Hamburg. Hamburg will das System vor Ostern einführen. Berlin, München und Frankfurt sammeln schon Erfahrungen damit. Wie es funktioniert.
Im vergangenen Sommer zogen sich immer wieder Menschenschlangen vor der Sicherheitskontrolle durch die Terminals am Hamburger Flughafen. Wartezeiten von 60 Minuten und mehr waren keine Seltenheit. Viele Passagiere kamen teilweise bereits vier oder fünf Stunden vor ihrem Abflug an den Helmut-Schmidt-Airport, weil sie Angst hatten, den Flieger zu verpassen.
Die Konsequenz: Sie blockierten die Kontrollspuren für Reisende, die einen früheren Abflug hatten. Empfohlen wurde, zwei bis 2,5 Stunden vor dem Abheben in Fuhlsbüttel zu sein. Solche Situationen sollen sich in diesem Jahr möglichst nicht wiederholen. Man wolle „aus den Erfahrungen lernen“ und habe viele Gespräche mit allen Beteiligten geführt, sagte Hamburgs Flughafenchef Michael Eggenschwiler vergangene Woche.
Hamburg Airport: Vor Ostern sollen sich Passagiere Slots buchen können
Ein wichtiger Baustein für die Verbesserung: Passagiere sollen sich ein Zeitfenster buchen, zu dem sie die Sicherheitskontrolle in einer separaten Spur passieren können. In wenigen Wochen – aber erst nach den Hamburger Märzferien – soll das Buchungssystem starten. Hamburg folgt damit anderen Flughäfen.
Ende August 2022 wurde es in Berlin als erstem Airport in Europa eingeführt. München zog im Oktober nach, Frankfurt vor wenigen Tagen. Unsere Redaktion stellt die Funktionsweise vor und fragte bei den Airports nach, welche Erfahrungen sie mit dem Buchungssystem gemacht haben.
Sicherheitskontrolle: Wie funktioniert das System in Berlin?
In Anlehnung an das Kürzel des Hauptstadtflughafens heißt das Konzept BER Runway. 72 Stunden vor dem Abflug ist die Reservierung eines Zeitfensters für die Sicherheitskontrolle in Terminal 1 möglich. Benötigt wird die Flugnummer und eine E-Mail-Adresse. Das gewählte Zeitfenster sollte mindestens zwei Stunden vor dem Abflug liegen, lautet die Empfehlung des Airports – aber auch schon sechs Stunden vorher ist möglich. Die letzten reservierbaren Zeitfenster sind bei Flügen im Schengen-Raum eine Stunde vor dem Abheben, bei Nicht-Schengen-Flügen 1,5 Stunden.
#Das gewählte Zeitfenster hat sowohl vorher als auch nachher einen Puffer von zehn Minuten. Insgesamt haben die Passagiere also 35 Minuten Zeit, um die Sicherheitskontrolle zu passieren. Der kostenlose Service kann grundsätzlich von allen Fluggästen über die Homepage des Flughafens und dessen Partner Clear aus den USA genutzt werden. Angeboten wird es täglich zwischen 4.45 und 20.15 Uhr. Für bis zu fünf Reisende kann in einem Vorgang reserviert werden. Wer von Terminal 2 am BER aus fliegt, sollte auch dort den Sicherheitscheck-in absolvieren, um die Wege kurz zu halten – BER- Runway kommt für diese Passagiere also eher nicht infrage.
Slots buchen am Flughafen Hamburg: Angebot begrenzt
Nach der Registrierung kommen Reisende am Abflugtag zu einem separaten Zugang, der ihnen per E-Mail mitgeteilt wurde. Dort müssen sie neben der Bordkarte einen QR-Code einscannen, der ihnen ebenfalls zugeschickt wurde und mit dem sie die Sicherheitskontrolle zum gewünschten Zeitpunkt passieren können. Beide Dokumente können digital per Handy oder ausgedruckt auf Papier vorgezeigt werden. Laut BER soll die Wartezeit zwischen fünf und zehn Minuten liegen. Anschließend findet die Sicherheitskontrolle statt. Das Handgepäck sollte möglichst nur aus einem Stück bestehen, Laptop und der Beutel mit Flüssigkeiten sollten schnell herausnehmbar sein.
Wer den gebuchten Slot verpasst, kann die anderen Zugänge zum Sicherheitscheck nutzen. Achtung: Das Angebot an Zeitfenstern ist begrenzt und kann zur gewünschten Zeit ausgebucht sein. Dann werden beim Buchungsversuch keine Zeitfenster angezeigt. Die Stornierung eines Zeitfensters ist über einen Link in der E-Mail möglich.
Was ist in Hamburg geplant?
Spätestens bis Ostern wolle man den Passagieren anbieten, einen Slot für die Sicherheitskontrolle buchen zu können, sagte Eggenschwiler. Wie in Berlin soll dies ab 72 Stunden vor dem Abflug möglich sein und das Zeitfenster 15 Minuten betragen. Anders als am BER soll es aber keinen separaten QR-Code geben, sondern der Zugangscode mit der Bordkarte kombiniert werden. Im Gegensatz zum Hauptstadtflughafen werden Passagiere also nur einen Nachweis erbringen müssen.
Wie das genau aussehen wird und wie die Details der Abläufe sein werden, werde noch festgelegt, so Eggenschwiler: „Das ist etwas Spitz auf Knopf geplant.“ In den nächsten Wochen dürfte der Testlauf am Helmut-Schmidt-Airport gestartet werden. Klar ist, dass das Angebot ebenfalls kostenlos sein und mit einer Spur begonnen wird und man die Zahl der Slots „flexibel handhaben“ will. „Da werden wir uns herantasten“, sagte Eggenschwiler.
