Hamburg. ETFs? Immobilie? Aktien? Finanzexpertin Sandra Klug gibt wichtige Tipps. Und sie nennt überraschende Risiken beim Festgeld.
Sie ist seit fast 20 Jahren bei der Hamburger Verbraucherzentrale. Zunächst als Honoraranwältin, später angestellt. Mittlerweile hat sich Sandra Klug auch bundesweit als Expertin für Geldanlage einen Namen gemacht. Das Abendblatt sprach mit der 47-jährigen über ihr eigenes Anlageverhalten, Immobilienpreise, Aktien, ETFs und die Frage, welchen nationalen Sicherungssystemen sie beim Festgeld vertraut.
Hamburger Abendblatt: Legt die Finanzexpertin der Verbraucherzentrale ihr Geld genauso professionell an, wie sie es den Verbrauchern empfiehlt?
Sandra Klug: Da habe ich eine gute Ausrede (lacht). Denn ich habe eine Immobilie in Hamburg – und da stecke ich das meiste Geld hinein. Ich habe aber auch etwas Geld auf dem Tagesgeldkonto und in ETF-Sparplänen.
Sollte man aus Ihrer Sicht aktuell eine Immobilie kaufen?
Eine Immobilie als Altersvorsorge kann Sinn machen, wenn man sie sich leisten kann. Doch da müssen die meisten Hamburger mit Blick auf die weiterhin sehr hohen Preise und deutlich gestiegenen Finanzierungskosten abwinken. Letztlich ist ein Immobilienkauf immer eine sehr individuelle Entscheidung: Wenn man – zum Beispiel über ein Erbe – die Finanzierung seriös hinbekommt und von der angebotenen Immobilie zu 100 Prozent überzeugt ist, dann sollte man ruhig zugreifen. Wie sich die Preise entwickeln, kann heute keiner sagen.
Wie sollte jemand, der 100.000 Euro auf dem Sparbuch hat, dieses Geld anlegen?
Das kommt sehr stark auf die aktuelle Lebenssituation des einzelnen an.
Schauen wir auf einen 40-jährigen, der eine Immobilie hat, diese noch abbezahlt und nun 100.000 Euro erbt.
Wenn die Immobilie noch nicht abbezahlt und eine Sondertilgung möglich ist, wäre diese sicherlich sinnvoll. Man sollte auf jeden Fall schauen, dass noch vorhandene Schulden für die Immobilie zügig abbezahlt werden. Solange Sondertilgungen nicht möglich sind, könnte man das Geld auf einem Festgeldkonto parken. Da gibt es aktuell interessante Angebote über zwei, drei Jahre mit mehr als drei Prozent Zinsen pro Jahr. Dafür muss man sich aber von seiner Filialbank oder Sparkasse verabschieden.
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Worauf sollte man bei der Festgeldanlage achten?
Zunächst einmal muss einem bewusst sein, dass Banken, die diese hohen Zinsen bieten, fast immer nur online oder telefonisch erreichbar sind. Es gibt also keinen direkten Kontakt mehr zu Beschäftigten in einer Filiale. Damit muss man klarkommen. Zudem sollte man auf die Einlagensicherung schauen. Viele der attraktiven Angebote unterliegen nicht der deutschen Einlagensicherung.
Halten Sie andere nationale Einlagensicherungen in Europa für problematisch? Letztlich garantiert doch jedes Land von Portugal über Frankreich bis Estland eine Einlage von 100.000 Euro pro Person, sollte die Bank pleite gehen.
Ich wäre da vorsichtig. Denn ich kann nicht beurteilen, ob wirklich jedes Land in Süd- und Osteuropa in der Lage ist, im Falle einer Bankenpleite diese Entschädigungen im vollen Umfang zu leisten. Wenn man im Ausland Geld anlegt, dann lieber in Nordwesteuropa.
Frankreich wäre also noch in Ordnung?
Ja – und auch die Benelux-Staaten.
