Hamburg. Unternehmen legt starken Quartalsbericht mit Gewinn vor. Kommt geplanter Börsengang schon im Herbst?

Seit Wochen wird spekuliert, dass Deutschlands größte Containerreederei Hapag-Lloyd noch in diesem Jahr einen Börsengang anmelden könnte. Mit der Vorlage der jüngsten Geschäftszahlen dürften die Gerüchte noch zunehmen. Das Unternehmen erwirtschaftete im Zeitraum zwischen April und Juni einen Überschuss von 29 Millionen Euro, nachdem im Vorjahreszeitraum noch ein Verlust von 54,2 Millionen Euro angefallen war. Damit hat Hamburgs Traditionsreederei das zweite Quartal in Folge mit Gewinn abgeschlossen.

Hapag-Lloyd hat in den ersten sechs Monaten des Jahres ein Konzernergebnis von 157 Millionen Euro erzielt. Damit steht das Unternehmen weitaus besser da als vor einem Jahr, als im gleichen Zeitraum 173 Millionen Euro Verlust anfielen. Der Umsatz legte um 1,5 Milliarden auf 4,7 Milliarden Euro zu. „Wir sind auf einem guten Weg, um im Gesamtjahr 2015 ein positives Ergebnis zu erwirtschaften“, sagte Vorstandschef Rolf Habben Jansen, der seit Juli 2014 an der Spitze von Hapag-Lloyd steht.

Zwei äußere Faktoren haben das positive Ergebnis begünstigt: zum einen niedrige Treibstoffkosten, die umgerechnet 215 Euro pro Tonne unter dem Vorjahr lagen. Zum anderen hat der starke US-Dollar der Reederei geholfen. Sie schreibt ihre Rechnungen in Dollar, bilanziert aber in Euro. Die wesentlichen Grundlagen für die Rückkehr in eine stabile Gewinnzone hat Hapag-Lloyd aber selbst gelegt. Sie resultieren aus dem Zusammenschluss mit der Containersparte der chilenischen Reederei CSAV sowie einem eigenen Sparprogramm, das Habben Jansen angeordnet hat. Die Integration der Dienste und Schiffssysteme von CSAV auf die jeweiligen Fahrtgebiete von Hapag-Lloyd wurde bereits im zweiten Quartal 2015 abgeschlossen. Die Transportmenge wuchs damit in den ersten sechs Monaten um knapp ein Drittel auf rund 3,7 Millionen Standardcontainer (TEU).

Allein im Fahrgebiet Lateinamerika haben sich die Umsatzerlöse der Reederei mehr als verdoppelt. Zudem stiegen die Transportaufwendungen in den ersten sechs Monaten des Jahres deutlich geringer an als die Transportmenge. Das zeigt, dass die Synergien aus der Fusion mit CSAV bereits greifen, sie sind aber noch nicht ausgereizt: Hapag-Lloyd teilte mit, dass die Einspareffekte der Fusion letztlich ein Drittel größer ausfallen werden als zunächst vorgesehen. So erwartet die Reederei von 2017 an jährliche Synergien in Höhe von 400 Millionen Dollar. Hinzu kämen Einsparungen aus dem Programm von Habben Jansen, durch die Modernisierung der Frachter und beim Einkauf über insgesamt 200 Millionen Dollar im Jahr.

„Auch wenn das Marktumfeld herausfordernd bleibt, sind wir sehr gut im Markt positioniert“, sagte Habben Jansen. Die breit gefächerten Fahrgebiete und Produkte würden Hapag-Lloyd „widerstandsfähig“ machen. Zum geplanten Börsengang äußerte er sich nicht. Habben Jansen hatte in der Vergangenheit mehrfach betont, dass er es damit nicht eilig habe. Das Unter­nehmen müsse erst in drei bis vier aufeinanderfolgenden Quartalen mit positiven Ergebnissen aufwarten. Doch jüngst mehrten sich die Hinweise, dass es mit dem Schritt aufs Börsenparkett schneller gehen könnte. Insider sagten, dass Hapag-Lloyd möglicherweise schon im Oktober gelistet werde.

Die Vorbereitungen zu einem Börsengang sind nach Informationen des Abendblatts in der Tat vorangeschritten. Der Vorstand hat die Deutsche Bank, Goldman Sachs und die Privatbank Berenberg mit den Vorbereitungen dazu beauftragt. Und im Aufsichtsrat mehren sich die Befürworter eines raschen Börsengangs. Neben dem Reisekonzern TUI, der das vertraglich zugesicherte Vorrecht hat, seine knapp 14 Prozent an Hapag-Lloyd als Erstes in Aktien umzuwandeln, wollen auch die Chilenen einen schnellen Börsengang herbeiführen. Mit einem Anteil von 34 Prozent sind sie größter Aktionär, gefolgt von der Stadt mit 23,2 Prozent. Der Logistikunternehmer Klaus Michael Kühne hält knapp 21 Prozent an Hapag-Lloyd vor der TUI aus Hannover. Kleinere Anteilspakete liegen bei Banken und Versicherungen.

Die guten Zahlen, und vor allem die exzellenten Erwartungen an das millionenschwere Einsparpotenzial, dürften Anleger locken. Gleichwohl gibt es auch Argumente, die gegen einen vorgezogenen Börsengang im Herbst sprechen: So hat die Sorge um den Wirtschafts­abschwung in China und dessen Auswirkungen auf die Weltwirtschaft die Börsen weltweit in den vergangenen Tagen abstürzen lassen.

Ein Börsengang noch im Herbst birgt auch Risiken

Die Chancen auf eine schnelle Erholung in China sind gering. Zudem wirken die Folgen der langjährigen Schifffahrtskrise noch immer in den Reedereien nach – auch bei Hapag-Lloyd: Es ist gerade einmal sechs Monate her, dass die Reederei einen rekordverdächtig negativen Jahresabschluss präsentierte. Außerdem sind die Frachtraten der weltweit viertgrößten Containerlinie im ersten Halbjahr 2015 gegenüber dem sehr schwierigen Vorjahr um noch einmal neun Prozent zurückgegangen.

Dennoch glauben die Schifffahrtsexperten vom Ballindamm an eine Besserung der Marktaussichten: So heißt es im Zwischenbericht, dass der Zuwachs des globalen Ladungsaufkommens im kommenden Jahr 5,4 Prozent erreichen könnte. „Somit dürfte die weltweite Transportmenge der Containerschifffahrt im Jahr 2016 wieder stärker als der prognostizierte Anstieg des Welthandels zunehmen“, heißt es in dem Bericht.