Hamburg. Die Ergebnisse des Hafenkonzerns sind mäßig, aber Berichte über einen Abgang von Angela Titzrath dennoch verfrüht.
Eine Personalie aus dem Hafen löste in dieser Woche für hektische Telefonate im Hamburger Senat aus und brachte die Leitungen zwischen Rathaus und Behörden zum Glühen. Es geht um die Vorstandsvorsitzende der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA), Angela Titzrath. Ihr Vertrag läuft Ende 2024 aus. Auf Vorstandsebene ist es allgemein üblich, ein Jahr zuvor, also im kommenden Herbst, zu entscheiden, wie es weitergeht: mit Titzrath an der HHLA-Spitze oder ohne sie? Sie selbst würde gern weitermachen, erfuhr das Abendblatt aus Unternehmenskreisen.
Für Aufregung sorgten in den vergangenen Tagen aber Medienberichte, wonach Titzraths Stuhl kräftig wackelt. Mehr noch: Einem Zeitungsbericht zufolge steht Titzrath als HHLA-Chefin vor dem Aus. Deutschlands größter Hafenkonzern schwächelt nämlich. Seit Jahren geht es für den Hamburger Hafen bergab, während die Wettbewerber in Rotterdam und Antwerpen Marktanteile hinzugewinnen.
Hafen Hamburg: Wackelt die Vertragsverlängerung von HHLA-Chefin wirklich?
Die HHLA gehört zu mehr als 69 Prozent der Stadt Hamburg. Deshalb stellt sie auch gleich drei Vertreter im Aufsichtsrat, der letztlich über eine Vertragsverlängerung zu entscheiden hat. Wirtschaftsstaatsrat Andreas Rieckhof vertritt Wirtschaftssenatorin Melanie Leonhard (SPD) in dem Kontrollgremium.
Die Finanzbehörde ist mittelbar über die Leiterin des Amtes für Vermögensbeteiligung, Sibylle Roggencamp, und die Geschäftsführerin der HGV Hamburger Gesellschaft für Vermögens- und Beteiligungsmanagement, Isabella Niklas, im Aufsichtsrat vertreten. Sie heben oder senken den Daumen, wenn es um eine weitere Zusammenarbeit mit Angela Titzrath geht.
Die Unruhe entstand nun, weil insbesondere aus der Finanzbehörde mit ihrem Senator Andreas Dressel (SPD) an der Spitze Kritik an der Performance der HHLA laut wurde. Ihr fehle es an Leistung und Effizienz, so der Vorwurf. Der Senator selbst ist allerdings sichtlich bemüht, öffentlich den Eindruck zu zerstreuen, er würde die Ablösung von Titzrath betreiben. „Davon kann keine Rede sein“, sagte er dem Abendblatt.
HHLA-Chefin Titzrath scheitert an Fusion mit Eurogate
Aus den Hinterzimmern der Behörde am Gänsemarkt wurde zuletzt dennoch die Unzufriedenheit des Hauses mit der HHLA-Führung nach außen getragen. Insbesondere das Scheitern der Fusion der Containerterminals von HHLA und Eurogate wird nicht nur dem Eurogate-Chef Thomas Eckelmann, sondern auch Titzrath angelastet.
Es war ein Projekt, das Dressel immer forciert hat, weil er darin eine Chance erkannte, dass der Hamburger Hafen den starken Konkurrenten etwas entgegensetzen kann. Zwei Jahre lang wurde verhandelt, letztlich scheiterte eine Einigung an zwei Fragen: Wer die Führung übernimmt, und welche Rechte den Arbeitnehmern in dem Gemeinschaftsunternehmen eingeräumt werden sollten.
Die aktuellen Zahlen sprechen gegen Titzrath. Der Containerumschlag an den HHLA-Containerterminals ging zwischen Januar und Ende März dieses Jahres um 18,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal auf 1,42 Millionen Standardcontainer (TEU) zurück. Der schwache Umschlag und der Rückgang der im vergangenen Jahr sehr hohen Einnahmen bei den Lagergeldern sorgten für einen Gewinneinbruch: Das Ergebnis nach Steuern und nach Anteilen anderer Gesellschafter sank um 87,7 Prozent von 22,8 Millionen auf 2,8 Millionen Euro.
