Hamburg. Hamburgs Sparda-Chef Liesegang fordert Änderungen beim umstrittenen Heizungsgesetz und Entlastung für junge Familien.

Stephan Liesegang ist kein Freund verbaler Umwege, der Vorstandsvorsitzende der Sparda Bank Hamburg bevorzugt Klartext. Beim exklusiven Termin mit dem Abendblatt zur Geschäftsentwicklung des genossenschaftlich organisierten Instituts spricht er vom „schwierigsten Umfeld seit Bestehen der Bank“. Und die Sparda Bank Hamburg gibt es immerhin seit 120 Jahren.

Das Problem: der rasante Anstieg der Zinsen in kürzester Zeit, ausgelöst durch die radikale Wende der Europäischen Zentralbank (EZB) in ihrer Geldpolitik, um die ausufernde Inflation einzudämmern. Die Folge: Ein starker Rückgang des Baufinanzierungsgeschäfts. Denn teure Baukredite gepaart mit sehr hohen Haus- und Wohnungspreisen führen quasi zum Stillstand auf dem Immobilienmarkt. Und Liesegang ist sich sicher: Die Preise für Wohnungen und Häuser werden weiter fallen.

Immobilienpreise dürften auch in Hamburg weiter sinken

„Ich habe noch nie eine solche Verunsicherung gespürt bei den Kunden und uns“, sagt Liesegang. Der Blick auf die Zahlen in der Baufinanzierung unterstreicht diese Aussage. Bereits 2022 ging das Neugeschäft der Sparda Bank Hamburg bei Baufinanzierungen um rund drei Prozent auf 512 Millionen Euro zurück. Aktuell spricht Liesegang davon, dass man bis Ende Mai sogar „30 bis 40 Prozent unter dem Ziel für 2023“ liege. Und dieses ist ohnehin eher bescheiden mit 500 Millionen Euro angesetzt worden.

Der Sparda-Chef nimmt die Politik in die Pflicht, die aus seiner Sicht einen „großen Anteil an der Verunsicherung“ habe. Vor allem das viel diskutierte Heizungsgesetz muss aus seiner Sicht dringend und umfassend nachgebessert werden: „Die Bürger brauchen eindeutige Klarheit, dass sie ohne Angst eine Immobilie erwerben können, egal mit welcher Energiequelle diese beheizt wird.“

Immobilienpreise sind auch in Hamburg noch zu hoch

Doch Liesegang geht noch weiter: Aus seiner Sicht sollte die Grunderwerbssteuer für junge Familien, die erstmals eine Immobilie kaufen, abgeschafft werden. Immerhin liegt diese Abgabe aktuell in Hamburg bei 5,5 Prozent, der Senat hatte sie erst zum Jahreswechsel um einen Prozentpunkt angehoben. Bei einem Kaufpreis für ein Haus in Höhe von 800.000 Euro muss eine junge Familie folglich aktuell 44.000 Euro an den Fiskus überweisen. Hinzu kommen Notargebühren, Kosten für den Grundbucheintrag und womöglich die Maklercourtage. Alles zusammen kann sich schnell auf fast 90.000 Euro summieren.

Und Liesegang ist sich sicher, dass die höheren Zinsen kein kurzfristiges Phänomen sind – dennoch sieht er sie nicht als das einzige Problem beim Hauskauf. Die Kombination mit den weiterhin sehr hohen Angebotspreisen auf dem Immobilienmarkt ist für ihn verheerend. Und deshalb ist er sich sicher: „Die Immobilienpreise in Deutschland werden in den kommenden zwei Jahren im Schnitt um 30 bis 40 Prozent sinken.“ Für Verkäufer hält er diesen Abschlag sogar für erträglich, schließlich seien die Preise in den vergangenen Jahren besonders stark gestiegen – gerade in den Metropolen.

Preise für Immobilien sinken auch im Hamburger Umland

Und genau in diesen begehrten Lagen dürften die Abschläge aus seiner Sicht auch geringer ausfallen. „In Hamburg erwarte ich Preisrückgänge im Schnitt um zehn bis 20 Prozent – aber das Niveau wird dann immer noch vergleichsweise hoch sein.“ Auch im Hamburger Umland geht der Banker von Abschlägen in Höhe von zehn bis 20 Prozent aus. Denn mit Blick auf das immer weiter verbreitete Homeoffice differenziert Liesegang nicht mehr so stark zwischen angrenzender Region und Metropole.

Die voraussichtlich langfristig hohen Zinsen könnten aus Liesegangs Sicht allerdings zu einem weiteren Problem führen: „Denn was geschieht, wenn sie so hoch bleiben und in acht Jahren die Anschlussfinanzierungen für Käufer anstehen, die noch für einen Zins von weniger als einem Prozent ihren Immobilienkredit aufgenommen haben?“ Liesegang spricht von einer „womöglich gefährlichen Phase.“

Sparda Bank Hamburg gewinnt neue Kunden für das Girokonto

Allerdings ist das Immobiliengeschäft nicht der einzige Bereich, in dem die Sparda Bank unterwegs ist. Insgesamt hat die Bilanzsumme im vergangenen Jahr um 5,7 Prozent auf 4,4 Milliarden Euro zugelegt. Der Zinsüberschuss stieg um 5,4 Millionen auf 47 Millionen Euro, während der Provisionsüberschuss leicht um 0,55 Millionen auf 18,8 Millionen Euro fiel.

Die Kundeneinlagen stiegen um 5,8 Prozent auf gut vier Milliarden Euro. Allerdings ist die Zahl der Girokonten im vergangenen Jahr um rund 3400 auf etwa 184.100 zurückgegangen. Eher überraschend: Schließlich bietet die Sparda Bank dieses Konto bei regelmäßigem Geldeingang kostenlos an. „Wir haben in der Vergangenheit Qualitätsprobleme gehabt“, sagt Liesegang selbstkritisch. So verlangte das Geldinstitut nicht nur Negativzinsen, die Callcenter-Beschäftigten seien „schlecht erreichbar“ gewesen und man habe kaum Werbung gemacht.

Sparda Bank Hamburg steckt mehr Geld in Werbung

An diesen Problemen habe man aber inzwischen intensiv gearbeitet. Es sei wieder Personal eingestellt worden, zudem hole man sich mittlerweile bei der telefonischen Kundenbetreuung Hilfe von Fremdfirmen und bewerbe das Konto sehr viel offensiver. Die ersten Zahlen für 2023 deuten tatsächlich auf eine Wende zum Besseren hin. Bis Anfang Juni konnten bereits 3000 Neukunden für das kostenlose Girokonto gewonnen werden.