Hamburg. Viele Unverpackt-Händler haben aufgegeben – Victoria Seidel eröffnet den vierten Muttels-Standort. Sie hat ein besonderes Konzept.

Es ist schon einigermaßen überraschend: Während viele Unverpackt-Läden in Hamburg um ihre Existenz fürchten und in den vergangenen Monaten ein halbes Dutzend Händler aufgegeben hat, startet Victoria Seidel jetzt mit einem neuen Standort. Am Freitag (5. Mai) eröffnet im Stadtteil Rotherbaum Muttels Nummer vier.

„Wir wollen mehr Kunden für das Konzept des nachhaltigen Einkaufs begeistern. Aber um zukunftsfähig zu sein, brauchen wir eine breite Basis“, erklärt die Unternehmerin ihre Expansionsstrategie gegen den Trend. Seit 2020 hat sie Geschäfte auf der Uhlenhorst und in Winterhude aufgemacht sowie die Filiale des Unverpackt-Pioniers Stückgut in der Rindermarkthalle auf St. Pauli aus der Insolvenz übernommen.

Einzelhandel Hamburg: Neuer Unverpacktladen am Hallerplatz

Vor dem Eckladen mit großem Schaufenster zum Hallerplatz steht im Moment noch ein großes Baugerüst. Der Gründerzeit-Komplex wird saniert. Auch drinnen ist kurz vor der Eröffnung noch einiges zu tun. Wo vorher lange eine Apotheke war und zuletzt ein Chiropraktiker praktizierte, steht ein großer Tresen mit Glasvitrine in einem neu gestalteten Café-Bereich.

Davor stapeln sich Kisten mit Obst und Gemüse, die am Morgen geliefert wurden. In einem Regal sind schon Kaffee, Tee und Schokolade einsortiert, in anderen konservierte Produkte in Pfandgläsern sowie Reinigungsmittel und Naturkosmetik. An einer Wand hängen mehrere Dutzend Spender für Nudeln, Müslis, Linsen in drei Farben und andere Trockenprodukte. Es gibt auch Tiefgekühltes, das in Pfandbehältern oder lose verkauft wird.

Einzelhandel Hamburg: Muttels ist moderner Kaufmannsladen und Café zugleich

Auf vier Räume mit 150 Quadratmetern verteilt sich das Angebot des neuen Muttels-Ladens. „Ich habe mich sofort in die Räume verliebt“, sagt Betriebswirtin Seidel, die mit Ehemann Guy und vier Kindern nicht weit entfernt wohnt. Die Planungen laufen seit 2021. „Wenn die Kunden ihre Lebensgewohnheiten ändern und bei uns unverpackt einkaufen, muss es Freude machen“, sagt Chefin Seidel. Ihre Antwort ist eine Mischung aus modernem Kaufmannsladen mit unverpackten, hauptsächlich veganen Lebensmitteln und einem Gastronomiebereich mit Kaffee und Kuchen sowie Mittagstisch.

„Das ist der Motor für die Läden und unterscheidet uns von anderen“, beschreibt die Einzelhändlerin das Konzept, das sie mit der Stückgut-Mitgründerin Insa Dehne – inzwischen in Muttels-Diensten – weiterentwickelt hat. Mit ihrem Geschäftsmodell, das auf weiteres Wachstum setzt, verwirklicht sie sich einen Traum. „Ich wollte gründen und hatte Geld, um zu investieren.“ Namenspatronin für das Muttels war übrigens die schlesische Großmutter ihrer Ehemanns, mit ihren Kochkünsten und großer Gastfreundschaft eine Instanz in der Familie.

Die Läden auf der Uhlenhorst und in Winterhude laufen gut, sagt die Unverpackt-Händlerin, die 35 Mitarbeiter hauptsächlich in Teilzeit beschäftigt. Auch mit den Umsätzen in der Rindermarkthalle, wo nach mehreren Verschiebungen im Juli der Umbau beginnen soll, ist sie „sehr zufrieden“. Konkrete Zahlen nennt sie allerdings nicht. „Wir haben unseren ersten Laden mit der Corona-Krise eröffnet und wissen, dass es länger dauert bis zum wirtschaftlichen Erfolg“, sagt die Unternehmerin. Als nächstes Projekt will sie verstärkt eigene Produkte anbieten, von der Haselnusscreme bis zum Eiersalat.