Hamburg. Die Gaskrise lässt die Nachfrage nach dem warmen Süden steigen, auch bei jüngeren Kunden. Preise oft überraschend niedrig.

Zwischen Bildern von türkisblauem Meer und Pagoden in Burma sitzt Silvia Alander und checkt die Angebote für Langzeiturlaub auf dem Rechner. „Ja, die Leute fragen danach und buchen auch“, erzählt die Verkaufsbüroleiterin des Tui-Reisebüros in Othmarschen. Die Veranstalter werben mit speziellen Ermäßigungen für Kunden, die in diesem Winter besonders lange die Sonne im Süden genießen wollen.

„Wir hatten hier schon Poster mit solchen Angeboten im Schaufenster“, sagt die Reiseexpertin und zeigt auf die sonnenbeschienenen Scheiben, hinter denen die Passanten in der Waitzstraße flanieren. Zugleich überlegen sich die Hamburger, ob es nicht sinn- beziehungsweise reizvoll ist, der kalten Jahreszeit mit hohen Heizkosten in Deutschland einfach zu entfliehen und es sich in warmen Gefilden gut gehen zu lassen.

Langzeiturlaub: Schnäppchen- oder Luxusreise?

Die Reisen variieren zwischen Schnäppchen und High-End-Luxus, erzählt Silvia Alander, die in der Nachbarschaft mit ihren Villengegenden auch die entsprechend wohlhabende Klientel versorgt: „Kürzlich hat jemand einfach mehrere Kreuzfahrtpassagen bei Hapag Lloyd hintereinander gebucht.“ Dabei käme schon mal ein Reisepreis von 90.000 Euro zusammen.

Dafür ist der Gast von Ende Oktober bis Januar auf den Weltmeeren unterwegs, schippert von den Kanaren über die Karibik bis in die Südsee, wo es sich bei 30 Grad auch in Shorts gut aushalten lassen dürfte, während hierzulande bei Schneeregen die Weihnachtsbäume geschmückt werden.

Langzeiturlaub schon ab 25 Euro pro Tag

Aber die Aussicht, dem nasskalten Wetter den Rücken zu kehren, ist nicht nur etwas für Reiche. Etliche Veranstalter bieten in diesem Winter spezielle Sparpakete an. Preislich ist ein Langzeiturlaub schon ab etwa 25 Euro pro Tag möglich, inklusive Flug, Transfers und Verpflegung, heißt es etwa beim Hamburger Veranstalter Öger Tours, der vor allem Ziele in der Türkei anbietet.

„Für rund 300 Euro pro Woche kann man bereits in einem sehr guten 5-Sterne-Hotel mit All-inclusive-Urlaub machen“, sagt Pressesprecherin Kathrin Rüter über Schnäppchen, die bei Öger beim (Mindest-)Gesamtaufenthalt von vier Wochen möglich sind. Indoor-Pools, weitläufige Spa-Areale und weitere Freizeit- und Sportaktivitäten machten ein Überwintern in vielen Häusern der Region, etwa in Antalya, attraktiv.

Langzeiturlaub: Nachlas bei langen Aufenthalten

Auch Tui hat günstige Aufenthalte im Programm: „Die Angebote starten mit 27 Euro pro Nacht“, sagt Sprecher Aage Dünhaupt. Wenn man für längere Zeit in den Süden reise, könne man zwar die Energiekosten zu Hause reduzieren, dafür liefe aber die Miete weiter. Dennoch: „Bei diesen Preisen kann die Rechnung schon zugunsten des Langzeiturlaubs ausgehen“, so Dünhaupt.

Er nennt einige Aktionen, die noch bis Ende Oktober laufen. Für Aufenthalte ab 21 Nächte gibt es bei der Tui 800 Euro Nachlass beziehungsweise 1500 Euro für 42 Nächte. Am beliebtesten seien als Langzeitziele die Kanarischen Inseln, die Türkei und Ägypten.

Home-Office auf den Kanaren?

Beispiele: Drei Wochen im Tui Magic Life Masmavi an der türkischen Riviera kosten ab 999 Euro pro Person im Doppelzimmer mit Flug und all-inclusive (entspricht 47 Euro pro Tag). Sechs Wochen in diesem Hotel gibt es wegen der Sonderkonditionen ab 1167 Euro pro Person im Doppelzimmer mit Flug und all-inclusive (entspricht 27 Euro pro Tag).

Die ausgedehnten Reisen werden von älteren Kunden mit viel Zeit gebucht, aber vermehrt auch von Angestellten, die ihr Homeoffice einfach an die Algarve oder auf die Kanaren verlegen. Nach der Pandemie mit dem Zwang, während der Lockdowns zu Hause arbeiten zu müssen, hat sich in vielen Firmen eine neue Flexibilität entwickelt. Mit der Folge, dass die Beschäftigten ihren Arbeitsort frei wählen dürfen – solange sie online erreichbar sind.

