Hamburg. Deutsche Marine lässt Korvette auf Werft in Hamburg feierlich taufen. Doch in der Belegschaft ist die Stimmung gedrückt.
- Bei Blohm + Voss kam es zu einer neuen Schiffstaufe
- Dabei bekamt die Korvette „Emden“ ihren Namen. Eigentlich ein Grund zur Freude
- Doch auf der anderen Seite gibt es innerhalb der Reederei viel Unruhe
Es ist wieder Taufe bei Blohm + Voss. Ziemlich genau ein Jahr nachdem hier die Korvette „Köln“ ihren offiziellen Namen erhielt, liegt ein baugleiches Schiff am Ausrüstungskai der Hamburger Traditionswerft. Es ist die „Emden“, die ebenfalls für die deutsche Marine gebaut worden ist.
Wieder ziehen zahlreiche Ehrengäste begleitet vom Heeresmusikkorps über das Werftgelände. Wieder gibt es eine traditionelle Taufzeremonie mit dem Zerschlagen der Champagnerflasche an der Reling, drei donnernden „Hurra“-Rufen und dem Absingen der Nationalhymne. Aber das Jahr ist nicht spurlos an der Werftenbranche vorübergegangen – schon gar nicht an Blohm + Voss.
Es arbeiten wieder mehr Menschen auf dem Gelände als noch vor einem Jahr. Damals steckte Blohm + Voss noch mitten in einem Jobabbauprogramm nach der Übernahme durch die Bremer Lürssen-Gruppe im Jahr 2016. Etwa 800 Mitarbeiter zählt die Konzernmutter auf dem Gelände und dem der benachbarten Reparaturwerft Norderwerft zusammen. Es gibt Personaleinstellungen. Nur haben nicht alle etwas davon. Vor allem die alten Blohmer fühlen sich alleingelassen und zwischen zwei Gruppen aufgerieben.
Hafen Hamburg: Korvettentaufe bei Blohm + Voss mit Beigeschmack
Geschuldet ist dies einer firmeninternen Aufspaltung in zwei eigenständige Gesellschaften, die die Lürßen-Familie 2021 vollzog: in die Marinesparte, die heute Naval Vessels Lürssen (NVL) heißt, und den zivilen Schiffbau, der in Hamburg vor allem für das Reparaturgeschäft von Yachten zuständig ist und deshalb LYRS heißt, Lürssen Yacht-Refits und -Services. Als dritte Gruppe gibt es dann noch die alte Blohm + Voss, die der NVL zugeschlagen wird, mit rund 410 Beschäftigten.
Doch während NVL und LYRS wachsen, gebe es bei der alten Blohm + Voss keine Neueinstellungen, bemängelt, Emanuel Glass von der IG Metall Hamburg. Entsprechend schlecht sei die Stimmung: „Die alten Blohmer befürchten, dass ihr Betrieb auf Raten stirbt“, sagt der Gewerkschaftsmann, der eigentlich dafür bekannt ist, seine Worte mit Bedacht zu wählen.
Korvetten aus Hamburg kosten zwei Milliarden Euro
Das derzeit florierende Geschäft mit Marineschiffen kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Traditionsbetrieb Blohm + Voss von den Glanzzeiten, als hier noch 8000 Menschen ihre Arbeit fanden, weit entfernt ist. Als Lürssen die Werft vor fast sieben Jahren übernahm, fanden die Bremer einen heruntergewirtschafteten Betrieb vor.
Den Neubau ziviler Schiffe ließen die neuen Hausherren am Standort Hamburg fallen, verkleinerten das Werftgelände und konzentrierten hier die Reparatur und Umrüstung großer Yachten. Doch seit dem russischen Angriffskrieg und den damit einhergehenden Sanktionen gegen russische Oligarchen ist ein ganzer Kundenstamm weggebrochen.
