Hamburg. Kaufpreise sinken, Mieten steigen. Doch Durchschnittsverdiener haben in Hamburg kaum die Wahl. Im Umland ist das ganz anders.

Der Trend am Immobilienmarkt ist eindeutig: Fallende Immobilienpreise, aber stark steigende Mieten. Seit geraumer Zeit bestimmt diese Entwicklung den Immobilienmarkt in Hamburg und dem Umland. Lohnt womöglich nun der Kauf einer Eigentumswohnung, auch wenn die Kreditzinsen gestiegen sind?

Das Hamburgische WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) hat in einer Studie für die Postbank die Kauf- und Mietpreise im Verhältnis zum regionalen Einkommen analysiert. Und kommt dabei für Hamburg zu einer eindeutigen Antwort.

Der Hintergrund für die Studie: Mit dem drastischen Zinsanstieg für Baufinanzierungen ist der Kauf und Verkauf von Immobilien eingebrochen. „Die Belastungen für Durchschnittsverdiener sind aufgrund des starken Zinsanstiegs deutlich gewachsen“, sagt Manuel Beermann, verantwortlich für das Immobiliengeschäft der Postbank. Folglich werden als Alternative immer mehr Mietwohnungen gesucht und die Mieten steigen.

Hamburger müssen 52 Prozent des Einkommens für Kreditrate aufbringen

Doch noch reicht der Preisverfall bei Immobilien nicht aus, um das Kaufen attraktiver als das Mieten zu machen. Das gilt vor allem für Hamburg, wie die HWWI-Untersuchung zeigt.

Denn das Ergebnis ist dramatisch: Rund 52 Prozent seines Nettoeinkommens muss ein Haushalt mit durchschnittlichem Einkommen allein für die Kreditrate aufwenden, wenn er in der Hansestadt eine Immobilie kauft. Unter den sieben größten Metropolen haben nur München (61,5 Prozent) und Berlin (56,8 Prozent) noch höhere Werte.

Wird dagegen eine vergleichbare Wohnung gemietet, hat die Kaltmiete nur einen Anteil von 21 Prozent am verfügbaren Einkommen. Das ist ein Unterschied von fast 31 Prozentpunkten im Vergleich zum Kauf.

Hamburg: Für Durchschnittsverdiener sind die Kaufpreise noch zu hoch

Für Durchschnittsverdiener in Hamburg ist der Kauf einer Eigentumswohnung so nicht nur unattraktiv, sondern finanziell auch nicht leistbar. Denn vom durchschnittlichen, jährlichen Haushaltsnettoeinkommen von 51.536 Euro, was auch alle staatliche Leistungen wie Kindergeld einschließt, müssten jeden Monat 2225 Euro nur für die Kreditfinanzierung aufgewendet werden. Nebenkosten wie Heizung, Strom und Rücklagen sind dabei noch nicht berücksichtigt. Für alle übrigen Ausgaben verbleiben dem Haushalt nur noch 2069 Euro im Monat. Kaum eine Bank wird eine solche Finanzierung absegnen.

Nach einer Faustformel sollten nicht mehr als 30 Prozent des verfügbaren Haushaltseinkommens für das Wohnen aufgewendet werden. Da dies auch die gestiegenen Wohnnebenkosten einschließt, sollen sich Mieter und Käufer bei Nettokaltmiete und Kreditrate eher an der 25-Prozent-Linie orientieren.

Im Hamburger Umland liegt die Belastung beim Kauf bei rund 25 Prozent

Im Hamburger Umland bleiben die Kreise Harburg (22,7 Prozent), Stade (22 Prozent), und Herzogtum Lauenburg (22,9 Prozent) unter dieser Marke von 25 Prozent (siehe Grafik). Zwar ist auch hier zu mieten im Moment günstiger als zu kaufen und macht in der Spitze rund 15 Prozent des Haushalteinkommens in den Kreisen Pinneberg und Segeberg aus.

Die Unterschiede bei der monatlichen Belastung sind aber längst nicht so gravierend wie in Hamburg und liegen bei maximal elf Prozentpunkten mehr im Vergleich zur Miete. Auch die Kreise Pinneberg (26,2 Prozent), Segeberg (25,3 Prozent) und Stormarn (25,2 Prozent) liegen beim Anteil des Haushaltseinkommens für den Immobilienkauf nur knapp über der 25-Prozent-Marke.

Im Umland steigen die Mieten auch stärker als in der Hansestadt selbst. Spitzenreiter ist der Kreis Herzogtum Lauenburg mit einem Mietanstieg von 7,8 Prozent im Vergleich der Jahre 2022 zu 2021. Es folgen die Kreise Segeberg und Stormarn mit jeweils 5,40 Prozent. In Hamburg kletterten die Mieten um 2,20 Prozent.

Ob Hamburg oder Umland: Immobilienkauf braucht 20 Prozent Eigenkapital

Wie wurde gerechnet? Der jeweilige Einkommensanteil wurde auf Basis der durchschnittlichen regional verfügbaren Haushaltseinkommen und für den Kauf einer 70-Quadratmeter-Wohnung aus dem Bestand berechnet. Beim Kauf̈ legte das HWWI eine Kreditaufnahme von 80 Prozent des Preises inklusive Grunderwerbsteuer und zwei Prozent Notargebühren zu Grunde.

