Hamburg. Neue Studie sieht dramatische Entwicklung bis 2040. Älteren Menschen in Hamburg könnte sogar Obdachlosigkeit drohen.

Die Hansestadt muss sich auf immer mehr ältere Menschen einstellen. Bis zum Jahr 2040 wird die Bevölkerungsgruppe der über 64-Jährigen um 23 Prozent wachsen, wie aus einer aktuellen Studie des Pestel-Instituts hervorgeht. So werden im Jahr 2040 430.000 Einwohnerinnen und Einwohner 65 Jahre und älter sein. Schon im Jahr 2032 wird die Marke von 400.000 überschritten. Aktuell leben rund 350.000 über 64-Jährige in Hamburg. Eine Zunahme von acht Prozent wird es bei den über 80-Jährigen in Hamburg geben: von heute 121.000 auf 130.651 im Jahr 2040.

Die Folgen dieser Entwicklung für den Arbeitsmarkt werden schon länger diskutiert, aber die Auswirkungen für den Wohnungsmarkt sind nicht weniger gravierend. „Die einzig sicher wachsende Altersgruppe ist die Ruhestandsbevölkerung“, sagt Matthias Günther, Vorstand des Pestel-Instituts. Doch es fehlt an geeignetem Wohnraum für diese Bevölkerungsgruppe.

Rund 60.000 seniorengerechte Wohnungen benötigt Hamburg bis 2040, wenn man unterstellt, dass zunächst nur ein Teil der Senioren mobilitätseingeschränkt ist. Bundesweit werden bis 2040 insgesamt 3,3 Millionen altersgerechte Wohnungen benötigt.

Wohnen Hamburg: Ältere Menschen brauchen bodengleiche Duschen

Gerade bei den über 80-Jährigen ist barrierefreies Wohnen essenziell. Denn ab diesem Alter nimmt die Pflegebedürftigkeit stark zu. Je altersgerechter die Wohnung ist, desto länger kann die Betreuung im häuslichen Umfeld erfolgen. „Der Umzug in ein Pflegeheim ist die schlechteste Lösung von allen, sowohl aus persönlicher wie auch gesellschaftlicher Sicht“, sagt Günther. Denn es ist die teuerste Variante, die noch mehr Menschen von staatlicher Unterstützung abhängig macht.

Doch Wohnungen mit Aufzug, breiten Türen, bodengleichen Duschen und ohne Schwellen werden nach Günthers Einschätzung „auch von anderen, jüngeren Haushalten sehr gern angenommen“. Der Preis solcher Wohnungen regele, wer sie bekomme, sagt Günther.

Studie warnt: Alternde Bevölkerung droht Obdachlosigkeit

Bei den finanziellen Möglichkeiten sind die Senioren eher schlecht aufgestellt. Rund 50 Prozent dieser Haushalte haben schon jetzt weniger als 2000 Euro netto im Monat zur Verfügung. „Für die geburtenstarken Jahrgänge, also die Senioren von morgen, wird es finanziell noch enger“, so Günther.

Seine Befürchtungen reichen bis hin zur wachsenden Obdachlosigkeit im Alter. Hier sei ein dramatischer Anstieg zu erwarten. „Es ist darüber hinaus zu befürchten, dass künftig zwei Drittel der Seniorenhaushalte, die in einer Mietwohnung leben, sich bei steigenden Wohnkosten immer mehr einschränken müssen, weil die Rente für den bisherigen Lebensstandard nicht mehr reicht“, sagt Günther. „In Zukunft werden deutlich mehr Menschen als heute auf staatliche Unterstützung angewiesen sein, um überhaupt ein Dach über dem Kopf zu haben.“

Hohe Investitionen lohnen sich für Ältere nicht mehr

Ursache für diese Entwicklung sind neben der Wohnungsknappheit die hohen Kosten aus der energetischen Sanierung, die Eigentümern wie auch Mietern drohen. Das können sich viele nicht leisten. „Es nützt einem Käufer oder Mieter eine sehr dichte Gebäudehülle gar nichts, wenn er 60 Jahre dafür braucht, die Mehrkosten durch weniger Heizenergie einzusparen, oder die Mieten sich um 2 bis 3 Euro je Quadratmeter erhöhen, um die Kosten der Mehrinvestition aufzufangen“, sagt die Bauingenieurin und Bauunternehmerin Gisela Raab.

Günther plädiert für mehr staatliche Programme für altersgerechtes Wohnen, etwa in Zweifamilienhäusern. Viele davon werden heute nur noch als Einfamilienhaus genutzt und könnten wieder in zwei Wohnungen aufgeteilt werden, eine davon altersgerecht.

Wohnen Hamburg: Hansestadt bleibt jünger als andere Städte

Für Hamburg gibt es aber auch noch eine gute Nachricht. Während es nach der Studie Regionen geben wird, in denen der Anteil der Senioren bei über 40 Prozent liegen wird, bleibt der Anteil in Hamburg auch in den kommenden Jahrzehnten bei rund 20 Prozent. Experte Günther: „Relativ jung bleiben die Städte mit den Bildungseinrichtungen, die zu einem steten Zustrom junger Menschen führen.“