Welches Fazit zieht der Berliner Airport?
Im ersten halben Jahr seit der Einführung seien rund 430.000 Slots gebucht worden, sagte die Berliner Flughafensprecherin Sabine Deckwerth: „Aktuell wird der BER Runway von etwa zwölf Prozent aller abfliegenden Fluggäste genutzt.“ Das „attraktive Angebot“ werde sehr gut angenommen. Reisende könnten Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen reduzieren, die Dauer ihres Aufenthalts am Flughafen besser planen und ihre Reise stressfreier gestalten. Dem Flughafen werde es ermöglicht, Passagierströme vor den Sicherheitskontrollen besser zu steuern. Die Zahl der für die Slotbuchungen eingeteilten Kontrollspuren richte sich nach den erwarteten Belastungsspitzen. Vor dem Start des Sommerflugplans werde man die Kapazitäten dafür aufstocken, sagte Deckwerth: „Wir werden diesen Service systematisch erweitern.“
Wie läuft es in München?
Am Münchner Flughafen läuft das Projekt unter dem Namen „Q-Lane“. Ursprünglich waren in einer Testphase 60 Tage dafür vorgesehen. Dann sei der Zeitraum auf etwas mehr als 100 Tage verlängert worden, sodass er Mitte Februar auslief, sagte Airport-Sprecher Robert Wilhelm: „Im Moment sind wir dabei, die ganzen dabei entstandenen Daten zu prüfen und auszuwerten.“ Das dauere noch einige Zeit. Ein Fazit der Testphase könne man daher nicht ziehen. Derzeit können Passagiere keine Slots für die Sicherheitskontrollen buchen, der Service pausiert.
Was sind die Erfahrungen in Frankfurt?
Seit dem 20. Februar gibt es am größten deutschen Luftverkehrsdrehkreuz den FRA Smartway. Mehrere Hundert Passagiere hätten seit dem Start das System genutzt, sagte Fraport-Sprecherin Dana Selin Kröll. „Die Nachfrage nach Slots ist sehr hoch, wir haben aber bewusst einen ,Soft Start‘ gewählt und skalieren das Slotangebot Stück für Stück nach oben.“ Das System laufe stabil, und man erhalte positive Rückmeldungen von Passagieren. Perspektivisch erhoffe man sich einen abmildernden Effekt auf die Spitzenbelastungen und Wartezeiten an den Sicherheitskontrollen – wegen der bisher kurzen Erprobungsphase, die mehrere Wochen dauern solle, könne man aber bisher noch keine valide Aussage über das Laufen des Tests treffen. Bei Erfolg plane man eine direkte Übernahme in den Regelbetrieb.
Welche Rahmenbedingungen müssen trotz Slotbuchung noch stimmen?
Auch wenn man demnächst Slots für die Sicherheitskontrolle in Hamburg buchen könnte – das Konzept erfordert eine realistische Zeitplanung bei der Anreise, um pünktlich zum Sicherheitscheck-in zu kommen. Denn vor dem Betreten des Sicherheitsbereichs müssen wichtige Dinge erledigt werden. Dazu gehört bei Bedarf das Finden eines Parkplatzes – eine Reservierung hilft dabei. Der Check-in kann bei vielen Fluglinien online von zu Hause erfolgen. Beim Hamburger Marktführer Eurowings ist das bis zu 72 Stunden vor Abflug möglich. Ansonsten stehen in Fuhlsbüttel 18 Check-in-Automaten bereit. Kunden von Eurowings, Lufthansa, Condor, Austrian, Brussels und Swiss können zudem am Vorabend von 18 bis 20 Uhr einchecken und ihr Gepäck aufgeben, wenn ihr Flug am Folgetag bis 12 Uhr abhebt.
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Wer seine Bordkarte virtuell oder auf Papier in der Hand hält, kann die Gepäckaufgabeautomaten nutzen, um den Koffer auf den Weg zum Flugzeug zu bringen. In Terminal 1 stehen 20 davon, in Terminal 2 zehn weitere. Derzeit bieten elf Airlines den Kunden diesen kostenlosen Service an: Air France, Austrian Airlines, Brussels Airlines, Condor, Easyjet, Eurowings, Finnair, KLM, Lufthansa, SAS und Swiss. Bei Fluglinien wie Emirates, Ryanair, Wizz Air und Turkish Airlines sei dies nicht möglich, weil sie in ihren Systemen bisher nicht über passende Schnittstellen verfügten. 2022 wurde jeder vierte Koffer in Fuhlsbüttel an Automaten aufgegeben. Eurowings steigerte den Anteil zuletzt deutlich auf mehr als 70 Prozent. Die Abläufe würden durch das Nutzen der Technik deutlich beschleunigt, sagte Eggenschwiler: „Das bringt richtig was.“
Wie ist die Lage in den Märzferien?
Der Flughafen rechnet mit weitgehend stabilen Verkehrszahlen, weil außer Hamburg ab Sonnabend kein anderes Bundesland Schulferien hat. Pro Woche werden rund 210.000 An- und Abreisende erwartet, geringfügig mehr als zuletzt. Freitage und Wochenendtage werden die stärksten Reisetage sein, wenn bis zu 35.000 Passagiere pro Tag erwartet werden. An diesen Tagen „und in den frühen Morgenstunden, wenn viele Urlaubsflieger starten, kann es aber mal etwas voller werden. Wir empfehlen daher allen Passagieren, rund zwei Stunden vor Abflug am Flughafen zu sein“, sagt Flughafensprecherin Katja Bromm. Beliebte Ziele seien die Kanaren und Dubai sowie Mallorca im Süden. Skifahrer zieht es gen Basel, Bozen, Innsbruck und Salzburg.