Hamburg. Lampen aus diesem Geschäft hängen in vielen Hamburger Wohnungen. Nun suchen die Eigentümer dringend einen Investor.

Klaus Oberdick und Steffen Drewes waren guter Dinge: „Wir haben Medusa gerettet“, sagten die beiden Mitbesitzer des Hamburger Lampenfachgeschäfts in Eimsbüttel.Das war Ende 2019. Dreieinhalb Jahre später klingt das ganz anders. „Wir brauchen jemanden mit Zeit, Geld und neuen Ideen“, sagt Drewes. Andernfalls droht dem Kultladen für Antiquitäten, Möbel, Lampen und insbesondere Kronleuchter an der Gärtnerstraße in Eimsbüttel schon in wenigen Wochen das Aus.

Geöffnet ist das weitläufige Geschäft mit 16 Ausstellungsräumen derzeit nur donnerstags, freitags und sonnabends. Von ehemals sechs Angestellten sind noch zwei geblieben. Geschäftsführer Drewes genehmigt sich selbst bereits seit dem vergangenen Herbst nurmehr ein symbolisches Monatsgehalt von 500 Euro.

Einzelhandel Hamburg: Kultladen für Kronleuchter in Hamburg droht das Aus

Wie ernst die Lage ist, lässt sich im Online-Portal Insolvenzbekanntmachungen nachlesen. Das Amtsgericht Hamburg hat den Hamburger Rechtsanwalt Tjark Thies zum vorläufigen Insolvenzverwalter der Medusa Handels GmbH & Co. bestellt. Er hat noch bis Ende August Zeit, die Eröffnung des regulären Insolvenzverfahrens abzuwenden. „Wir sind auf der Suche nach einem Investor“, sagt Thies.

Bleibt diese Suche erfolglos, dürfte an der Gärtnerstraße ein großer Ausverkauf beginnen. Spätestens zum Jahresende wäre Medusa wohl Geschichte – ausgerechnet im 40. Jahr des Bestehens.

Lange war der verschachtelte Laden, in dem Kunden nach Kronleuchtern suchten und zudem vielerlei andere Lampen und Einrichtungsgegenstände fanden, eine Erfolgsgeschichte. Das Unternehmen konnte gut leben von Menschen, die die hohen, stuckverzierten Decken ihrer Eppendorfer und Eimsbütteler Altbauwohnungen mit ausladenden Leuchtern behängten und antiquarisches Mobiliar drunterstellten.

Ende 2019 war die erste Krise überwunden – dann kam eine noch größere

Schon Mitte der 2010er-Jahre aber geriet der Laden erstmals in die Krise: Das Sortiment setzte zu stark auf Hochpreisiges, zudem hatte wohl auch der Gründer nach mehr als 30 Jahren den Elan verloren. Medusa stand zum Verkauf. Drewes, Oberdick und sein Sohn übernahmen. Ursprünglich war das Trio nur auf der Suche nach Verkaufsräumen für das gemeinsame Online-Gartenmöbelunternehmen Green Spirit gewesen. Doch das Flair des Geschäfts, das sich über das Erdgeschoss von zwei Altbauten erstreckt, ließ sie umdenken.

Medusa wurde aufgehübscht, das Sortiment umgestellt und erweitert: mehr Accessoires. Einen umfangreichen Onlineshop allerdings gab es weiterhin nicht. Die neuen Eigentümer verzichteten bewusst darauf: zu aufwendig für ein Unternehmen, das besonders viele Einzelstücke im Sortiment hat. Und darunter überwiegend solche, die Käufer gesehen und angefasst haben wollen, bevor sie zahlen, so die Analyse damals. Es waren zwei Fehleinschätzungen, die sich schon bald rächen sollten.

Neue Eigentümer wollten keinen Onlineshop – das war ein Fehler

„Man hat sicherlich den Onlinehandel zu lange vernachlässigt“, sagt Tjark Thies in seiner Analyse der Gründe für die überlebensbedrohliche Krise bei Medusa. Steffen Drewes sagt in der Rückschau: „Wir haben zu sehr auf Wohnaccessoires gesetzt, die es auch bei Depot oder Butler’s gibt. Das war ein Fehler.“ Doch Ende 2019 war erst mal alles gut bei Medusa. So schien es den damals neuen Eigentümern jedenfalls.

