Hamburg. Betroffene mit Pfändungsschutzkonten werden wochenlang hingehalten. Nun räumt das Institut Mängel ein und verspricht Schadenersatz.
Der Ärger der Kunden nach der IT-Umstellung aller Konten und Verträge der Postbank nimmt kein Ende: Diesmal sind die Inhaber von sogenannten Pfändungsschutzkonten betroffen, einem speziellen Girokonto, mit dem zwar Pfändungen in bestimmten Grenzen ermöglicht werden, aber auch der Lebensunterhalt der Betroffenen gewährleistet bleibt (P-Konto). Den Betroffenen droht eine weitere Verschuldungsspirale, weil sie wichtige Zahlungen nicht leisten können. Verbraucherschützer haben die Finanzaufsicht eingeschaltet.
„Die Postbank gibt mein Geld seit Wochen nicht frei wegen einer Pfändung, die längst erledigt ist“, klagt ein Verbraucher gegenüber der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (NRW). Diese Erfahrung musste auch ein Hamburger machen, der von einer Pfändung der Hamburger Finanzbehörde betroffen war. Nachdem er die Schulden beglichen hatte, teilte ihm die Finanzbehörde die Aufhebung der Pfändungs- und Einziehungsverfügung mit.
Postbank Hamburg: Voller Zugriff auf Konto verweigert, obwohl Pfändung erledigt ist
„Trotzdem verweigert mir die Postbank den vollumfänglichen Zugriff auf mein Konto. Mehrfache Versuche bei den Filialen der Postbank in Hamburg und Wedel verliefen erfolglos“, sagt der Hamburger. „Die Klagen der Verbraucher in dieser Angelegenheit nehmen zu“, bestätigt Kerstin Föller von der Verbraucherzentrale Hamburg.
Auf den P-Konten befinden sich auch geschützte Guthaben. Es gilt automatisch ein Pfändungsschutz von aktuell mindestens 1410 Euro je Monat, um lebenswichtige Ausgaben bestreiten zu können. Was es kompliziert macht: Der Pfändungsschutz kann wegen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Ehepartnern oder Kindern erhöht werden.
Postbank: Daueraufträge für Miete und Strom werden nicht ausgeführt
Mit Veränderungen der Pfändungsfreigrenze und der Aufhebung von Pfändungsverfügungen ist die Postbank offenbar überfordert. „Nach vielen gleichlautenden Berichten von Betroffenen ist die zuständige zentrale Pfändungsabteilung entweder nicht erreichbar, oder es gibt wochenlange Bearbeitungszeiten“, sagt Wolfgang Schuldzinski, Vorstand der Verbraucherzentrale NRW.
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Postbank-Kunden berichten nach seinen Angaben seit Monaten von nicht berücksichtigten Freibeträgen, nicht vermerkten Pfändungsaufhebungen sowie einer nicht oder nur schwer erreichbaren zentralen Pfändungsabteilung, an die sie von ihren Postbank-Filialen vor Ort verwiesen werden. Die Betroffenen verfügen oft über keine anderweitigen Geldmittel mehr. Existenzielle Daueraufträge für Miete, Strom und Telefon werden vom P-Konto nicht ausgeführt, benötigtes Bargeld zum Lebensmittel- oder Medikamentenkauf darf nicht abgehoben werden.
Postbank: Verbraucherschützer schalten Aufsichtsbehörde BaFin ein
Da der Situation der Betroffenen angemessene Gegenmaßnahmen der Postbank oder des Mutterkonzerns Deutsche Bank nicht erkennbar sind, hat die Verbraucherzentrale NRW jetzt die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) eingeschaltet und Aufsichtsbeschwerde eingereicht. „Es ist nicht akzeptabel, dass die Postbank anscheinend keine ordnungsgemäße Organisation der notwendigen Abläufe zur Einhaltung von gesetzlichen Pfändungsschutzvorschriften sicherstellt“, sagt Verbraucherschützer Schuldzinski.
Die Postbank reagierte auf eine Anfrage des Abendblatts so: „Bei betroffenen Kundinnen und Kunden entschuldigen wir uns für entstandene Unannehmlichkeiten und werden ihnen bankseitig verursachte Schäden nach einer Prüfung erstatten“, kündigte ein Sprecher des Geldinstituts an. Die Bank verzeichne aktuell ein erhöhtes Anfrage- und Auftragsaufkommen im Zusammenhang mit Pfändungsschutzkonten.
„Der bundesweite Anstieg dieser Fälle insgesamt sowie ein hohes Rückfragevolumen aufgrund der abgeschlossenen IT-Umstellung führen derzeit dazu, dass es trotz personeller Verstärkung der Teams bei einem Teil der Kundenvorgänge zu einer verlängerten Bearbeitungszeit kommt“, sagte der Banksprecher. „Zur Verbesserung der Situation arbeiten wir mit Hochdruck am weiteren Ausbau unserer Kapazitäten sowie ergänzender systemtechnischer Maßnahmen, die über die kommenden Wochen kontinuierlich greifen werden.“