Hamburg. Preise sind in Hamburg nach einer HWWI-Studie real um 3,87 Prozent gefallen. Lohnen sie langfristig noch als Betongold?
Eigentlich soll die Immobilie in Zeiten von hoher Inflation vor Wertverlust schützen. Doch eine Studie der Postbank und des Hamburger WeltWirtschaftsInstituts (HWWI) zeigt: Diese Rechnung geht nicht mehr auf. Erstmals sind im vergangenen Jahr in der Mehrheit der deutschen Landkreise und kreisfreien Städte die Preise für Eigentumswohnungen real gesunken, also unter Berücksichtigung der Inflationsrate. „In rund 63 Prozent der Regionen konnten Eigentumswohnungen im Bestand 2022 real günstiger erworben werden als im Vorjahr“, sagt Studienautorin Dörte Nitt-Drießelmann vom HWWI.
Hamburg und die Umlandkreise machen da keine Ausnahme. Danach sind die Immobilienpreise für Wohnungen aus dem Bestand in der Hansestadt im vergangenen Jahr unter Berücksichtigung der hohen Inflation von 6,9 Prozent um rund vier Prozent gefallen. Die stärksten Rückgänge gab es in den Kreisen Harburg (6,5 Prozent), Stade (5,2 Prozent) und Segeberg (4,5 Prozent). Einzig der Kreis Herzogtum Lauenburg kann noch mit einer minimalen positiven Entwicklung aufwarten. Das Plus bei den Eigentumswohnungen erreicht bescheidene 0,2 Prozent.
Immobilienpreise Hamburg: Das Umland ist bis zu 55 Prozent günstiger
Im Vergleich der sieben größten Städte liegt Hamburg wie so oft im Mittelfeld. In München, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf fallen die realen Preisrückgänge mit fünf bis sieben Prozent höher aus. Relativ wertstabil bleibt Berlin mit einem Rückgang von nur 0,1 Prozent.
Trotz des Rückgangs bleibt der Immobilienerwerb in Hamburg noch teuer. Nach der Studie der Postbank kostet ein Quadratmeter Wohnfläche aus dem Bestand in Hamburg im Schnitt noch 6685 Euro. Eine 70 Quadratmeter große Wohnung wird daher mit rund 468.000 Euro veranschlagt. Deutlich günstiger ist es im Hamburger Umland. In den Kreisen Stade und Herzogtum Lauenburg fallen die Preise weniger als halb so hoch aus. Am günstigsten ist es im Landkreis Stade mit einem durchschnittlichen Quadratmeterpreis von knapp 3000 Euro. Südlich von Hamburg ist damit der Immobilienerwerb 55 Prozent günstiger als in der Elbmetropole.
Immobilienpreise Hamburg: Hansestadt ist bundesweit sechstteuerster Standort
Nach der Studie ist Hamburg der sechstteuerste Immobilienstandort. Spitzenreiter ist München mit einem Quadratmeterpreis von 9734 Euro, gefolgt vom Landkreis Nordfriesland mit 9185 Euro. Zu diesem Kreis gehören insgesamt 14 Nordseeinseln, darunter Sylt. Selbst nach Inflation verzeichnet dieser Kreis noch einen Preisanstieg von rund acht Prozent bei gebrauchten Eigentumswohnungen.
Untersucht wurde die reale Preisentwicklung von Wohnungen aus dem Bestand mit einer durchschnittlichen Größe von 70 Quadratmetern. Bei den Preisen wurde der Durchschnittswert von 2021 mit dem von 2022 verglichen. Die Preisrückgänge, die sich vor allem im zweiten Halbjahr 2022 abzeichneten, schlagen bei diesen Durchschnittspreisen nicht voll durch, weil es vor allem im ersten Quartal 2022 noch zu deutlichen Preisanstiegen kam.
Immobilienpreise sinken wegen steigender Zinsen
Die Rechnung sieht dann für Hamburg wie folgt aus. Nominal sind die Preise für Eigentumswohnungen 2022 noch um 3,03 Prozent gestiegen. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate (3,03 Prozent minus 6,90 Prozent) ergibt sich dann die reale Preisentwicklung von minus 3,87 Prozent. „Wir haben die Preisentwicklung der Immobilien auch in den Vorjahren immer schon real bestimmt“, sagt Nitt-Drießelmann. „Nur in den vergangenen Jahren hatte das keine so gravierenden Auswirkungen. Die nominalen Anstiege waren hoch und die Inflationsrate niedrig.“ Real kam da immer ein Plus heraus.