Blohm + Voss hat Probleme mit den Superyachten der Reichen
Deren Superyachten sind inzwischen eher eine Belastung. Sie liegen auf dem Werftgelände in der Kette, blockieren Schiffbaukapazitäten und machen allenthalben von sich reden, wenn sie von Ermittlern des Bundeskriminalamtes bei Razzien durchsucht werden; so wie vor wenigen Tagen die „Luna“ des sanktionierten russischen Geschäftsmanns Farkhad Akhmedov.
Erfreulicher ist der Hochlauf beim Bau der Marineschiffe. Mit der Taufe der „Emden“ wird die siebte von zehn Korvetten der Marine vom Typ K130 fertiggestellt. Die Boote 8 und 9 befinden sich aktuell in unterschiedlichen Stadien der Ausrüstung.
Das bei German Naval Yards Kiel (GNYK) gefertigte Vorschiff der zehnten Korvette und das auf der zu Lürssen gehörenden Peene-Werft in Wolgast gebaute Hinterschiff sind bereits in Hamburg eingetroffen und werden bei Blohm + Voss im sogenannten „Hochzeitsstoß“ vereint. Hier erfolgen noch die Endausrüstung und Inbetriebnahme.
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Zwei Milliarden Euro kosten allein die jüngsten fünf seit dem Jahr 2022 gebauten Korvetten. Nach den Korvetten hat die Marine vier größere Fregatten vom Typ F126 bestellt. Brennstart der ersten ist Ende des Jahres in Wolgast – nicht in Hamburg wohlgemerkt. Dabei wollte die niederländische Werft Damen Shipyards ursprünglich die gesamte Fregatte bei Blohm + Voss bauen lassen.
Doch mit der Übernahme der Werft durch Lürssen war klar, dass die Schiffbaugruppe auch an anderen Standorten daran beteiligt werden wollte. Und nachdem die bei der Vergabe unterlegene Bewerberin German Naval Yards in Kiel Beschwerde eingelegt hatte, musste auch sie an dem Projekt beteiligt werden.
Blohm + Voss muss Korvetten wegen Sicherheitsrisiken nachrüsten
Im Prinzip sei das ja auch sinnvoll, sagt Gewerkschafter Glass: „Es ist der größte Auftrag in der Geschichte der Deutschen Marine. Davon müssen doch alle Standorte profitieren.“ Gleichwohl blieben für Hamburg wie schon bei den Korvetten nur die Endausrüstung und die Inbetriebnahme der Fregatten. „Das ist nicht sehr wertschöpfungsintensiv. Damit haben sich viele Hoffnungen in Hamburg zerschlagen“, sagt ein ehemaliger B+V-Manager.
An Bord des ersten Luxuseisbrechers der Welt
Der eigentliche Schiffbau, Stahlschnitt und das Schweißen finden nicht mehr in Hamburg statt. Für die Ausrüstung der Marineschiffe ist Hamburg hingegen ein guter Standort, weil in der Metropolregion viele Zulieferbetriebe sitzen. „Eigentlich müsste genug Arbeit vorhanden sein, damit die Werft längerfristig erhalten bleibt“, sagt Glass.
Zumal der Stellvertretende Inspekteur der Marine, Vizeadmiral Frank Lenski, und die neue Präsidentin des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw), die zufällig in ihrem Doppelnamen heißt wie das von ihr getaufte Boot, Annette Lehnigk-Emden, den Ehrengästen an diesem Donnerstag eine positive Mitteilung machen konnten: Das Geld für eine weitere Korvette ist freigegeben. Die NVL soll nun ein verbindliches Angebot unterbreiten.
Auch aus einem anderen Grund dürften die Korvetten noch länger bei Blohm + Voss liegen: Ihre Auslieferung verzögert sich um zwei bis drei Jahre. Denn das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik hält die IT der Schiffe für nicht sicher genug und befürchtet Hackerangriffe. Alle fünf Neubauten müssen nun nachgerüstet werden. Eine Taufe mit bitterem Beigeschmack.