Hamburg. Rhabarber hat eine lange Geschichte in Bergedorf. Hartmut Kock aus Ochsenwerder baut das Gemüse an. Wie es früher gegessen wurde.

Saft, Kompott, Kuchen, Marmelade oder sogar Suppe: Rhabarber ist wieder im Kommen. Die pikant-säuerlich schmeckende Pflanze findet sich in zahlreichen Produkten in den Supermärkten wieder. Vor allem Rhabarbermixgetränke steigern die Nachfrage nach dem Gemüse. Und so wird viel Rhabarber zu Saft und Konzentrat verarbeitet. Prof. Torkild Hinrichsen, ehemaliger Direktor des Altonaer Museums, widmet der Pflanze einen langen Artikel im aktuellen Lichtwarkheft.

In seinem mit vielen alten Fotos bebilderten Text „Rhabarber machen!“ berichtet Hinrichsen, dass die Pflanze bereits vor fast 5000 Jahren in China medizinisch verwendet worden ist, „die älteste bekannte pflanzliche Arznei überhaupt“. In Vierlanden werde das Gemüse seit 1848 kultiviert. Die Vier- und Marschlande seien damals deutschlandweiter Vorreiter gewesen. Bei der Hamburger Gartenbauausstellung 1897 sei Rhabarber neben Spargel tonangebend gewesen. 1930, so schreibt Hinrichsen, waren 25 Prozent des Bodens der Gärtner in den Vier- und Marschlanden mit Freilandrhabarber bepflanzt – 134,5 Hektar.

Rhabarber: Hartmut Kock baut Vierländer Traditionsgemüse seit 1980 an

In den 1960er-Jahren verlor Rhabarber als erstes frisches Gemüse der Saison immer mehr an Bedeutung. Er wurde „von der breitgefächerten Ernte aus dem Ausland verdrängt“, schreibt Hinrichsen. „Und so geriet der Rhabarber zunächst aus der Mode.“ Mit wenigen Ausnahmen seien die Felder aufgegeben worden. Die Wurzelknollen seien ausgepflügt, in Säcke gefüllt und und an holländische Pflanzenhändler verkauft worden, „die aus einer Knolle ein Dutzend Ableger als Topfware machen konnten“. Daraufhin habe es die Pflanze plötzlich wieder im Gartenmarkt gegeben, sei sie als etwas Neues in den Gartenzeitschriften vorgestellt worden.

Torkild Hinrichsen, Kunsthistoriker und ehemaliger Direktor des Altonaer Museums, hat sich ausgiebig mit Rhabarber befasst. Er veröffentlichte 2003 das Büchlein „Rhabarber, Rhabarber!“, veröffentlichte nun einen langen Artikel über die Pflanze im Lichtwarkheft.
Torkild Hinrichsen, Kunsthistoriker und ehemaliger Direktor des Altonaer Museums, hat sich ausgiebig mit Rhabarber befasst. Er veröffentlichte 2003 das Büchlein „Rhabarber, Rhabarber!“, veröffentlichte nun einen langen Artikel über die Pflanze im Lichtwarkheft. © Lena Diekmann

Rhabarber ist gesund, obwohl die rot-grünen Stangen zu 90 Prozent aus Wasser bestehen. Dafür haben es die restlichen zehn Prozent in sich: Sie enthalten vitalisierende Mineralstoffe wie Kalium und Eisen und Phosphor, die Vitamine C und K, aber kaum Kalorien. Und: Das Stangengemüse ist ballaststoffreich und sättigt. Aufgrund der im Rhabarber enthaltenen Oxalsäure, wird davon abgeraten, das Gemüse roh zu verzehren. Außerdem sollten die Blätter aufgrund des besonders hohen Oxalsäuregehalts nicht verwertet werden. Die Säure verhindert die Umsetzung der Kalzium-Wirkstoffe im Körper.

Hartmut Kock, Gärtnermeister aus Ochsenwerder, hat sich bereits vor 43 Jahren auf das Gemüse, das wie Sauerampfer zu den Knöterichgewächsen zählt, spezialisiert. Am Ochsenwerder Norderdeich baut er auf 15.000 Quadratmetern Rhabarber an. „Es ist ein Gemüse mit vielen Vitaminen, das hier wächst und deshalb eine gute CO2-Bilanz hat“, sagt er.

Rhabarber: Die Ernte ist arbeitsaufwendig

Wird die Wurzel einmal eingepflanzt, können die 30 bis 50 Zentimeter langen Stängel drei, vier Jahre in Folge geerntet werden, betont der 65-Jährige. In jedem Herbst pflanzt der Gärtnermeister Wurzeln der krautigen Pflanze neu, „dann werden Jahr für Jahr etwa 20 Prozent des Gesamtbestands neu gepflanzt.“ Derzeit erntet er Pflanzen, die im vierten Jahr wachsen – Restbestände, denn die Haupternte (April bis Juni) ist vorbei. „Das Meiste ist geerntet und verkauft“, sagt Kock.

Hartmut Kock mit frisch geerntetem Rhabarber.
Hartmut Kock mit frisch geerntetem Rhabarber. © Heyen

Die „Bülten“ (Rhabarberköpfe), die er in dieser Saison erntet, hätten die Sonnenenergie vom Sommer 2022 gespeichert, sagt der Gärtnermeister. „Sie müssen mindestens ein Jahr lang wachsen.“ Die Ernte ist Die Ernte ist arbeitsintensive Handarbeit: Jeder Stengel wird aus dem Rhabarberkopf gezogen. Die großen Blätter werden mit einem großen Messer, einer Art Buschmesser, abgeschlagen. Doch die Pflanze hat auch Blätter am unteren Ende, sogenannte Hochblättchen. Die kleinen Blätter zupft er mit der Hand ab.

Rhabarber lässt sich gut mit Erdbeeren mixen

In der Erdbeerzeit (Mai bis Juli) sei Rhabarber besonders gefragt, betont Kock: „Viele Menschen mischen Rhabarber mit Erdbeeren bei der Produktion von Marmelade, die dann nicht so wässrig wird und besser geliert.“ Der Rhabarber-Experte baut fast nur roten Rhabarber an: „Grüne Pflanzen habe ich nur wenige. Das ist mehr so ein Hobby.“

Zur Haupterntezeit wird Kock von Helfern verstärkt, nun ist er allein auf dem Feld im Einsatz. Kock verkauft seinen Rhabarber auf dem Hamburger Gemüsegroßmarkt und auf dem Wochenmarkt am Goldbekufer. Sein zweites Standbein ist der Anbau und Verkauf von Sommerblumen, die er parallel zum Rhabarber anbaut. Auf dem Hamburger Großmarkt werde auch viel Rhabarber aus Süddeutschland gehandelt, weiß Kock. Er persönlich genießt Rhabarber „am liebsten als Kompott mit Vanilleeis“.

Bio-Rhabarber deutlich teurer geworden

Bei Behncken’s Vierländer Gemüsestand am Süderquerweg ist Rhabarber weniger angesagt, „weil es sich um Bio-Pflanzen handelt“, sagt Mitarbeiter André Timmann und fügt hinzu: „Die Preise dafür sind drastisch gestiegen. Schuld daran sind die allgemeinen Kostensteigerungen.“ Im Vergleich zum Vorjahr sei etwa ein Drittel weniger Rhabarber verkauft worden. Verkaufspreis: 4 bis 5 Euro pro Kilogramm. Konventioneller kostet etwa die Hälfte.

Das Lichtwarkheft (Nummer 84) ist im Buchhandel und im Kultur- & Geschichtskontor am Reetwerder 17 für 8 Euro erhältlich.