Hamburg. Eine neue Wohnung kostet in Hamburg und dem Umland deutlich mehr als ein Bestandsobjekt. Warum sich der Kauf dennoch rechnen kann.
Immobilienkäufer können zwischen Alt- und Neubau wählen. Bisher bevorzugten viele Käufer den Altbau. Doch mit den zunehmenden staatlichen Auflagen zur Energieeffizienz von Gebäuden – von der Heizung bis zur Dämmung – wird der Altbau zum Kostenrisiko. Unterm Strich kann der Altbau genauso teuer werden wie der Neubau mit modernster Haustechnik. Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat nun zusammen mit der Postbank ermittelt, wie hoch die regionalen Preisabstufungen ausfallen.
Im Schnitt müssen in Hamburg und den umliegenden Kreisen 1661 Euro mehr pro Quadratmeter Wohnfläche für einen Neubau ausgegeben werden. Als Neubau gelten dabei Objekte, die zwischen 2020 und 2022 im mittleren Preissegment fertiggestellt wurden. Bezogen auf eine 70 Quadratmeter große Wohnung sind das rund 116.270 Euro mehr.
Immobilen in Hamburg: Neubau kostet 1680 Euro mehr pro Quadratmeter
Der Preisunterschied dürfte auch deshalb so hoch ausfallen, weil bei Bestandsobjekten sich leichter ein Preisnachlass aushandeln lässt als bei Neubauten. Außerdem sind die Baukosten in den vergangenen Jahren aufgrund der Inflation und des Materialmangels besonders stark angestiegen.
Je nach Region fallen die zusätzlichen Kosten für einen Neubau unterschiedlich aus. In Hamburg kostet eine 70 Quadratmeter große Neubauwohnung im Schnitt 545.440 Euro. Das sind rund 118.000 Euro mehr als für ein Bestandsobjekt vergleichbarer Größe. Bezogen auf den Quadratmeter Wohnfläche erfordert der Neubau Mehrausgaben von 1680 Euro.
Kostenvergleich: Aufpreis für Neubau ist in anderen Metropolen deutlich höher
„Eigentumswohnungen in Neubauten kosten fast überall einen Aufpreis“, sagt Manuel Beermann, verantwortlich für das Immobiliengeschäft der Postbank. Dennoch könne für Käufer in manchen Gegenden ein teurer Neubau die bessere Investition sein, denn Wohnungen älterer Baujahre müssen eventuell noch umgebaut und energetisch saniert werden.
Unter den sieben großen Metropolen hat Hamburg den geringsten Aufschlag für einen Neubau. In München müssen 212.000 Euro mehr für eine neue Wohnung ausgegeben werden, In Stuttgart liegt der Aufpreis bei 206.000 Euro. Berliner Neubauten haben einen Aufpreis von 205.000 Euro.
Neubauten in Bayern doppelt so teuer wie Bestandsobjekte
Die größten Preisaufschläge gibt es nach der Studie aber außerhalb der Metropolen. Im Landkreis Miesbach ist der Neubau fast doppelt so teuer wie Bestandsobjekte. Die Differenz für eine 70 Quadratmeter große Wohnung liegt bei 527.420 Euro. Auf dem zweiten Rang folgt der Landkreis Starnberg (270.151 Euro mehr für einen Neubau).
Eine mögliche Erklärung für die hohen Neubauaufschläge in den beiden bayerischen Landkreisen: Während in den Städten fast nur noch Baulücken bebaut werden können, stehen die Neubauten auf dem Land auf größeren Grundstücken. „Die hohen Preisaufschläge für Neubauten in einigen Regionen wie an den Alpenseen sind auch auf ein geringes Angebot und eine hohe Nachfrage zurückzuführen“, sagt Beermann.
Immobilien in Hamburg: Aufpreis für Neubau in Stade, Stormarn und Segeberg unter 100.000 Euro
Verglichen mit den zusätzlichen Ausgaben für einen Neubau im Süden der Republik, fallen die Mehrkosten im Hamburger Umland geradezu niedrig aus. Mit weniger als 100.000 Euro als Aufpreis für eine neue 70 Quadratmeter große Wohnung ist der Aufschlag in den Kreisen Stormarn (80.777 Euro), Stade (92.709 Euro) und Segeberg (98.172 Euro) am niedrigsten. Noch höhere Mehrausgaben als in Hamburg müssen in den Kreisen Lüneburg (155.459 Euro) und Pinneberg (161.691 Euro) geleistet werden. Damit schwanken die Aufpreise für einen Quadratmeter Wohnfläche zwischen 1154 Euro (Kreis Stormarn) und 2310 Euro (Kreis Pinneberg).
Doch Altbau oder Neubau ist nicht nur eine Preisfrage. Viele Käufer bevorzugten bisher den Altbau. Gerade in begehrten Stadtteilen Hamburgs ist der Erwerb einer Immobilie aus dem Bestand aufgrund fehlender Grundstücke oft die einzige Möglichkeit, um dort wohnen zu können. Und es gibt noch andere Vorzüge: Alte Wohnviertel locken mit gewachsener Infrastruktur: Sie punkten mit guten Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Schulen, guter Anbindung an Bus oder U-Bahn, ärztlicher Versorgung in der Nähe sowie dem Charme historischer Bebauung und viel Grün.
