Hamburg. Air Defender 23 wirbelt Flugplan durcheinander – zudem gibt es mal wieder lange Wartezeiten an der Sicherheitskontrolle.

Am Flughafen Hamburg hat es durch das Nato-Manöver Air Defender 23 bereits am Montag tagsüber erste Auswirkungen gegeben. Es sei „bereits heute zu zahlreichen Verspätungen vereinzelter Flüge in Hamburg“ gekommen, teilte Hamburg Airport am Montag mit.

Laut Airport-Homepage waren von den Verspätungen eine Vielzahl von Airlines und Richtungen betroffen. So flog eine Condor-Maschine nach Fuerteventura knapp zwei Stunden zu spät erst um 13.28 Uhr ab. Ein Air-France-Flieger zum Pariser Flughafen Charles De Gaulle hatte mehr als zwei Stunden Verspätung.

Flughafen Hamburg: Viele Verspätungen durch Nato-Manöver

Auch ein Flieger der polnischen Fluggesellschaft Lot nach Warschau hatte beim Start mehr als zwei Stunden Verspätung auf der Uhr. Ryanair hob mit fast zweieinhalb Stunden Verspätung nach Palma de Mallorca ab. SAS mit 2,5 Stunden nach Stockholm und fast drei nach Kopenhagen. Sun Express startete mit fast zweidreiviertel Stunden Verspätung Richtung Antalya, Turkish-Airlines-Passagieren nach Istanbul erging es ähnlich.

Die Deutsche Flugsicherung (DFS), die Fluggesellschaften, der Flughafen Hamburg und alle weiteren Partner am Standort arbeiteten mit Hochdruck daran, die Auswirkungen für die Passagiere so gering wie möglich zu halten, hieß es vom Helmut-Schmidt-Flughafen. Aufgrund der Dynamik der Übung sei es nicht möglich, die Beeinträchtigungen von Air Defender für einzelne Flüge vorherzusagen.

Was der Flughafen Hamburg Passagieren rät

Hamburg Airport bittet alle Passagiere, die während der bis Ende nächster Woche laufenden Übung einen Flug ab Hamburg Airport gebucht haben oder in Hamburg landen wollen, ihren Flugstatus laufend zu beobachten und sich bei Fragen an die jeweilige Fluggesellschaft zu wenden. Eine Vorhersage für die kommenden Tage sei leider nicht möglich.

Ein Flugzeug landet in der Dunkelheit auf dem Hamburger Flughafen. Normalerweise dürfen verspätete Flieger bis 0 Uhr in Fuhlsbüttel aufsetzen
Ein Flugzeug landet in der Dunkelheit auf dem Hamburger Flughafen. Normalerweise dürfen verspätete Flieger bis 0 Uhr in Fuhlsbüttel aufsetzen © Andreas Laible

Air Defender 23 begann am Montag und dauert noch bis Freitag, den 23. Juni. Geflogen wird montags bis freitags in drei Lufträumen über Deutschland, die dafür zeitweise für den zivilen Luftverkehr gesperrt werden. Das Nord-Gebiet erstreckt sich etwa von Fehmarn bis weit über die Nordsee. Über Land reicht es bis zur dänischen Grenze im Norden und dem Emsland im Süden. Militärisch geflogen wird hier täglich von 16 bis 20 Uhr.

Rund 2000 Flüge sind bei Air Defender 23 geplant

Das Ost-Gebiet fängt nördlich von Rügen an und geht bis zur tschechischen Grenze und ist für den Zeitraum zwischen 10 und 14 Uhr für die Übung vorgesehen. Das Süd-Gebiet zieht sich vom Fliegerhorst Lechfeld nahe Augsburg bis zur luxemburgischen Grenze und soll für militärische Flüge von 13 bis 17 Uhr genutzt werden.

25 Nationen wollen bei Air Defender 23 die Reaktionsfähigkeit ihrer Luftstreitkräfte in einer Krisensituation üben. Etwa 10.000 Soldaten und 250 Flugzeuge nehmen an der Übung teil. 2000 Flüge sind vorgesehen.