Maklercourtage oder Sanierungskosten wurden nicht berücksichtigt. Der Zinssatz für die Finanzierung beträgt 4,6 Prozent und die anfängliche Tilgung liegt bei 2,1 Prozent, die Laufzeit beträgt rund 25 Jahre. „Für unsere Beispielfinanzierung sind wir davon ausgegangen, dass 20 Prozent des Kaufpreises durch Eigenkapital aufgebracht werden“, sagt Studienautorin Dörte Nitt-Drießelmann vom HWWI.

Wohnnebenkosten sind für Eigentümer um 1000 Euro höher

Neben den Finanzierungskosten müssen aber noch die Wohnnebenkosten berücksichtigt werden, die in den Berechnungen nicht enthalten sind. Diese Kosten lagen für Mieter 2022 bei einer 70 Quadratmeter großen Wohnung bei 2906 Euro jährlich.

Bei selbst genutzten Eigentumswohnungen liegen die laufenden Wohnnebenkosten über denen vergleichbarer Mietwohnungen „Eigentümer müssen neben Betriebskosten, die auch Mieter zu tragen haben, zusätzlich noch den Verwalter entlohnen und die Instandhaltungsrücklage einzahlen“, sagt Nitt-Drießelmann. „Diese Mehrkosten sollten für eine 70 Quadratmeter große Wohnung von Immobilienbesitzern gegenüber Mietern mit mindesten 1000 Euro pro Jahr angesetzt werden.“

Kaufpreise fallen noch weiter, aber auch die Mieten steigen

Die Daten stammen zwar aus dem Jahr 2022, aber an der grundsätzlichen Aussage der Untersuchung hat sich nichts geändert. Zwar sind die Immobilienpreise im ersten Halbjahr 2023 stärker gefallen, aber gleichzeitig die Mieten weiter gestiegen.

Das zeigt sich an einer anderen Studie, die die Entwicklung im ersten Halbjahr 2023 in Hamburg betrachtet. „In Hamburg sind in allen sieben Bezirken die Kaufpreise für Eigentumswohnungen im ersten Halbjahr 2023 gegenüber dem Vorjahreszeitraum gefallen“, sagt Daniel Ritter, geschäftsführender Gesellschafter bei von Poll Immobilien. Der Makler hat die Studie erstellt.

Vergleichsrechnung für Altona: Kauf doppelt so teuer wie Miete

In den Bezirken Bergedorf (minus 13,5 Prozent), Harburg (-12,1 Prozent), Altona (-11,8 Prozent), Wandsbek (-11,4 Prozent) und Mitte (-11,3 Prozent) sind die Kaufpreise sogar zweistellig gefallen. Den stärksten Mietpreisanstieg gab es in Wandsbek mit einem Plus von 3,6 Prozent im ersten Halbjahr, während die Mieten in Bergedorf nur um 0,6 Prozent kletterten.

Doch eine Vergleichsrechnung auf Basis dieser Daten zeigt: Das Missverhältnis zwischen Miete und Kauf besteht in vielen Bezirken fort. Im Bezirk Altona beträgt die Kaltmiete für eine 70-Quadratmeter-Wohnung 1051 Euro. Würde man diese kaufen und zu 80 Prozent finanzieren und auch noch die Erwerbsnebenkosten aus dem Eigenkapital bestreiten, läge die monatliche Belastung bei 2041 Euro.

Hamburger Umland: niedrigere Kaufpreise und höheres Einkommen als in Hamburg

Der Anteil der monatlichen Kreditrate ist zwar leicht auf 47,5 Prozent gesunken. Bei der Postbank-Studie sind es 51,8 Prozent. Für die Miete muss im Beispielfall aber nur rund die Hälfte aufgewendet werden. Der Anteil am Haushaltsnettoeinkommen liegt bei 24,5 Prozent.

Zwar ist im Umland von Hamburg kaufen nicht günstiger als mieten, aber die vertretbare Belastungsquote von 25 Prozent für die Kreditrate wird kaum überschritten. Außerdem sind in allen Umlandkreisen die Haushaltsnettoeinkommen höher als in Hamburg. In den Kreisen Harburg und Stormarn liegen sie bei mehr als 60.000 Euro im Jahr.

Kauf einer Immobilie führt zum Vermögensaufbau

Die Voraussetzungen für den Immobilienerwerb sind also im Umland wesentlich günstiger als in Hamburg selbst. Das zeigt sich auch an den Quadratmeterpreisen für eine Eigentumswohnung aus dem Bestand. Die sind mit 3000 bis 3600 Euro zum Teil nur halb so hoch wie in Hamburg (6685 Euro). Und: „Beim Kauf einer selbst genutzten Eigentumswohnung findet im Gegensatz zur Mietzahlung zeitgleich ein Vermögensaufbau statt“, sagt Beermann.

Dennoch, eine vorsichtige Kalkulation ist Pflicht beim Immobilienkauf. „Wer ein passendes Objekt im Auge hat, sollte umso gründlicher prüfen, ob die Finanzierung auch langfristig zu stemmen ist“, sagt Postbank-Experte Beermann. „Einen Puffer für unvorhersehbare Änderungen der finanziellen Lage und für Belastungen durch Inflation und hohe Energiepreise sollten Kaufinteressierte dringend einbauen.“