Hamburg. Fachkräftemangel müsste dem Karrierenetzwerk doch Rückenwind geben. Aber Börsenkurs und Gewinn fallen. Was die Vorstandschefin sagt.
Im Juni 2019 durften sich die Anleger von New Work (ehemals: Xing) noch über einen Aktienkurs von 375 Euro freuen. Doch seitdem geht es an der Börse bergab mit dem Onlineunternehmen, das unter anderem das Karrierenetzwerk Xing und das Arbeitgeber-Bewertungsportal Kununu betreibt.
Am Montag nach Bekanntgabe der aktuellen Halbjahreszahlen notierte das Papier bei rund 94 Euro – das ist gegenüber Sommer 2019 ein Rückgang um knapp 75 Prozent.
Zwischen Anfang Januar und Ende Juni sank der Umsatz um knapp 0,6 Prozent auf 151,7 Millionen Euro. Allerdings sackte das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Pro-Forma-Ebitda) um fast 24 Prozent auf 40,8 Millionen Euro ab.
Blickt man nur auf das zweite Quartal, so liegt der Umsatzrückgang sogar bei 2,8 Prozent auf 75,8 Millionen Euro. Das Pro-Forma-Ebitda ging zwischen Anfang April und Ende Juni um fast 18 Prozent auf 22,9 Millionen Euro zurück.
Jobs Hamburg: Mutter von Kununu und Xing – Darum sackt Gewinn von New Work ab
Diese schwachen Zahlen sind auf den ersten Blick überraschend, schließlich berichten aktuell fast alle Unternehmen in Deutschland über einen akuten Fachkräftemangel, der Bedarf an Netzwerken, über die berufliche Kontakte hergestellt oder gepflegt werden, sollte demnach eigentlich groß sein.
Doch offensichtlich treten immer mehr Betriebe bei der Suche nach neuen Beschäftigten auf die Kostenbremse, weil sie sich unsicher sind, wie, wann und ob Deutschland das aktuelle Konjunkturloch wieder verlassen wird.
Deutschland befinde sich in einer Rezession, schreibt New-Work-Vorstandschefin Petra von Strombeck mit Bezug auf die Halbjahreszahlen an die Aktionärinnen und Aktionäre. „Die Auswirkungen diverser Herausforderungen – Inflation, Energiepreise, Lieferengpässe – machen sich allenthalben bemerkbar“, so von Strombeck. Der Fachkräftemangel sei zwar weiterhin eines der Topthemen in der Wirtschaft. „Jedoch setzen Unternehmen derzeit vielfach andere Prioritäten“.
Xing-Mutter macht Rezession zu schaffen
New Work hatte deshalb schon früh die eigene Jahresprognose angepasst. Bereits Anfang Mai kappte der Onlinekonzern seine Ziele. Danach geht das Unternehmen für das Gesamtjahr noch von einem Umsatz in Höhe des Vorjahres (313,4 Millionen Euro) aus. Beim Pro-Forma-Ebitda erwarten die Hamburger zwischen 92 und 100 Millionen Euro.
Insgesamt sieht von Strombeck zwar eine weiterhin hohe Nachfrage nach Fachkräften und spricht selbst von einem Megatrend. „Allerdings sind die Unternehmen viel zögerlicher beim Kauf unserer Lösungen zur Gewinnung von Fachkräften, als vielfach prognostiziert und auch von uns erwartet.“
Längerfristig ist die Vorstandschefin jedoch vom New-Work-Geschäftsmodell mit Blick auf den Bedarf an neuen Beschäftigten überzeugt. „Deshalb führen wir die Umsetzung unserer Strategie weiter konsequent fort, die auf diesem Megatrend aufsetzt.“
- Hamburger Start-up will IT-Fachleuten Einreise erleichtern
- Homeoffice am Urlaubsort – das erlauben Hamburger Firmen
- Appell an Studenten- „Raus aus der Kneipe, hin zum Klempner“
Blickt man auf die jüngsten Analysten-Einschätzungen, so beäugen die unabhängigen Börsenexperten New Work mittlerweile skeptischer. Erst Mitte Juli senkte die Privatbank Berenberg das Kursziel von 172 auf 137 Euro und stufte das Papier von Kaufen auf Halten herab.
Auch für Hauck Aufhäuser Investment Banking ist die Aktie kein Kauf mehr. Die Bank rät ebenfalls zum Halten und hat das Kursziel Ende Juli von 192 auf 118 Euro reduziert. Zumindest am Montag nach Bekanntgabe der Halbjahreszahlen gab es einen kleinen Lichtblick an der Börse. Das New-Work-Papier stieg bis zum Mittag um 2,4 Prozent.