Griechenland, Spanien, Italien halten die Eurzone in Atem – aber auch der EU-Konjunkturmotor Deutschland spürt die Krisen-Einschläge.

Frankfurt/Main. Die Euro-Retter spielen auf Zeit: Solange Spanien und Italien der Käuferstreik am Anleihemarkt erspart bleibt, lebt die Hoffnung, dass sich die Krise entspannt. Doch der Eurozone steht ein heißer Herbst bevor, bereits der September hat es in sich. Im Währungsraum lodert es an allen Ecken und Enden – die Krisenherde im Überblick:

Griechenland:

Der hartnäckigste Rettungsfall steuert auf direktem Weg in die Pleite, wenn nicht schnell weitere Hilfsgelder fließen. Im September kehren die Experten von EU-Kommission, Europäischer Zentralbank (EZB) und Internationalem Währungsfonds (IWF) nach Athen zurück, um die Lage zu überprüfen und mit der neuen Regierung über weitere Kredite zu verhandeln.

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Die Troika entscheidet, ob sie eine Hilfszahlung über 31,5 Milliarden Euro freigibt, die seit Juni zurückgehalten wird, weil der vereinbarte Reformkurs nicht vorankommt.

Griechenland muss seinen Staatshaushalt in den nächsten zwei Jahren um zusätzliche 11,5 Milliarden Euro kürzen. Die Bevölkerung hat jedoch schon lange genug vom Sparkurs. „Wir können uns auf soziale Unruhen einstellen“, sagt Megan Greene, Ökonomin beim Analysehaus Roubini Global Economics.

Spanien:

Kommt der Antrag oder kommt er nicht? Seit EZB-Chef Mario Draghi am vergangenen Donnerstag für Klarheit über mögliche Unterstützung am Anleihemarkt gesorgt hat, wird spekuliert. Madrid hatte gehofft, die Notenbank würde ihr ruhendes Anleihekaufprogramm wieder aufnehmen, um die Renditen zu drücken.

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Doch Draghi will nur unter strengen Bedingungen eingreifen. Voraussetzung ist, dass der Rettungsfonds EFSF oder sein Nachfolger ESM aktiviert werden. Für die spanische Regierung bedeutet das: Memorandum unterzeichnen, strikte Auflagen akzeptieren, weiteren Gesichtsverlust riskieren.

Spanien hat seinen Finanzbedarf für 2012 größtenteils gedeckt und kann sich eine Verschnaufpause nehmen, bis es Investoren wieder um Geld anpumpt. Dennoch ist es für viele Marktbeobachter nur eine Frage der Zeit, bis das Land Hilfe beantragt. „Eventuell reichen ein paar schwache Anleiheauktionen im September“, sagt Marchel Alexandrovich, Volkswirt von der Investmentbank Jefferies.

Italien:

Das Schicksal Roms ist eng mit dem Madrids verbunden. Die Renditen der Länder entwickeln sich über die Schuldenkrise hinweg gleichlaufend und beide Euro-Schwergewichte dürften nicht zugleich unter den Rettungsschirm passen.

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Auch Italien leidet unter einer Zinskrise am Anleihemarkt und Premier Mario Monti hat jedoch zuletzt betont, dass das Land vorerst keine Hilfe brauche. Anders als in Spanien, wo nach Immobilienblase und irrationalem Überschwang bei der Kreditvergabe Finanzsektor und autonome Regionen als potenzielle Zeitbomben gelten, gibt es in Italien vor allem politische Risiken.

Montis Technokraten-Regierung ist eine Übergangslösung ohne wirkliche demokratische Legitimation, wie Kritiker monieren. Im Hintergrund kokettiert Ex-Premier Silvio Berlusconi mit einem Comeback, er gilt Euro-Partnern und Anleiheinvestoren als personifizierte Unzuverlässigkeit.

Monti hat bereits angekündigt, für eine zweite Amtszeit nicht zur Verfügung stehen. Und immer wieder machen Gerüchte die Runde, der „Professore“ könnte entnervt hinwerfen und vorgezogene Neuwahlen mit ungewissem Ausgang auslösen.

Portugal:

Der Patient hängt am Tropf, gilt aber zumindest als Musterschüler bei Strukturreformen und Haushaltskonsolidierung. Ob das wirklich Grund zur Freude ist, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Das ärmste Land Westeuropas leidet wie alle anderen Krisenstaaten unter den radikalen Sparmaßnahmen im rezessiven Umfeld.

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Die bisherigen Erfolge basieren außerdem zum Teil auf Umbuchungen. Um den zugesagten Sparkurs einzuhalten, wurden unter anderem Mittel aus Pensionsfonds in den Staatshaushalt übertragen. „Wie schon 2011 sind die Ziele im ersten Halbjahr zu einem großen Anteil wegen Einmaleffekten erreicht worden“, erklärt Jürgen Michels, Europa-Chefvolkswirt der Citigroup. In Zukunft dürfte das jedoch nicht mehr gelingen.

„Dass das Land im nächsten Jahr die Rückkehr an die Märkte schafft, ist höchst unwahrscheinlich“, sagt Ökonomin Greene. Vielmehr dürften für Portugal im September die Verhandlungen über ein zweites Rettungspaket beginnen.

Deutschland:

Auch für die größte Volkswirtschaft im Euroraum kommen die Krisen-Einschläge immer näher. Im Juni ist die Gesamtproduktion auf Monatssicht um 0,9 Prozent und damit stärker als erwartet gefallen. Auch bei den Exporten zeigten sich zuletzt krisenbedingte Bremsspuren.

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+++ Wirtschaftsstimmung trübt sich weiter ein +++

Die Ratingagentur Fitch warnte am Mittwoch: Eine tiefe Rezession bei den großen Handelspartnern in der Eurozone könne auch Deutschlands Wirtschaft auf Schrumpfkurs zwingen. Commerzbank-Analystin Ulrike Rondorf geht von einer sinkenden Wirtschaftsleistung im dritten Quartal aus.

Doch die Bundesrepublik droht nicht nur konjunkturell vom Abwärtssog erfasst zu werden, sie wartet laut Einschätzungen von Analysten auch mit dem größten „Ereignisrisiko“ auf. Denn am 12. September müssen mit Fiskalpakt und dauerhaftem Rettungsfonds ESM zwei tragende Säulen der künftigen Grundordnung im Euroraum das Verfassungsgericht in Karlsruhe passieren. Bis dahin dürfte der Euro unter Druck bleiben – denn auch wenn alles andere als grünes Licht eine große Überraschung wäre, bleibt die Ungewissheit bei Anlegern hoch.

Frankreich:

Seit dem Antritt des neuen Staatspräsidenten Francois Hollande steht Frankreich nach Einschätzung von Deutsche-Bank-Ökonom Gilles Moec „ganz klar auf der richtigen Seite des Grabens zwischen Kern- und Peripherieländern“. Doch es wird ungemütlich.

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Im September muss die Regierung ihren endgültigen Budgetplan für das nächste Jahr vorstellen und der Spardruck ist hoch. „Im laufenden Jahr ging es eher um Steuererhöhungen als um Ausgabenkürzungen“, so Moec.

Paris könnte mit einem Dilemma konfrontiert sein. Denn der Zeitpunkt, um mit den Einschnitten zu beginnen, ist angesichts des trüben Wirtschaftsausblicks denkbar ungünstig. Die französische Nationalbank rechnet für das dritte Quartal 2012 mit einem Rückgang des Bruttoinlandsprodukts um 0,1 Prozent.