Hamburg. Moderner Campus für mehr als 3000 Beschäftigte kostet 250 Millionen Euro. Eröffnung ist im September. Wo der Vorstand künftig arbeitet.
Der Hamburger HautpflegekonzernBeiersdorf bekommt eine neue Adresse. Und das gleich doppelt. Sechs Jahre wurde auf dem Gelände im Herzen Eimsbüttels gebaut, jetzt ist die neue Firmenzentrale nahezu fertig. In den nächsten Wochen startet ein riesiges Umzugsprogramm für mehrere Tausend Beschäftigte.
Auch der Haupteingang von Hamburgs einzigem DAX-Unternehmen wird verlagert – und liegt dann an der Beiersdorfstraße. Die Umbenennung eines etwa 400 Meter langen Teilstücks der Troplowitzstraße hatte der Bezirk schon vor Jahren beschlossen. Vor einigen Tagen wurden die Straßenschilder ausgetauscht. Der Zeitpunkt passt. Im September soll der Beiersdorf-Campus eröffnet werden.
Wenn es um den Neubau der Hauptsitzes auf dem Areal geht, wo vor mehr als 140 Jahren die internationale Erfolgsgeschichte des Nivea-Herstellers begann, ist gern von Superlativen die Rede. „Ein Jahrhundertprojekt“ hatte der damalige Beiersdorf-Vorstandschef Stefan Heidenreich 2017 den Beschluss für den Start des Mega-Bauvorhabens genannt. 250 Millionen Euro investiert der internationale Hautpflegeprodukte-Hersteller in den Campus, der neue Formen der Zusammenarbeit und den Einsatz von modernster Technologien fördern soll. „Inspirierte Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sind die Grundlage für den Erfolg unseres Unternehmens“, sagt der aktuelle Vorstandschef Vincent Warnery in einem Video, in dem das Projekt präsentiert wird.
Beiersdorf-Campus wird von einer Frau gemanagt
Die Frau, die dafür die Voraussetzungen schaffen soll, heißt Marie Boden und ist seit 3,5 Jahren Projektleiterin. Erstmals gibt sie an diesem Dienstag Einblick in den neuen Beiersdorf-Campus. Herzstück ist die neue Firmenzentrale, die – unter dem Namen C.onnect – als eine Art Brücke zwischen den insgesamt fünf Beiersdorf-Gebäuden fungieren soll. „Im Moment ist vieles noch Baustelle, aber das Potenzial ist schon zu erkennen“, sagt sie. Die 40-Jährige steht im Eingangsbereich des Gebäudes, das der Hamburger Architekt Hadi Teherani entworfen hat. 140 Meter lang, sieben Stockwerke hoch und mit zehn Flügeln zu beiden Seiten, sieht es ein bisschen aus wie ein überdimensionierter Kamm.
Im Erdgeschoss entsteht als zentraler Treffpunkt eine große Kaffeebar, auf die der gesamte Raum architektonisch ausgerichtet ist. Bei den Planungen waren auf vielen verschiedenen Ebenen auch die Beschäftigten eingebunden. „Dabei haben wir gemerkt, dass die wirklich wichtigen Entscheidungen beim Kaffee getroffen werden“, sagt Campus-Projektleiterin Boden mit einem kleinen Augenzwinkern. Ausgeschenkt wird, das ist Ehrensache, Kaffee vom Hamburger Röster Tchibo, der wie Beiersdorf zum Firmenimperium der Familie Herz gehört.
Raumobjekte erinnern an die Form der Nivea-Dose
Außerdem werden Veranstaltungsflächen geschaffen, ein Mitarbeiter-Restaurant mit 750 Plätzen im Innenbereich und weiteren 200 im Außenbereich, der an einen neu angelegten Park zwischen den Gebäuden angrenzt. Auch ein Personalladen mit Beiersdorf-Produkten ist vorgesehen. Für die Gestaltung haben die Planer den Designer Peter Ippolito ins Boot geholt, der bei der Gestaltung auf „Transparenz, Offenheit und Lebendigkeit“ setzt. Dabei spielt er auch mit den bekannten Beiersdorf-Marken. Runde Raumobjekte erinnern an die bekannte Form der Nivea-Dose. Auch die Farbe Blau taucht immer wieder auf, genauso wie unterschiedliche Schattierungen der Haut.
