Hamburg. Nivea-Konzern investiert 250 Millionen Euro in den neuen Campus in Eimsbüttel. 3000 Mitarbeiter sollen hier ab 2023 arbeiten.

So richtig viel Zeit hat Stefan Best natürlich nie. Das war schon so, bevor der Nivea-Hersteller Beiersdorf im Jahr 2017 angefangen hat, eine neue Konzernzentrale in Eimsbüttel zu bauen. Seitdem sind die Tage des Chefs der Immobilienverwaltung am Hamburger Standort noch voller. Aber manchmal, wenn er mal wieder von einem Gebäude zum anderen unterwegs ist, bleibt er für einen Moment auf der Brücke über der Baustelle stehen und guckt durch die großen Glasscheiben. Skywalk nennen sie im Unternehmen den Verbindungsgang in luftiger Höhe.

Unten in der 140 Meter langen Baugrube arbeiten an diesem trüben Wintertag Männer mit gelben und orangefarbenen Helmen am Fundament. An einer Ecke fliegen Funken eines Schweißgeräts. Aktuell werden die Rohbauarbeiten vorbereitet. „Wir sind gut im Zeitplan“, sagt Stefan Best. Im Frühjahr zur feierlichen Grundsteinlegung soll das Erdgeschoss zumindest im vorderen Teil des Komplexes schon stehen.

Eine Jahrhundertentscheidung

2017 hatte der Vorstand grünes Licht für den Neubau auf dem Firmengelände in Sichtweite des bisherigen Hauptsitzes gegeben. Eine Jahrhundertentscheidung, wie der damalige Beiersdorf-Chef Stefan Heidenreich gesagt hatte. Auf dem 60.000 Quadratmeter großen Kernbereich der Firmenflächen wird fast alles umgekrempelt. Das Forschungszentrum bekommt einen Anbau, ein weiteres Bürogebäude ist geplant. Rund herum werden Grünanlagen mit Teichen angelegt. Insgesamt investiert Beiersdorf nun 250 Millionen Euro. Das sind 20 Millionen Euro mehr, als bei der Bekanntgabe der Pläne vor zwei Jahren veranschlagt wurden. „Die Mehrkosten kommen unter anderem durch Qualitätsverbesserungen und Erweiterungen zustande“, erklärt Projektleiter Best dem Abendblatt.

Hamburgs einziger DAX-Konzern ist derzeit an drei aneinandergrenzenden Standorten auf insgesamt 170.000 Quadratmetern mitten in dem dicht bebauten Stadtteil Eimsbüttel angesiedelt. Seit dem Bau der ersten Fabrik vor mehr als 120 Jahren wurden immer wieder Flächen zugekauft, neue Gebäude errichtet und bestehende umgebaut. Inzwischen sind viele Bauten in die Jahre gekommen, das Werksgelände ist reichlich zergliedert. Die Konzernzentrale ist in einem Komplex an der Unnastraße untergebracht, der Forschungsbereich an der Troplowitzstraße, viele Büros befinden sich am Wiesingerweg. „Es fehlt eine Mitte“, sagt Best.

Gebäude miteinander unterirdisch verbunden

Das neue Hauptgebäude, ein Entwurf des Hamburger Architekten Hadi Teherani, ist ein siebenstöckiger Komplex, der in der Form an einen überdimensionierten Doppelkamm erinnert und mit Rotklinker und viel Glas hanseatisch zurückhaltend wirkt. Durch die Konzentration der Büroarbeitsflächen auf dem Beiersdorf Campus sollen die Wege verkürzt, die Effizienz gesteigert und Erfordernisse an moderne Arbeitsbedingungen erfüllt werden. 2021 soll das Gebäude mit 800 Arbeitsplätzen fertig sein.

Die neue Hauptverwaltung (l.) soll bis 2021 fertig sein.
Die neue Hauptverwaltung (l.) soll bis 2021 fertig sein.