Stehlampen, Tischlampen, Wandlampen, Antiquitäten – und sehr, sehr viele Kronleuchter: Steffen Drewes (l.) und Klaus Oberdick waren seit 2018 Mitbesitzer von Medusa an der Gärtnerstraße in Eimsbüttel.
Stehlampen, Tischlampen, Wandlampen, Antiquitäten – und sehr, sehr viele Kronleuchter: Steffen Drewes (l.) und Klaus Oberdick waren seit 2018 Mitbesitzer von Medusa an der Gärtnerstraße in Eimsbüttel. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services | Michael Rauhe

Wenige Monate später begann die Corona-Pandemie, weitere zwei Jahre danach der russische Angriffskrieg auf die Ukraine mit seinen dramatischen Folgen auch für Verbraucher hierzulande. Wobei die Pandemie eher eine Berg-und-Tal-Fahrt war für den Lampenladen. Insgesamt sechs Monate Lockdown-Schließung, kein Überbrückungsgeld, doch zwischendurch hohe Umsätze und viele Kunden im Geschäft, die es sich daheim schön machten. Das Geld war da. „Wir haben den Lockdown genutzt, um dann doch einen Onlineshop aufzubauen und eine Mitarbeiterin für ihn einzustellen. Das waren massive Investitionen“, sagt Drewes.

Seit Februar 2022 aber geht es vorwiegend bergab. „Die Kunden aus dem Mittelstand geben ihr Geld für anderes aus und halten es zusammen“, sagt Drewes. Als nach der üblichen Umsatzflaute im Sommer 2022 die Erlöse nicht wieder in Gang kamen, strich er das Marketingbudget und war gezwungen, Entlassungen auszusprechen. Auch gegenüber der Onlineshop-Betreuerin.

Medusa – die Finanzlage ist prekär, Besserung nicht in Sicht

Und spätestens von diesem Frühjahr an war klar, dass die Finanzlage prekär und keine Besserung in Sicht ist. Der Gründer, der noch einige Prozent an der Medusa GmbH hält, habe kein Interesse, frisches Geld zu geben, heißt es. Green Spirit kann es nicht. Die Gartenmöbelfirma ist bereits seit 2022 in Liquidation. Deren Insolvenzverwalter gibt kein Geld in ein existenzbedrohtes Geschäft.

Während Medusa um das Überleben ringt, haben andere in der Branche bereits aufgegeben: Der Lampenladen Regenbogen Leuchten an der Ludwig-Erhard-Straße ist verschwunden, ebenso die Filiale des Unternehmens in Berlin-Charlottenburg. Bereits Ende 2021 hatte das 1889 gegründete Hamburger Traditionsgeschäft Ewige Lampe den Geschäftsbetrieb nach Räumungsverkauf eingestellt. Begründung: die hohe Miete an der Topadresse am Alten Wall.

Die „sehr wohlwollenden Vermieter“ an der Gärtnerstraße sind für Steffen Drewes einer von mehreren Gründen, trotz allem optimistisch zu sein, dass Medusa die Abwärtsspirale aus sinkenden Umsätzen, weniger Personal und Reduzierung der Öffnungszeiten durchbrechen kann und mit einem neuen Eigentümer eine Zukunft hat. „In unserer Nische sind wir im Norden einzigartig und haben unbedingt eine Existenzberechtigung“, sagt der Geschäftsführer, der selbst einer der Medusa-Gläubiger ist.

Einzelhandel Hamburg: Ein Geschäft wie kein zweites im Norden

Es kämen zwar derzeit wenige Kunden, aber zwischendurch eben auch welche, die dann in großem Stil einkaufen. Eine Hoffnung ist, dass einer der Hersteller und Lieferanten einsteigt. „Die würden ja einen Teil ihres Umsatzes einbüßen, wenn es Medusa nicht mehr gibt.“ Und auch die Werkstatt mit Reparaturservice ist ein Pfund, mit dem sich gegenüber Interessenten wuchern lässt. Das Gehalt für die letzte Verkäuferin und für den Werkstatt-Mitarbeiter ist noch bis Ende August durch Insolvenzgeld abgesichert.

Drewes hat seit April einen neuen Job, den er vorwiegend als Stallwache in den Geschäftsräumen erledigen kann. Der 36-Jährige will sich nach mehr als fünf Jahren Medusa über kurz oder lang zurückziehen, denkt über Familiengründung nach. Einige Zeit noch als Berater oder auch Geschäftsführer tätig sein, das kann er sich aber vorstellen. „Meinetwegen auch auf 520-Euro-Basis.“ Ein paar Ideen, was man besser machen könnte, hat er schon.

Aber er will jetzt endlich auch mal wieder Zeit haben. „Dass der Mann nur 500 Euro nach Hause bringt, wird ja vielleicht noch akzeptiert, wenn die Frau selbst gut verdient. Aber sicher nicht, dass man im Grunde nie Zeit hat“, sagt Steffen Drewes. Dann lächelt er bitter.