Spanien oder Portugal?
Da würde ich schon genauer hinschauen.
Und Italien?
Bei Italien wäre ich vorsichtig. Das Land ist politisch schon länger sehr instabil, die Ratings sind nicht gut.
Macht es überhaupt Sinn, sich an diesen Ratings zur Kreditwürdigkeit einzelner Banken und Länder zu orientieren?
Da stellt sich immer die Frage, wer macht diese Ratings? Das und die Kriterien sind für einen privaten Kunden nicht immer zu durchschauen, allerdings bedarf es einer Orientierung.
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Die Europäische Zentralbank plant weitere Leitzinserhöhungen. Gehen Sie davon aus, dass deshalb auch die Tages- und Festgeldzinsen weiter zulegen werden?
Die letzte Leitzinserhöhung hat sich nicht mehr so stark auf die Sparzinsen ausgewirkt. Aber es kann mit den Zinsen auf den Tages- du Festgeldkonten durchaus noch ein wenig nach oben gehen. Dennoch verschenkt man auch mit jedem Monat, in dem man nicht handelt, Zinsen. Deshalb könnte man jetzt zum Beispiel sein Geld für ein Jahr festlegen und dann schauen, wie sich die Zinsen entwickelt haben und gegebenenfalls die Bank erneut wechseln. Es gibt auch Produkte mit fester Zinstreppe, bei denen die Zinssätze von Jahr zu Jahr steigen, man aber nach einem Jahr sein Geld wieder mit kurzer Kündigungsfrist abziehen kann – die Gefa und die Bausparkasse Mainz haben solche Angebote.
Kommen wir zur Aktienanlage. Lohnt sich das Investment an der Börse für jeden oder ist man irgendwann zu alt dafür?
Wer an der Börse sein Geld anlegt, sollte nicht zu kurzfristig denken. Man sollte einen Anlagezeitraum von mindestens zehn Jahren haben. Wer sein Geld vorher benötigt, sollte bei den volatilen Kursen eher die Finger von Aktien lassen. Man muss die Zeit haben, um auch die Tiefs an der Börse aussitzen zu können. Und man sollte nicht allzu panisch handeln. Es macht überhaupt keinen Sinn in einer Tiefphase an der Börse panisch zu verkaufen – so verbrennt man nur sein Geld.
Lieber Einzelaktien oder Fondsprodukte?
Für den Otto Normalanleger ist eine Einzelaktie sehr riskant. Da ist ein Fonds deutlich risikoärmer und mit weniger Aufwand verbunden. Wir empfehlen zu Beginn ETFs, die weltweite Indizes abbilden und nicht aktiv gemangt werden. Denn das aktive Managen kostet zu viel Geld, was man sich sparen kann.
Benötigt man dafür Bank- oder Vermögensberater?
Aus unserer Sicht kann man das Geld in ETFs problemlos alleine anlegen. Das ist keine Raketenwissenschaft. Ein wenig Beratung von einem Honorarberater, von der Verbraucherzentrale oder der Blick in Finanztest-Hefte ist dafür ausreichend. Bei anderen so genannten Beratern sollte man genau hinschauen. Sie sind Verkäufer, nicht wenige von ihnen versuchen vor allem Produkte zu verkaufen, für deren Vertrieb sie eine Provision bekommen. Das müssen dann aber nicht zwangsläufig die besten Anlagen sein.
Was halten Sie von Gold als Beimischung bei der Vermögensanlage?
Das macht nur bei sehr großen Vermögen Sinn. Und auch dann sollte man nie mehr als zehn Prozent in Edelmetalle investieren. Zudem schwankt der Goldpreis sehr stark, man hat das Währungsrisiko zum Dollar, eine breite Spanne zwischen An- und Verkaufspreis und man muss Barren oder Münzen möglichst in einem Schließfach deponieren – das kostet extra, wenn man überhaupt ein Schließfach findet.