Hamburg. Auf 400 Quadratmetern können ab Anfang Mai am Airport Arbeitsplätze gemietet werden. Was es kostet und was dahintersteckt.
Lutz Deubel hat von seinem temporären Arbeitsplatz aus gute Sicht auf das Geschehen an Gate A18. Einige Passagiere warten dort sitzend oder stehend auf ihren Abflug, andere schlendern oder hetzen durch den Terminalbereich.
Der Manager des Hamburger Flughafens sitzt eine Etage weiter oben auf einer schwarzen Holzbank in einem Separee. Daneben liegen ein paar Kissen. In der Mitte steht ein Holztisch. Darüber hängt ein Monitor mit einer Kamera. Zwei von vier Wänden sind aus Glas.
Flughafen bietet bald Co-Working-Arbeitsplätze an
„Video Conferences Box“ steht in gold-gelber Schrift auf der Glastür. Neben ihm sitzt Anna Maria Losos, mit deren Firma Beehive der Airport eine neue Kooperation eingegangen ist – und die sie im Gespräch mit unserer Redaktion erläutert.
Vom nächsten Donnerstag an können Kunden dort Co-Working-Flächen mieten. „Meines Wissens gibt es in Deutschland kein vergleichbares Angebot an einem Airport“, sagt Deubel, der Bereichsleiter Center Management am Hamburg Airport ist.
Rund 50 Arbeitsplätze stehen zur Verfügung
Auf rund 400 Quadratmetern wird derzeit noch eifrig gewerkelt. Es riecht nach Farbe. Malerteppich ist zum Schutz des Fußbodens ausgelegt. Die Küche muss noch eingebaut werden. Drei Meetingräume gibt es. 20 Plätze hat der größte, am ehesten vom Mobiliar an einen Konferenzraum erinnernde Raum.
Zudem gibt es noch einen Projektraum für bis zu sechs Personen und den Cozy Cumb, der bis zu acht Sitzplätze im Wohnzimmer-Style bietet. Auf der offenen Fläche – dem Open Space – werden bis zu zwölf weitere Arbeitsplätze untergebracht, insgesamt sind es rund 50.
Kooperation ist als Pilotprojekt angelegt
„Im Vergleich zu anderen Standorten starten wir relativ klein“, sagt Losos, die beim Hamburger Unternehmen Beehive für das Co-Working-Geschäft verantwortlich ist, „aber aus unserer Sicht von den Dimensionen her genau richtig, um ein Pilotprojekt anzugehen und uns die Bedarfe anzusehen.“
Die neuen Co-Working-Flächen liegen in Terminal 2 des Hamburger Airports. Über der Abflugebene gibt es das Conference Center, dessen Ausmaße nun nahezu halbiert wurden.
Flughafen nennt zwei Gründe für Umbau des Konferenzzentrums
Zwei wesentliche Auslöser habe es für die Entscheidung zum Umbau gegeben, sagt Deubel. Der erste ist Corona: Während der Pandemie litt der Flughafen massiv unter dem Einbruch des Flugverkehrs. Noch immer fehlt ein deutliches Stück zum Niveau von 2019.
Das liegt auch daran, dass in der Geschäftswelt ein Umdenken stattfand. Viele Meetings werden statt vor Ort online über Teams oder Zoom abgehalten – und das erhöht den Leerstand auf den Konferenzflächen des Airports.
Auch künftig werden diese Flächen im frei zugänglichen Bereich wohl nicht mehr so stark wie früher genutzt werden, so Deubel: „Kurzfristige Meetings haben vor Corona einen großen Anteil ausgemacht.“ Zukünftig werde es aber für das klassische Konferenzangebot noch schwieriger. Deswegen hoffe man, neue Kunden anzusprechen.
Branchenverband spricht von deutlichem Plus bei Buchungen
Als zweiten Grund nennt er die Popularität von Co-Working. „Wir haben in den vergangenen zwölf Monaten sehr deutlich steigende Buchungszahlen“, sagt auf Anfrage Tobias Kollewe, Präsident des Bundesverbandes Coworking Spaces.
Das Covid-19-Virus habe zwar in den ersten Monaten nach seinem Aufkommen für Verunsicherung gesorgt. Letztlich habe sich aber „die ganze Branche sehr dynamisch entwickelt“, weil die Unternehmen das Thema Remote-Arbeiten nun viel stärker in den Berufsalltag einbinden.