Diese Praxis verfolgen in Hamburg etliche kleine und große Betriebe. In IT-Berufen, bei Unternehmensberatungen und in verschiedenen Bürojobs sollen so auch rare Fachkräfte angelockt werden.

Workation: Der Trend schafft neues Klientel

„Das Interesse an Langzeiturlaub steigt eindeutig und insbesondere abseits der oftmals vermuteten Rentner“, sagt Tui-Sprecher Dünhaupt über die Entwicklung. Überwintern unter südlicher Sonne entwickele sich für mehr Reisende zu einer attraktiven Alternative zum hiesigen Winter, auch um im Süden bei warmen Temperaturen zu arbeiten. „Tui bringt in normalen Jahren über sechs Millionen Reisende in den Urlaub. Wir gehen davon aus, dass die weiter steigende Nachfrage dazu führt, dass bald über 100.000 Gäste pro Jahr davon in einem Langzeiturlaub oder mit Workation unterwegs sein können“, prognostiziert Dünhaupt.

Mit den neuen Möglichkeiten des Homeoffice und flexiblen Arbeitszeitmodellen habe der Trend Workation, also dank digitaler Vernetzung Arbeit und Urlaub zu verbinden, eine ganz neue Klientel geschaffen.

Besondere Bedingungen für Home-Office im Urlaub

„Daher bieten wir vor allem bei den eigenen Marken wie Robinson, TUI Magic Life und TUI Blue Arbeitsmöglichkeiten in der Sonne. Hier gibt es auch besondere Workation-Möglichkeiten mit speziell eingerichteten Zimmern mit Schreibtisch, Bürostuhl und Drucker“, sagt der Sprecher über die besonderen Bedingungen, die Hotels heute ihren beruflich eingespannten Gästen bieten.

Auch Veranstalter DER Touristik bestätigt den Trend: „Wir sehen eine höhere Nachfrage als früher zu Langzeiturlaub“, sagt Pressesprecherin Angela de Sando. „Zum Winter bieten wir für diese Zielgruppe sehr viele Angebote weltweit an, auch für Workation“. Bei DER, Reisesparte der Rewe Gruppe, stünden dafür insbesondere Destinationen wie die Türkei, Tunesien oder die Kanarischen Inseln im Fokus. Gegen mögliche Langeweile offerierten Hotels oftmals Sprach-, Koch- und Sportkurse sowie unterschiedliche Rahmenprogramme.

Gran Canaria ab 40 Euro pro Nacht

Viele Unterkünfte würden auch Varianten wie Bed Only ohne Verpflegung oder all-inclusive mit attraktiven Langzeit-Vorteilspreisen anbieten. Ein Beispiel von DERTOUR: Ein Aufenthalt ab 21 Tagen kostet in den Apartments San Nicolas auf Gran Canaria 40 Euro pro Nacht. Neu im Programm sind auf der Insel auch die Wohnungen ART Las Palmas by MUR Hotels, 250 Meter entfernt vom Stadtstrand Playa de las Canteras gelegen.

Hier sei man besonders auf Workation-Gäste eingestellt – mit kostenfreiem Highspeed-WLAN, einem Coworking-Bereich sowie einem Tagungsraum. Auch über Anbieter im Internet wie Weg.de buchen viele Kunden ihren Überwinterungsurlaub. Für einen zweimonatigen Aufenthalt all-inclusive biete Portugal mit 1829 Euro pro Person die günstigsten Angebote, hat eine Auswertung des Portals ergeben.

Nach einer Analyse der Reiseseite hometogo.de bieten indes Ferienwohnungen in Albanien für Dauergäste im Zeitraum zwischen November und März die günstigsten Durchschnittspreise mit 45 Euro pro Nacht für eine Unterkunft, darauf folgt Bulgarien mit 64 Euro, an dritter Stelle steht Spanien mit 67 Euro und Portugal liegt bei 75 Euro.

FeWo-Umfrage: 64 % würden dem Winter entfliehen

Die Ferienhausmarke FeWo-direkt hat aktuell auch eine neue Umfrage zum Thema Winterurlaub durchgeführt, bei der die Gäste die Gründe für ein Überwintern in einem Land mit milderem Klima angeben. Demnach ziehen 64 Prozent eine solche Auszeit in Betracht, um dem deutschen Winter zu entfliehen, 46 Prozent suchen Abwechslung, 41 Prozent wollen ein Land und die lokale Bevölkerung intensiver kennenlernen, 34 Prozent möchten Energiekosten sparen und knapp ein Fünftel denkt auch an Bildung: Diese Gäste wollen eine neue Sprache lernen.