Wegen Nato-Manöver: Flugzeuge dürfen bis 1 Uhr starten und landen

Die Hansestadt Hamburg hatte wegen der Übung die Betriebszeiten des Flughafens erweitert. Flugzeuge dürfen am Helmut-Schmidt-Flughafen nun bis 1 Uhr starten und landen. Normalerweise sind verspätete Starts und Landungen für Maschinen bis Mitternacht erlaubt, die planmäßig bis 23 Uhr vorgesehen waren.

Vor dem Manöver wurde darüber gestritten, wie stark die Auswirkungen auf die zivile Luftfahrt sind. Die Bundeswehr sprach von kleineren Störungen, die zu Verspätungen im Minutenbereich führen könnten.

Generalleutnant Ingo Gerhartz (rechts) am Freitag auf dem Luftwaffenstützpunkt in Jagel. Neben ihm steht Jörg Schröder, Kommodore und Leiter des Luftwaffengeschwaders 51.
Generalleutnant Ingo Gerhartz (rechts) am Freitag auf dem Luftwaffenstützpunkt in Jagel. Neben ihm steht Jörg Schröder, Kommodore und Leiter des Luftwaffengeschwaders 51. © dpa | Daniel Bockwoldt

Die Gewerkschaft der Flugsicherung (GdF) rechnete mit Gesamtverspätungen von bis zu 50.000 Minuten pro Tag. Am Starttag des Manövers waren die Auswirkungen in der Hansestadt allerdings dann doch beträchtlich.

An Sicherheitskontrolle 60 Minuten Wartezeit am Montag

Das könnte auch mit einem Problem zusammenhängen, um das es in den vergangenen Wochen ruhig geworden war. Nun machte die Sicherheitskontrolle aber wieder mit langen Wartezeiten auf sich aufmerksam. „Heute waren es kurzzeitig auch mal 60 Minuten Wartezeit“, bestätigte Bundespolizei-Sprecher Jörg Ristow am Montag auf Anfrage. Auch am Freitag habe es so lange Wartezeiten gegeben.

Zur Erinnerung: Am 11. Mai tauchten plötzlich Streifenpolizisten mit Maschinenpistolen vor dem Sicherheits-Check-in auf. Fluggäste hätten teilweise wegen der erhöhten Wartezeiten „ungehalten“ reagiert, sagte ein Bundespolizei-Sprecher damals und nannte ebenfalls Spitzen von 60 Minuten. Passagiere sprachen allerdings davon, sogar 2,5 Stunden gebraucht zu haben, bis sie die Sicherheitskontrolle passiert hatten.

Bereits am Morgen viele Verspätungen in Fuhlsbüttel

Laut Flughafen-Homepage hoben am frühen Montagmorgen viele Maschinen mit rund 30 Minuten Verspätung ab, andere mit deutlich mehr. So startete Eurowings Richtung Budapest mit rund 90 Minuten Verzögerung erst um 8.18 Uhr, nach Graz mit 72 Minuten um 10.42 Uhr und nach Stockholm mit fast einer Stunde um 10.34 Uhr. Bei Air France fiel ein Flug nach Paris aus, Eurowings strich jeweils einen Umlauf (also Hin- und Rückflug) mit Stuttgart und Salzburg.

Auf Anfrage äußerte sich die Lufthansa-Tochter nicht zu den Gründen für die Verspätungen. Daher blieb zunächst offen, ob es auch mit einem verspäteten Eintreffen von Passagieren an den Gates zusammenhängt. Auch der Hamburger Flughafen konnte keine Erklärung dafür geben, weil bei Verspätungen „uns hierzu keine Gründe seitens der Airline genannt werden“, sagte Sprecherin Janet Niemeyer.

Wartezeiten sollen in vergangenen Wochen gesunken sein

Laut Bundespolizei, dem zuständigen Dienstleister FraSec und dem Flughafen hätten die Wartezeiten in den vergangenen Wochen noch bei 30 bis 45 Minuten gelegen. „Dies begrenzt sich aktuell auf einzelne Tage und die erste Rushhour, wenn besonders viele Flugzeuge am Morgen starten“, sagte Niemeyer.