HHLA-Aktie verliert an Wert
Auch auf längere Sicht ist die Entwicklung der HHLA nicht gerade eine Erfolgsgeschichte. Titzrath ist es zwar gelungen, durch einige Zukäufe – wie in den Häfen von Triest (Italien) und Tallinn (Estland) – das Umschlagsgeschäft breiter aufzustellen. Zudem gelang es ihr, mit dem Ausbau des Bahntransportgeschäfts im Hinterland ein weiteres gewinnbringendes Standbein zu schaffen.
Doch im Vergleich etwa zum Konkurrenten Rotterdam, wo die digitale Transformation der Terminals schneller voranschreitet, ist eine Beschleunigung des Umschlags in Hamburg kaum festzustellen. Zudem ist die HHLA für die Reeder deutlich teurer als die Konkurrenzhäfen an der Nordsee. Auch bei Anlegern ist es der Managerin nicht gelungen, den Wunsch nach einer höheren Beteiligung zu wecken.
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Als die ehemalige Vorstandsfrau der Deutschen Post Anfang 2017 die HHLA übernahm, stand die HHLA-Aktie bei 20 Euro. Zwischenzeitig kostete das Wertpapier sogar mehr als 25 Euro. Diesen Preis hat es jedoch seit Mitte vergangenen Jahres nicht mehr erzielt. Seit Wochen wird die Aktie für 12 Euro an der Börse gehandelt. Am Freitagmittag waren es exakt 12,14 Euro.
Aber geht diese negative Entwicklung auf Fehler von Titzraths Amtsführung zurück? „Nein“, heißt es übereinstimmend aus der Wirtschaftsbehörde und dem Rathaus. Der Rückgang beim Seegüterumschlag und bei den Geschäftszahlen sei vielmehr auf die allgemein verschlechterten Rahmenbedingungen zurückzuführen. „Frau Titzrath hat auch einige Erfolge vorzuweisen“, heißt es aus der Wirtschaftsbehörde.
Bürgermeister Peter Tschentscher schätzt Verlässlichkeit der HHLA-Chefin
Gemeint sein dürfte damit der umstrittene Deal mit der chinesischen Reederei Cosco. Gegen den Einstieg der Chinesen beim HHLA-Containerterminal Tollerort hatte es erheblichen Widerstand aus dem politischen Berlin gegeben. Gegen alle öffentliche Empörung trieb Titzrath die Transaktion unbeirrt voran und konnte sie letztlich mithilfe von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) durchsetzen.
Bürgermeister Peter Tschentscher schätze die Verlässlichkeit der HHLA-Chefin, heißt es aus Rathauskreisen. Das klingt nicht nach einer Ablösung, eher nach einer Vertragsverlängerung. Und bei einer Wiederbestellung beträgt die Vertragslaufzeit üblicherweise fünf Jahre.
Hafen Hamburg: Aufsichtsratschef Rüdiger Grube stellt sich hinter Angela Titzrath
Licht ins Dunkel kann der Aufsichtsratsvorsitzende der HHLA, Rüdiger Grube bringen. Auf die Frage, ob er an Titzrath festhalte, sagte er dem Abendblatt: „Die Bilanz von Angela Titzrath bei der HHLA kann sich sehen lassen. Selbst in gesamtwirtschaftlich schwierigen Zeiten wie jetzt hält sie die HHLA konsequent auf Kurs.“
Angela Titzrath habe die HHLA zu einem wesentlichen europäischen Logistikplayer umgebaut und zukunftsfähig ausgerichtet, lautet Grubes Begründung. Sie habe dabei immer innovative Technologien und Nachhaltigkeit im Fokus, so Grube: „Ich persönlich würde mich freuen, wenn sie die HHLA auch weiter in die Zukunft führt.“