Allein wegen der Corona-Pandemie habe kein einziger Co-Working-Anbieter schließen müssen. Von 2018 bis 2020 hatte sich die Fläche in Deutschland vervierfacht. Kollewe, der für mehr als 400 Anbieter in Deutschland spricht, ist auch für die Zukunft optimistisch: „Wir gehen von einem sehr deutlichen Wachstum aus, sowohl bezüglich der Anzahl der Co-Working-Spaces als auch der Flächen.“ Auch weil immer mehr Firmen ihren Beschäftigten das Arbeiten in solchen Einrichtungen bezahlen würden.
Bei Beehive werden vor allem Tagestickets gebucht
Beim Hamburger Anbieter Beehive (englisch für Bienenkorb) lief es ähnlich wie im Bund. Nach der „ziemlichen Delle“ bei Buchungen im Frühjahr 2020 habe sich das Geschäft schnell wieder normalisiert, sagt Losos: „Wir sind bei den Einnahmen und den Belegungen da, wo wir vor Corona waren.“
Im Open Space würden übrigens zu 85 Prozent Tagestickets gebucht. Netto würden dafür 16,80 Euro in Fuhlsbüttel verlangt, brutto 19,99 Euro. „Die Leute entscheiden sich für die flexibelste Variante und sind bereit, es auch zu bezahlen“, sagt Losos. Wochen- und Monatstickets sind relativ gesehen günstiger.
Der Check-in-Prozess verläuft rein digital
Drucker, Scanner, Papier, Schere, Klebstoff, Tacker sowie Kaffee, Tee und Leitungswasser sind im Preis inbegriffen. Die Videoboxen können genutzt werden, wenn sie frei sind. Wer auf Nummer sicher gehen will, kann sie aber auch buchen. 44 Euro kostet ein Vier-Stunden-Slot zusätzlich. Die Meetingräume starten bei 185 Euro für vier Stunden.
Auf Personal wird weitgehend verzichtet. Reihum werden die von Donnerstag an vier Standorte in Hamburg von Mitarbeitern angefahren, Materialien wie Kaffee und Papier aufgefüllt und nach dem Rechten gesehen. Der Check-in-Prozess läuft digital ab. Am Eingang steht dafür ein Terminal parat.
„Co-Working coming soon“, steht dort derzeit noch auf dem Bildschirm.
Bezahlt wird per Kreditkarte oder auf Rechnung
Zunächst muss man sich online registrieren. Dann erhält man eine E-Mail mit einem PIN-Code. Unter dem Bildschirm sind mehrere Fächern mit Schlüsselkarten. Die Kunden greifen sich eine, geben ihren Namen und den PIN-Code ein und haben eine freigeschaltete Zugangskarte. Diese wird an einen Scanner an der Tür gehalten, dann erscheint ein grünes Licht.
Maximal fünf Minuten soll der Prozess dauern, bezahlt wird mit Kreditkarte oder per Rechnung. Im Gegensatz zu anderen Beehive-Standorten sind die Flächen nicht 24 Stunden lang, sondern nur von 6 bis 22 Uhr geöffnet. Dafür gebe es vor allem Sicherheitsgründe, schließlich seien die Terminals im Normalfall von 24 Uhr bis 4 Uhr geschlossen, heißt es.
Flughafen und Beehive investieren knapp 200.000 Euro in den Umbau
Die fortgeschrittene Digitalisierung habe mit den Ausschlag gegeben, dass man sich für Beehive als Partner entschieden habe, sagt Deubel. Das Modell ohne Empfangsmitarbeiter, mit langen Öffnungszeiten und flexiblen Konzepten auf relativ kleiner Fläche sei zudem positiv aufgefallen.
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Ein typisches Mietverhältnis sei man mit Beehive – einer 100-prozentigen Tochter des Hamburger Immobilienunternehmens Alstria Office – übrigens nicht eingegangen. Die Investitionskosten von knapp 200.000 Euro teile man, etwa Hälfte-Hälfte. Der Flughafen bereitet die Flächen vor, Beehive steuert das Mobiliar bei. Vom Ertrag erhalte der Flughafen zunächst einen gewissen Anteil, erst danach komme der Co-Working-Anbieter zum Zuge.
Weitere Co-Working-Plätze im Sicherheitsbereich des Flughafens denkbar
„Unser Ziel ist es, zusammen mit Beehive zu schauen, ob das Thema Co-Working an einem Flughafen wie dem unsrigen Potenzial hat“, sagt Deubel über das zunächst auf ein Jahr angelegte Pilotprojekt. Er würde gern Besucher und Anwohner für die temporären Arbeitsplätze begeistern und zielt damit nicht nur auf Passagiere als Kunden ab.
Bei Erfolg könnte es zukünftig auch einen „Satelliten“ im Sicherheitsbereich geben. Losos: „Der Wunsch ist unsererseits jetzt schon da.“