Hamburg. Der wichtigen Route zwischen Atlantik und Pazifik fehlt Wasser. Das trifft die weltweite Schifffahrt schon jetzt heftig.

Nicht erst seit Corona ist bekannt, dass infolge der Globalisierung kleine Störungen am anderen Ende der Welt zu Auswirkungen bei uns führen können. Als der Containerfrachter „Ever Given“ im März 2021 tagelang den Suezkanal blockierte, führte das zu Milliardenverlusten für die Weltwirtschaft, in Europa wurden bestimmte Güter knapp, die Fahrpläne der Containerriesen gerieten durcheinander.

Aktuell schaut die maritime Wirtschaft in Hamburg sorgenvoll nach Mittelamerika. Eine ungewöhnliche Dürreperiode dort hat dazu geführt, dass der Panamakanal deutlich weniger Wasser führt. Er ist aber ein wichtiger Handelsweg vor allem für den Güteraustausch zwischen Europa und der Westküste der USA und Südamerikas. Auch die Schifffahrt von Asien zur US-amerikanischen Ostküste nutzt den Kanal. Doch jetzt kommt es zu Durchfahrtsbeschränkungen.

Dreimal haben die panamaischen Behörden bereits die erlaubten Tiefgänge für Schiffe reduziert. Die Folge: Die Schiffe können den Kanal nur mit reduzierter Ladung befahren. Erste Reedereien haben begonnen, Preiszuschläge für die Passage des Kanals zu nehmen: Hamburgs Traditionsreederei Hapag-Lloyd berechnet beispielsweise ab Juli 500 US-Dollar pro Box (umgerechnet 462 Euro).

Hapag-Lloyd: Hamburger Reederei leidet unter Dürre am Panamakanal

Andere Reedereien erwägen, den Kanal ganz zu meiden und von Asien an Amerikas Ostküste nun durch den Suezkanal und über den Atlantik zu fahren. Da gibt es keine Tiefgangsbeschränkungen. „Auch wir bieten unseren Kunden an umzurouten“, sagt eine Sprecherin von Hapag-Lloyd.

Die Vereinigung der norddeutschen Groß- und Außenhändler warnt bereits: „Einschränkungen im Panamakanal sind für die deutschen Außenhändler deutlich spürbar. Sind Schiffe gezwungen, alternative Routen um das Kap Hoorn zu nehmen, müssen Warenverkehre und Logistikpläne völlig neu organisiert werden“, sagt AGA-Präsident Hans Fabian Kruse.

„Das bringt Lieferketten durcheinander, verlängert die Lieferzeiten und schlägt nicht zuletzt auf die Transportkosten. Natürlich sind gerade Unternehmen in Hamburg, die auf den Handel mit der Westküste Amerikas fokussiert sind, hier besonders betroffen.“ Glücklicherweise regne es seit drei Tagen in Panama. „Dies gibt Anlass zur Hoffnung, dass sich die Einschränkungen auflösen“, so Kruse.

Schifffahrtsexperten rätseln über tiefen Wasserstand

Andere Experten rechnen nicht mit schneller Besserung. Denn der Panamakanal verfügt über kein eigenes Pumpsystem, sondern er speist sich ausschließlich aus Zuflüssen durch Regen oder aus Flüssen, wie der Schifffahrtsspezialist Jan Tiedemann vom Branchendienst Alphaliner erklärt. „Bei jeder Schleusung geht eine Schleuse voll Wasser verloren, weil es ins Meer abfließt. Zwar sind die neuen großen Schleusen sogenannte Sparschleusen, weil sie über zusätzliche Auffangbecken verfügen. Aber dennoch geht Wasser verloren.“

Die Reederei Hapag-Lloyd und andere Experten rechnen deshalb nicht damit, dass sich das Problem schnell auflöst. „Einen so ungewöhnlich geringen Wasserstand kannten unsere Seefahrer bisher nicht“, sagt die Reederei-Sprecherin. Hinzu kommt, dass Meteorologen den unmittelbar bevorstehenden Beginn von El Niño vorhersagen, einem periodisch auftretenden Wetterphänomen, das zu Überschwemmungen an der Westküste Südamerikas führt, im Amazonasgebiet und in Mittelamerika aber zu Trockenheit.

Hapag-Lloyd: So viele deutsche Exportgüter passieren den Panamakanal

Auswirkungen hat die Störung im Panamakanal auch auf den deutschen Export: „Weniger als zwei Prozent der ausgefahrenen Mengen aus deutschen Häfen haben das Ziel Pazifikküste von Nord- und Südamerika. Lediglich die Autoexporte nach Kalifornien fallen gemessen am Wert etwas stärker ins Gewicht, weswegen der Anteil des Panamakanals an deutschen Exporten 3,4 Prozent beträgt“, sagt Vincent Stamer, Handelsexperte des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel. Autos würden aber vor allem über Bremerhaven ausgeführt und weniger über Hamburg. „Für den Hamburger Hafen ist die Bedeutung des Suezkanals sowie des Nord-Ostsee-Kanals viel größer.“