion informieren, die im Oktober beginnt. Dann ist es auf dem Tinthof nur noch möglich, Eier im Rahmen der Aktion zu kaufen. „Bisher haben wir immer noch ein paar weitere Hühner gekauft und die Eier auf unserem Hof verkauft. Das wird nicht mehr so sein“, erzählt Hülsermann.

>> DIE MILCH IST ETWAS TEURER

  • Aber nicht nur Hühner leben auf dem Tinthof, sondern auch Kühe. Auch bei ihnen achten die Betreiber des Hofes darauf, das Leben der Nutztiere so natürlich wie möglich zu gestalten. Normalerweise werde ein Kalb unmittelbar nach der Geburt von der Mutter getrennt. Auf dem Tinthof trennten sie die Tiere erst nach zehn bis 14 Tagen. Tagsüber könnten das Kalb und seine Mutter weiterhin zusammen laufen.
  • Das Kalb kann so über Tag von der Mutter gesäugt werden und den Rest der Milch, „der für die Menschen übrig bleibt“, melken sie morgens, so Hofbetreiber Christian Hülsermann. Die Milch bieten sie dann auf ihrem Hof zum Verkauf an. Zwar sei die Milch etwas teurer als zuvor, weil sie nicht mehr so viel melken könnten, aber in Hinblick auf das Wohl seiner Tiere, sieht Hülsermann den Preis gerechtfertigt.