Hamburg. Gut für das Hamburger Werk: Im Juni wurden mehr Flugzeuge bestellt als je zuvor in einem Monat. Besonders nachgefragt ist ein Modell.

Während der Paris Air Show hatte Airbus einen Verkaufserfolg nach dem anderen verkündet. Zum Auftakt der Luftfahrtmesse am 20. Juni gab es den Paukenschlag: Die indische Fluggesellschaft IndiGo platzierte einen Auftrag über 500 Flugzeuge der A320neo-Familie – es war der größte Einzelauftrag eines Kunden in der Geschichte der Luftfahrt.

Einen Tag später zog der nationale Konkurrent Air India nach und wandelte eine Absichtserklärung aus dem Februar von 250 Jets in eine Festbestellung um. Weitere Aufträge folgten in den nächsten Tagen.

Rekord – Airbus erhält so viele Aufträge wie nie zuvor

Nun ist klar, wohin die Auftragsflut führte. Im Juni habe man Bestellungen über 902 Flugzeuge eingesammelt, teilte der DAX-Konzern am Freitag mit. Eine enorme Zahl – und auch ein Rekord? „Der Juni war der Monat mit den meisten festen Bestellungen innerhalb eines Monats“, sagte Airbus-Sprecher Daniel Werdung auf Anfrage unserer Redaktion: „Bis dahin lag der Rekord bei 841 im Dezember 2017.“

Damit sind es bisher 1080 Jets, die im ersten Halbjahr bestellt wurden – das sind mehr als in mehreren Gesamtjahren. 2018 waren es beispielsweise nur 831. Der Jahresbestwert datiert aus 2014 mit 1796.

Airbus erhält im Juli weitere Bestellungen

Im Juli kamen bereits weitere Maschinen hinzu. Die isländische Fluglinie Icelandair bestellte am Donnerstag 13 A321XLR fest. Die mexikanische Billigfluggesellschaft Viva Aerobus gab einen Tag zuvor eine Absichtserklärung über die Order von 90 A321neo-Flugzeugen ab. Die Umwandlung in eine Festbestellung dürfte in den nächsten Monaten folgen.

Vor allem das Geschäft mit dem Verkaufsschlager A320neo-Familie brummt. 938 der in diesem Jahr georderten Maschinen gehören zu dem einstigen Kurz- und Mittelstreckenflugzeug, das durch den Einbau eines neuen Tanks im Frachtraum als XLR künftig auch auf der Langstrecke eingesetzt werden kann. Umgerechnet entspricht das 86 Prozent aller Bestellungen im Jahr 2023.

Hamburger Airbus-Werk wird durch Aufträge gestärkt

Das ist eine gute Nachricht für das Hamburger Werk. Finkenwerder ist das Kompetenzzentrum für die A320-Familie, etwa jedes zweite Flugzeug der Reihe wird an der Elbe endmontiert. Das Unternehmen hat die tiefe Corona-Krise längst durchschritten und will die Fertigung deutlich erhöhen. Von zum Jahresanfang 45 Maschinen pro Monat soll die Rate auf 75 im Jahr 2026 steigen.

Um den Hochlauf zu schaffen, baut der Luft- und Raumfahrtkonzern massiv Personal auf. 1300 Stellen sollen in diesem Jahr in der Hansestadt geschaffen werden. Ende Dezember könnten rund 16.000 Beschäftigte bei Airbus in Hamburg arbeiten.

Airbus hinkt bei den Auslieferungen hinterher

Bei den Auslieferungen wird der Flugzeugbauer in den restlichen sechs Monaten aber noch Gas geben müssen. Im Juni wurden 72 Maschinen an 48 Kunden übergeben. Das ist zwar der beste Monatswert in diesem Jahr. Summiert kommt man 2023 aber erst auf die Übergabe von 316 neuen Flugzeugen.

Zielmarke des Managements um Vorstandschef Guillaume Faury sind rund 720 Maschinen – mathematisch hinkt man also gut 40 Stück hinterher. Allerdings gehört eine Steigerung der Auslieferungen insbesondere im November und Dezember schon fast zur Airbus-Tradition.

Berenberg Bank empfiehlt, Airbus-Aktie zu verkaufen

Man liege erst bei 44 Prozent des Jahreszieles rechnete die Berenberg Bank in einer aktuelle Analyse aus. In den vergangenen 20 Jahren habe dieser Wert zur Jahresmitte bei 48 Prozent gelegen. Das Unternehmen habe noch viel Arbeit vor sich, so die Hamburger Privatbank. Das Kursziel wurde bei 100 Euro belassen, auch die Einschätzung „Verkaufen“ blieb unverändert.

Die Deutsche Bank sieht den Flugzeugbauer hingegen auf einem guten Weg, die Prognose zu erfüllen. Das Urteil blieb unverändert „Halten“ mit Kursziel 127 Euro. Am Freitagnachmittag notierte die Aktie 1,6 Prozent höher bei 131,46 Euro.