Hitzige Diskussionen über das Sparpaket hätten die Verhandlungen unterbrochen. Zweiter Schuldenschnitt steht weiter im Raum.

Brüssel. Die Griechenland-Rettung ist ins Stocken geraten: Nachdem sich die Regierung in Athen noch immer nicht auf das neue Sparprogramm einigen konnte, unterbrechen die internationalen Schuldenkontrolleure jetzt ihre Mission. Die Troika-Experten von EU-Kommission, Internationalem Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank würden „eine kurze Pause“ machen und voraussichtlich in einer Woche wieder nach Athen zurückkehren, sagte Kommissionssprecher Simon O’Connor am Freitag in Brüssel. Die technischen Gespräche würden aber fortgesetzt.

Die Regierung in Athen hat sich trotz Drucks der Troika noch nicht auf alle Einzelheiten des neuen Sparpaketes von 11,7 Milliarden Euro einigen können. „Ich glaube, das wird noch ein paar Tage dauern“, hatte Finanzminister Yannis Stournaras nach einem Treffen der Koalitionsspitzen am Donnerstag verkündet.

Die Regierung verhandelt seit Tagen mit Troika-Experten darüber, mit welchen konkreten Maßnahmen sich die angestrebte Einsparsumme von knapp zwölf Milliarden erreichen lässt. Eine Einigung dazu ist die Voraussetzung, damit dringend benötigte Milliardenhilfen von rund 31 Milliarden Euro freigegeben werden.

In der Gesprächsrunde der Troika-Experten mit der Regierung am Mittwochabend kam es nach Angaben eines Regierungsvertreters hitzige Diskussionen. „Es gibt Meinungsverschiedenheiten über die Effektivität der Maßnahmen zur Umstrukturierung des öffentlichen Sektors.“ Vor diesem Gespräch hatte die griechische Seite Hoffnungen genährt, dass eine Einigung auf konkrete Einsparungen von 9,5 Milliarden Euro der notwendigen Gesamtsumme von 11,7 Milliarden Euro bevorstehe.

Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker hatte kürzlich betont, er rechne mit einer Entscheidung in der zweiten Oktoberhälfte. Aus FDP-Kreisen verlautete dagegen, die Schicksalsfrage werde vermutlich erst nach der US-Wahl Anfang November gelöst.

Der Commerzbank-Chef Martin Blessing hat unterdessen einen zweiten Schuldenschnitt für das Land ins Gespräch gebracht. „Wir werden am Schluss nochmal einen Schuldenschnitt in Griechenland sehen, an dem sich alle Gläubiger beteiligen werden“, sagte Blessing am Donnerstag in Frankfurt. Anders als im Frühjahr könnten dann auch öffentliche Gläubiger wie die Europäische Zentralbank (EZB) und nationale Notenbanken zur Kasse gebeten werden.

Die „Financial Times Deutschland“ berichtete vorab aus ihrer Freitag-Ausgabe, im Mittelpunkt der Überlegungen für einen zweiten Schnitt stünden die bilateralen Kredite an Griechenland aus dem ersten Hilfsprogramm von Mai 2010 bis Ende 2011 im Volumen von 53 Milliarden Euro. „Die Diskussion gibt es“ zitierte die Zeitung einen hochrangigen Insider. Der IWF dränge auf einen Schuldenschnitt der öffentlichen Geldgeber, berichtete die Zeitung. Weder IWF noch EZB würden sich selbst daran beteiligen: der IWF bestehe auf seinem Status als vorrangiger Geldgeber und die EZB argumentiere intern, dass ein Schuldenerlass direkte Staatsfinanzierung sei.

Auch für die Bundesregierung ist ein zweiter Schuldenschnitt kein Thema: „Die Frage stellt sich nicht“, sagte der Sprecher des Finanzministeriums, Martin Kotthaus, am Freitag in Berlin. Es habe bereits einen beeindruckenden Schuldenschnitt gegeben, und es sei ein umfassendes zweites Hilfsprogramm aufgelegt worden. Die „Troika“ prüfe derzeit die Umsetzung des griechischen Programms. Es sollte nicht jeder Spekulation nachgerannt werden.

Probleme in der Koalition machen Griechenland genauso zu schaffen wie massive Proteste. Am Donnerstag war der U- und Stadtbahnverkehr in Athen durch einen 24-Stunden-Streik der Beschäftigten zeitweise stark beeinträchtigt. Zudem steht die Ankündigung eines Generalstreiks für nächste Woche im Raum.