Hamburg. Deutlicher Einbruch beim Containerumschlag: Während Rotterdam und Antwerpen wachsen, sinkt der Umschlag in der Hansestadt. Die Gründe.
Die deutsche Wirtschaft wächst in diesem Jahr kräftig, vor allem durch starke Exporte. Im Hamburger Hafen ist davon allerdings wenig zu spüren. Der Umschlag geht nämlich zurück. Das belegen die Zahlen, die die Marketinggesellschaft nun präsentierte. Demnach ist der Gesamtumschlag im ersten Halbjahr um 2,5 Prozent auf insgesamt 70,8 Millionen Tonnen gesunken. Noch deutlicher zeigte sich das Minus beim Containerumschlag, dem wichtigsten Standbein des Hafens: Hier betrug das Minus gegenüber dem ersten Halbjahr 2014 sogar 6,8 Prozent auf insgesamt 4,5 Millionen Standardcontainer (TEU).
Im Vergleich mit den europäischen Konkurrenzhäfen in Rotterdam und Antwerpen büßt der Hamburger Hafen damit weiter 1,7 Prozentpunkte an Marktanteilen ein. Denn in den beiden Häfen wuchs der Containerumschlag im gleichen Zeitraum kräftig. Antwerpen schlägt derzeit so viele Stahlboxen um wie Hamburg vor einem Jahr. damals lag Antwerpens Hafen noch auf Platz drei in Europa. Nun hat er Hamburg bereits überholt.
Kommentar: Hamburger Hafen am Scheidepunkt
„Der Containerumschlag schwächelt“, sagte Axel Mattern, der Vorstand von Hafen Hamburg Marketing, ein wenig beschönigend. Und er hat auch gleich zwei Gründe parat: Der eine lautet Russland, der andere China. Beide Länder waren zuletzt die wichtigsten Handelspartner des Hamburger Hafens. Russland steckt in einer Rezession. „Die Konsum- und Investitionsbereitschaft in dem Land lassen deutlich nach“, sagte Matterns Co-Vorstand Ingo Egloff. Hinzu kommen die Handelssanktionen sowie der Verfall des Rubels. Alles zusammen führte in den ersten sechs Monaten 2015 dazu, dass der Containerverkehr mit Hamburg um knapp 36 Prozent zurückging.
So schlimm ist die Lage in China nicht. Aber die Abkühlung der Konjunktur in der Volksrepublik hat immerhin dazu geführt, dass der Containerverkehr zwischen China und Hamburg um knapp elf Prozent eingebrochen ist. Der im Vergleich zum Euro starke Yuan verteuerte für europäische Importeure die Einfuhr chinesischer Waren zusätzlich. Mittlerweile hat die chinesische Regierung die Landeswährung zwar abgewertet; das spiegelt sich allerdings noch nicht im Handelsvolumen wider.
Warum Hamburg diese Entwicklung mehr trifft als Rotterdam und Antwerpen, auch dafür hat Mattern eine Erklärung parat: Durch seine starke Verbindung in den Ostseeraum habe der Hamburger Hafen einen deutlich höheren Anteil an sogenannter Transshipmentladung als die Konkurrenten. Das sind Container, die mit den großen Containerschiffen aus Asien nach Hamburg gebracht werden. Hier werden sie auf kleinere Schiffe umgeladen und dann nach Russland weiter transportiert. Genau dieser Transshipment-Anteil sei nun eingebrochen.
Die Ladung für den Transport in das Hafenhinterland wächst sogar
„Transshipmentladung ist flüchtig. Das kann sich schnell wieder drehen“, sagte Mattern und betonte, dass die Ladung die direkt nach Hamburg kommt oder von hier per Bahn oder Lkw ins Hinterland transportiert wird, nicht schrumpft: „Der Hinterlandverkehr wächst sogar. Insgesamt wurden im ersten Halbjahr 2,9 Millionen Container transportiert. Das ist für den landseitigen Transport von Containern ein neuer Rekord.“
Positiv habe sich zudem die Übernahme der chilenischen Reedereien CSAV und CCNI durch die deutschen Konkurrenten Hapag-Lloyd und Hamburg Süd bemerkbar gemacht. Dadurch sei der Containerhandel mit Lateinamerika um 31 Prozent höher ausgefallen. Egloff ergänzte, dass es Überlegungen gebe, das Marketing in dieser Region zu verstärken. Von einer längeren Krise des Hafens geht er nicht aus: „Mittelfristig bin ich verhalten optimistisch.“ Es drohe auch kein Arbeitsplatzabbau. „Davon kann hier nicht die Rede sein. Im Gegenteil: die HHLA hat zuletzt Mitarbeiter aufgestockt.“
Die Hoffnung, erstmals mehr als zehn Millionen TEU in Hamburg umzuschlagen haben Mattern und Egloff für 2015 aber aufgegeben. Sie erwarten für das Gesamtjahr jetzt nur noch neun Millionen TEU. Und auch der Gesamtumschlag wird laut Mattern zurückgehen, von zuletzt knapp 146 auf dann nur noch 141 Millionen Tonnen. Das wäre ein Minus von drei Prozent.
Dass der Verlust nicht höher ausfällt, ist letztlich der Entwicklung beim Massengutumschlag zu verdanken. Der ist um 12,3 Prozent auf 23,6 Millionen Tonnen gestiegen. Insbesondere Kohleimporte sind wegen niedriger Preise gewachsen. Hier spielt auch das neue Kohlekraftwerk in Moorburg eine Rolle, das seit März mit einem Kessel in Betrieb ist. Bei voller Auslastung hat das Kraftwerk einen Steinkohlebedarf von 4,2 Millionen Tonnen im Jahr.