Beim Gang über das Gelände wird das Ausmaß des Vorhabens klar. Denn der Großkonzern baut nicht nur mitten in der Stadt neu, sondern auch bei laufendem Betrieb. Möglich wurde das durch den Umzug der Beiersdorf-Tochter Tesa nach Norderstedt. Die Planungen sehen vor, dass alle Gebäude miteinander unterirdisch verbunden sind. In dem Untergeschoss wird es nicht nur Parkflächen und Haustechnik geben, sondern auch einen Ladehof, um den Autoverkehr über der Erde möglichst gering zu halten. „Wir haben die Grundstücksfläche, die es erlaubt, optimale Arbeitsbedingungen für Beiersdorf innerhalb der Stadt zu schaffen, sagt Best.

Weiteres Bürogebäude am Wiesingerweg

Der promovierte Betriebswirt, der seit 2015 bei Beiersdorf ist, hat seinen Arbeitsplatz in einem neu errichteten Baubüro. Von hier steuert er mit sechs Mitarbeitern die insgesamt 600 beteiligten Planer, Ingenieure und Bauarbeiter. In dem Gebäude hat er viel Holz und Beton verbauen lassen, die Versorgungsleitungen liegen teilweise offen. „Wir testen hier auch Elemente, die wir im neuen Hauptgebäude einbauen wollen“, sagt der 50-Jährige und zeigt auf die Decke, unter der große Platten angebracht sind. Sie sollen gleichzeitig als Heizung, Kühlung, Luftbefeuchtung, Lüftung und Schalldämmung dienen.

Das Ergebnis bis jetzt: positiv. Direkt gegenüber entsteht auf 11.000 Quadratmetern der neue Laborkomplex, der bereits einige Stockwerke hoch ist. „Wir sind zu 60 Prozent mit dem Rohbau fertig“, sagt Best. Schon im kommenden Jahr sollen die Mitarbeiter dort einziehen und so Platz an anderen Stellen des Geländes machen. Als letzter Schritt soll im Jahr 2023 ein weiteres Bürogebäude am Wiesingerweg fertig werden.

Schrebergärtner waren Sturm gelaufen

Dass das Bauvorhaben mitten in Eimsbüttel die Nachbarn belastet, war von Anfang an klar. Beiersdorf sei deshalb früh in den Dialog getreten, versuche, mit Informationen für Verständnis zu sorgen, heißt es. Richtig viel Debatten gab es um ein zwölf Hektar großes Kleingartenareal zwischen Stresemannallee und Grandweg, das Beiersdorf inzwischen mit Zustimmung der Hamburgischen Bürgerschaft gekauft hat. Über Monate waren die betroffenen Schrebergärtner dagegen Sturm gelaufen. Beiersdorf hatte immer betont, dass das Gelände nur als potenzielle Erweiterungsfläche für die weitere Zukunft gesichert werden solle.

Auch bei den Plänen, die jetzige Hauptverwaltung zwischen Unna- und Quickbornstraße nach dem Umzug abzureißen, wird die direkte Verbindung zwischen den Menschen im Stadtteil und dem alteingesessen Unternehmen deutlich. In den nächsten Wochen soll ein Mitwirkungsverfahren für das Areal starten, auf dem die Pensionskasse des Unternehmens 600 bis 800 Wohnungen bauen will.

Vorbereitungen für den Innenausbau

Im Projektbüro von Stefan Best laufen im Moment die Vorbereitungen für den Innenausbau des neuen Hauptgebäudes. Geplant sind großzügige Gemeinschaftsflächen, Terrasse und Treffpunkte in den Arbeitsbereichen. Das betriebseigene Fitnessstudio, Reinigungsannahme, Postservice und ein modern gestaltetes Betriebsrestaurant mit 850 Sitzplätzen ziehen ein. Noch wird überlegt, wie groß der für das Unternehmen typische Bedienbereich, in dem noch Servicekräfte das Mittagessen bringen, in Zukunft sein wird.

„Die Mitarbeiter werden an den Planungen beteiligt“, verspricht Best. Und natürlich hat auch der neue Vorstandschef Stefan De Loecker ein gewichtiges Wort mitzureden. Als nächstes wird es um die konkrete Fassadengestaltung gehen. „Ende des ersten Quartals wollen wir eine Musterfassade installieren.“.