Am Montag gab es vor der Sicherheitskontrolle des Hamburger Flughafens wieder lange Menschenschlangen. In der Spitze sollen Passagiere 60 Minuten gewartet haben.
Am Montag gab es vor der Sicherheitskontrolle des Hamburger Flughafens wieder lange Menschenschlangen. In der Spitze sollen Passagiere 60 Minuten gewartet haben. © dpa | Bodo Marks

Bundespolizei-Sprecher Ristow spricht von in der Regel 30 bis 45 Minuten „bei einem hohen Reisendenaufkommen“. Soll wohl heißen: In Einzelfällen könne es auch länger dauern – wie am Montag und vergangenen Freitag. Die Wartezeit habe sich „seit Pfingsten positiv entwickelt“, sagte FraSec-Prokurist Steffen Seipp Mitte vergangener Woche auf Anfrage.

FraSec nennt mehrere Gründe für lange Wartezeiten

Das Dienstleistungsunternehmen nannte vor einem Monat mehrere Gründe und räumte auch einen Personalmangel ein. Durch den Fachkräftemangel habe man Abgänge in Fuhlsbüttel gehabt, weil Mitarbeiter zum Beispiel in den öffentlichen Dienst wechselten. Das führe insbesondere bei hohem Passagieraufkommen zu einer höheren Belastung der Belegschaft vor Ort.

Man habe häufig „sehr lange durchgestanden“, also mehrere Stunden ohne Pause gearbeitet, berichteten FraSec-Mitarbeiter unserer Redaktion. Zudem komme es häufiger zu Auseinandersetzungen mit genervten Passagieren, die befürchten, ihren Flug zu verpassen – eine psychische Belastung. Das trieb die Krankmeldungen nach oben. Ob auch dieses Mal vermehrte Krankmeldungen zu den Problemen an der Sicherheitsschleuse führten, blieb offen. FraSec antwortete am Montag auf Fragen unserer Redaktion nicht.

Flughafen Hamburg: FraSec spricht von positiver Entwicklung

In den vergangenen Wochen holte sich das Unternehmen Luftsicherheitsassistenten von anderen Standorten wie Frankfurt nach Hamburg, aber auch von einem Konkurrenten aus Bremen. Zudem erhielten Mitarbeiter „Incentives“, wenn sie zusätzliche Schichten übernehmen. Die Krankenquoten hätten sich mittlerweile „deutlich positiv entwickelt“, sagte Seipp vergangene Woche: „In Summe haben unsere Gegensteuerungsmaßnahmen Wirkung gezeigt.“

Um den Personalmangel zu verbessern, werde kräftig ausgebildet. Es gäbe mehrere Ausbildungskurse parallel in Hamburg. FraSec und Bundespolizei gründete nach harscher Kritik des Flughafens eine Taskforce, um die Situation zu stabilisieren. Mobile Einsatzkräfte der Bundespolizei sollen die Luftsicherheitsassistenten bei einfachen Aufgaben wie der Kommunikation mit den Reisenden oder der Rückführung der Gepäckwannen unterstützen.

Anlassbezogen sei diese Unterstützung weiterhin möglich, sagte Ristow: „Derzeit ist jedoch eine solche Unterstützung nicht erforderlich und sollte die Ausnahme bleiben.“ Die Auswertung der Bilder von geröntgten Handgepäckstücken gehöre grundsätzlich nicht dazu. Diese Aufgabe obliege ausschließlich Luftsicherheitskräften, die dafür gesondert geschult werden.

Auch der Flughafen setze im Passagierservice in Spitzenzeiten mehr Personal ein, um die Fluggäste in den Terminals zu unterstützen, hieß es. Der Airport begrüße die Einrichtung der Taskforce sehr, sagte Niemeyer: „Erste Maßnahmen scheinen hier zu greifen. Unsere Erwartung im Sinne unserer Passagiere ist es, dass die Maßnahmen dauerhaft Wirkung zeigen.“