„Die Phase, in der Preise für Eigentumswohnungen in ungeahnte Höhen kletterten, ist vorerst vorbei. Aktuell stagnieren beziehungsweise sinken die Preise angesichts einer leicht nachlassenden Nachfrage in Folge steigender Zinsen und erhöhter Lebenshaltungskosten“, sagt Achim Kuhn, der für das Immobiliengeschäft der Postbank verantwortlich ist. „Aktuell befinden wir uns in einer Preisdelle, nach der wir wieder höhere Preise bei Wohnimmobilien erwarten.“
Reale Preisrückgänge bei Immobilien auch in diesem Jahr erwartet
Auch wenn Mieter über steigende Mieten klagen, für die Vermieter war das vergangene Jahr kein gutes Geschäft. Denn ähnlich wie bei den Immobilienpreisen reichten die Mietsteigerungen nicht aus, um die Inflation zu übertreffen. Mit Ausnahme des Kreises Herzogtum Lauenburg fällt der reale Mietpreisanstieg in Hamburg und dem Umland negativ aus (siehe Grafik). Mit 4,7 Prozent ist das Minus in Hamburg am größten. Im Schnitt werden hier 12,81 Euro Miete pro Quadratmeter verlangt. Unter 10 Euro bleiben die Mieten in den Kreisen Stade und Herzogtum Lauenburg.
Auch für das laufende Jahr werden sich die Immobilienbesitzer auf sinkende reale Preisentwicklungen einstellen müssen. Die rückläufigen Preise am Immobilienmarkt werden sich dann noch stärker in den Durchschnittspreisen bemerkbar gemacht haben und auch die Inflationsrate bleibt hoch. So prognostiziert das Ifo-Institut eine Inflationsrate von 6,2 Prozent für 2023.
Nur langfristig bieten Immobilien Inflationsschutz
Was ist also mit dem Inflationsschutz von Immobilien? Immerhin werden sie auch gern als Betongold bezeichnet, weil sie zumindest langfristig Inflationsschutz bieten sollen. Nach Berechnungen der Deutschen Bank stiegen die Hauspreise von 1970 bis 2022 um mehr als 400 Prozent und die Konsumentenpreise um weniger als 300 Prozent.
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In den Phasen mit hoher Inflation erhöhten sich die Hauspreise nach der Studie kräftiger als die Inflation. So stiegen die Konsumentenpreise von 1970 bis 1980 um 64 Prozent und die nominalen Hauspreise um rund 85 Prozent. Durch den Wiedervereinigungsboom legten die Konsumentenpreise von 1989 bis 1994 um etwas mehr als 20 Prozent und die Hauspreise um fast 30 Prozent zu. „Sollte in den kommenden Jahren die Inflation hoch bleiben, dann sollte es auch diesmal einen Inflationsschutz geben“, sagt Studienautor Jochen Möbert von der Deutschen Bank.
Immobilienpreise: Längste Durststrecke dauerte 17 Jahre
Tatsächlich spricht einiges dafür, dass sich die Immobilienpreise wieder fangen werden, denn die Nachfrage nach Wohnraum ist groß. Doch das Angebot ist begrenzt, weil wegen gestiegener Zinsen und hoher Materialkosten kaum noch neue Objekte auf den Markt kommen.
Doch am Immobilienmarkt gab es auch schon lange Durststrecken. Nach dem Ende des Wiedervereinigungsbooms im Jahr 1995 war lange Zeit kein Geld mit Immobilien zu verdienen. Die Durststrecke endete erst im Jahr 2012. „Ein Investor musste also 17 Jahre warten, bis er den Einstandspreis wieder am Markt erzielen konnte“, schreibt die Deutsche Bank in ihrer Studie. „Inflationsbereinigt musste man sogar bis zum Jahr 2017 warten.“ Experte Möbert: „Es kann also auch lange Phasen von Preisrückgängen geben und der Inflationsschutz nicht oder nur teilweise existieren.“