Während es im Erdgeschoss um zufällige Treffen und Kommunikationsschnittstellen geht, ist die zweite Etage als Ort der Zusammenarbeit geplant – quasi die Kernzelle neuer Arbeitsformen, der sogenannten New Work. Statt der üblichen Konferenz-Etage gibt es im sogenannten Collaboration Hub auf 4000 Quadratmetern Meetingräume, Orte für Teamtreffen und Sitzecken für Zweiergespräche. Dass es jetzt so aussieht, hat auch mit der Corona-Pandemie und dem monatelangen Homeoffice-Phasen zu tun. „Wir sind sehr froh, dass wir die Erfahrungen aus dieser Zeit noch rechtzeitig in die Planung aufnehmen konnten“, sagt Jens Schreiber, der im Immobilien-Management des Konzerns arbeitet.
Weniger als die Hälfte der 3200 Arbeitsmöglichkeiten ist mit Schreibtisch
Der Wandel in der Arbeitswelt mit einer Mischung aus Büroarbeit und mobilem Arbeiten zeigt sich auch in den oberen vier Etagen, wo vom dritten bis zum sechsten Stockwerk die Schreibtischarbeitsplätze sind. Es gibt klassische Vierer-Inseln und einige Einzelkabinen, wo sich Beschäftigte mit ihrem Laptop direkt an große Monitore und ins interne Internet einstöpseln können. Insgesamt gibt es 1400 Standardarbeitsplätze auf dem neuen Campus, davon sind etwa 800 im neuen Hauptgebäude. Die anderen 600 im Bestandsgebäude sind bereits umgebaut worden. Insgesamt existieren mit den sogenannten Kollaborationsflächen 3200 Arbeitsmöglichkeiten.
„Es ist eine der am meisten diskutierten Fragen, ob die Arbeitsplätze reichen“, sagt Projektleiterin Boden. Nach Corona war die Zahl zugunsten von Gemeinschaftsflächen reduziert worden. Laut internem Schlüssel kommen jetzt 0,6 Arbeitsmöglichkeiten auf einen Beiersdorf-Beschäftigten. Unter anderem war 2020 entschieden worden, ein geplantes weiteres Bürogebäude zugunsten eines neuen Technologie-Centers zu streichen. „Es reicht trotzdem“, ist Marie Boden sicher. Nach Erhebungen liegt der Anteil der Büroarbeit bei den Beiersdorf-Beschäftigten aktuell bei gut 60 Prozent. Sie sagt aber auch: „Der Campus wird nie fertig sein. Wenn die Flächen nicht angenommen werden, ändern wir es.“
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Die einzigen, die auch weiterhin feste Arbeitsplätze haben, sind die Vorstandsmitglieder um Beiersdorf-Chef Warnery. Anders als etwa beim Online-Händler Otto, der gerade in Bramfeld eine neue Zentrale baut und auch den Vorstand „auf die Fläche“ schickt, entsteht in der sechsten Etage ein Bereich für das Topmanagement. Aber auch die Beiersdorf-Führungsriege muss sich auf Veränderungen einstellen: Ihre Räume werden kleiner als in der bisherigen Zentrale an der Unnastraße – und können bei Abwesenheit auch von Kollegen genutzt werden.
Bei Campus-Projektleiterin Boden und ihrem fünfköpfigen Team steigt nach mehr als drei Jahren Vorbereitung jetzt die Anspannung. Im Moment bereiten sie den Umzug von etwa 1700 Kollegen vor. Anfang August geht es los. „Es sind immer 250 Beschäftigte pro Woche dran“, sagt Marie Boden. Damit es auch rechtzeitig klappt mit der neuen Beiersdorf-Adresse. Der offizielle Eröffnungstermin des Beiersdorf-Campus ist am 11. und 12. September. Die bisherige Konzernzentrale im Bereich Unnastraße wird danach abgerissen. Dort werden 800 neue Wohnungen gebaut: das Beiersdorf-Quartier.