Immobilien im Hamburger Umland haben schlechteste Energieeffizienz
Aber mit Blick auf Dämmung und Heizung wird der Altbau von Kaufwilligen immer kritischer gesehen. „Sachverständige oder Gutachter können helfen, versteckte Schwachstellen aufzudecken“, sagt Beermann. Doch neue staatliche Vorschriften lähmen das Vermittlungsgeschäft von Immobilien. „Die Anforderungen und Sanierungspflichten bei Gebäuden beschäftigen die Kaufinteressenten zunehmend und verlängern die Vermittlung von Immobilien“, sagt Daniel Ritter, Geschäftsführender Gesellschafter bei von Poll Immobilien.
Mehr als jede fünfte in Hamburg angebotene Immobilie (21,7 Prozent) fällt in die schlechtesten Energieklassen E bis H. Im Umland von Hamburg sieht die Energieeffizienz der Verkaufsobjekte noch ungünstiger aus: 26,8 Prozent der Gebäude haben die Klassen E bis H. Das Hamburger Umland schneidet nach der Studie von Poll damit am schlechtesten ab. Untersucht wurden die sieben großen Metropolen und jeweils ihr Umland.
Käufer fordern Informationen aus Energieausweis ein
„Waren der Energieausweis und die Energiewerte im Rahmen des Verkaufsprozesses bei Immobilien in der Vergangenheit von untergeordnetem Interesse, so fordern Kaufinteressenten jetzt entsprechende Informationen direkt ein, um die damit verbundenen Investitionen als Argumente für ihre Preisverhandlungen zu nutzen“, sagt Ritter.
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Oder man entscheidet sich eben direkt für einen Neubau. Denn die Kosten für die energetische Sanierung sind immens. Nach einer Studie der Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen muss für die Modernisierung eines nicht oder nur gering modernisierten Gebäudes mit Kosten von 1060 bis 1470 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche gerechnet werden.
Kosten für Sanierung können bis zu 1764 Euro je Quadratmeter betragen
Die Studie basiert auf der Angabe von Material- und Arbeitskosten aus dem dritten Quartal 2021. Aufgrund der Preisentwicklung entstehen aktuell noch höhere Kosten. Mit Blick auf den Kostenanstieg der vergangenen Jahre ist ein Aufschlag von zehn bis 20 Prozent gerechtfertigt, sodass mit Kosten von bis zu 1764 Euro je Quadratmeter gerechnet werden muss.
Bei Wohnungseigentümern wird davon zwar nur ein Teil auf die eigenen vier Wände entfallen, aber mit Umlagen werden sie auch für die Kosten am Gebäude herangezogen. Wenn die Rücklagen der Wohnungseigentümergemeinschaft nicht ausreichen, müssen die Eigentümer zusätzliche Mittel aufbringen, was bei einer grundlegenden Sanierung meist der Fall sein dürfte.
Kostenvergleich: In Hamburg und vielen Umlandkreisen kann sich Neubau rechnen
Mit Blick auf mögliche Sanierungskosten von bis zu rund 1800 Euro je Quadratmeter Wohnfläche erscheinen die Aufpreise in Hamburg und dem Umland für eine Neubauwohnung gar nicht mehr so hoch. Denn in Hamburg wie in den meisten Umlandkreisen liegen die Aufpreise für einen Neubau unter diesem Wert. Nur die Kreise Pinneberg, Harburg und Lüneburg überschreiten diese Größe.
Wenn aber Käufer wirklich nur einen geringen Aufpreis für den Neubau zahlen wollen, können sie nach der Postbank-Studie nur unter 31 von insgesamt 400 Regionen Deutschlands wählen. Dort werden 1000 Euro je Quadratmeter unterschritten. „Käufer zahlen also maximal 70.000 Euro mehr als für Baujahre vor 2020“, sagt Studienautorin Dörte Nitt-Drießelmann vom HWWI.
Immobilien in Hamburg: Im Kreis Dithmarschen liegen nur 38 Euro je Quadratmeter zwischen Neu- und Altbau
Die geringste Preisdifferenz besteht im Kreis Dithmarschen in Schleswig-Holstein mit nur 2660 Euro Neubau-Prämie für ein 70 Quadratmeter großes Heim. Eigentumswohnungen kosten dort im Bestand 4462 Euro pro Quadratmeter, mit Baujahren ab 2020 dann 4500 Euro, also nur 38 Euro Differenz.
Auch in den niedersächsischen Landkreisen Leer (246 Euro), Wittmund (458 Euro), Friesland (534 Euro), Vechta (631 Euro) und Ammerland (693 Euro) sind die Preisdifferenzen pro Quadratmeter zwischen Neubau und Altbau gering.