Westerland auf Sylt. Co-Working-Flächen kann man in List und Kampen zeitweise mieten – unter Reet. Was die Plätze pro Stunde, Tag und Monat kosten.

Hamburg statt Sylt? Für Gina Semmelhack ist das keine Frage. Trotzdem hat die Sylterin im vergangenen Jahr nicht lange überlegt, als ihr ein neuer Arbeitsplatz bei einem Tech-Start-up in der Hansestadt angeboten wurde. "Aber ich habe mich entschieden, auf der Insel zu bleiben und von hier aus im Homeoffice zu arbeiten", sagt die Marketing-Expertin. Also: Sylt und Hamburg!

Das Modell funktioniert. Alternativ mietet sie sich seit einigen Wochen auch immer mal wieder auf einer neuen Co-Working-Fläche in Kampen ein. "Das nutze ich gern stundenweise", sagt die 29-Jährige. "Vor allem, weil ich mich dort mit einer Kollegin treffen und zusammenarbeiten kann, die auch auf Sylt ist."

Seitdem die Corona-Pandemie die bisherige Arbeitswelt umgekrempelt hat, klappen immer mehr Menschen ihren Laptop auf, wo sie gerade sind. Sylt will bei dem Trend mitmischen. Pionier auf der Urlaubsinsel war das Coworking Sylt, das schon vor einem Jahr am Lister Markt eröffnet hatte. Seit Kurzem existiert auch in Kampen ein Angebot für geteilte Arbeitsplätze.

Sylt: "Workation" auf der Insel – Arbeit und Urlaub verbinden

"Gerade im Sommer gibt es viele Menschen, die hier bei uns viel Zeit bringen wollen. Denen wollen wir die Möglichkeit geben, in Ruhe Urlaub zu machen und zugleich effektiv zu arbeiten", sagt Kampens Tourismus-Direktorin Birgit Friese. Morgens am Watt joggen, die Mittagspause im Strandkorb genießen, am Abend in einem der Sylter Restaurants essen gehen – und zwischendurch Co-Working unter Reet. "Workation" nennt man das auch. Der Begriff ist ein Kunstwort, dass aus dem englischen Work (Arbeit) und Vacation (Urlaub) zusammensetzt.

In Kampen war die Idee für das neue Angebot im vergangenen Jahr entstanden. "Wir haben beobachtet, dass immer wieder Leute zu uns ins Kaamp-Hüs kommen, sich mit ihrem Laptop auf die Galerie setzen und dort arbeiten und telefonieren", erzählt Dinah Boysen, Veranstaltungsmanagerin beim Tourismus-Service. Kein Wunder, denn im Kaamp-Hüs ist es ruhig und es gibt stabiles Internet. Da es parallel Überlegungen gab, wie man die Räume des Kaamp-Hüs effektiver nutzen, brachte die 44-Jährige das Projekt ins Rollen.

Blick auf exklusive Reetdach-Villen

Im Sitzungssaal 2 stehen jetzt sechs Schreibtische locker im Raum verteilt und mit Trennwänden abgeschirmt. Es gibt Stromanschlüsse, schnelles Internet, Drucker und eine Telefonbox für private Gespräche. Auch die Versorgung mit Kaffee oder Tee ist geregelt. Fast von jedem Arbeitsplatz hat man einen schönen Blick – nicht auf die Nordsee, aber auf exklusive Reetdachhäuser und gepflegte Gärten.

Birgit Friese ist Tourismus-Direktorin in Kampen auf Sylt.
Birgit Friese ist Tourismus-Direktorin in Kampen auf Sylt. © Tourismus-Service Kampen

Die Einrichtung des Coworking Kampen hat eine niedrige fünfstellige Summe gekostet. Zu 80 Prozent wurde das Projekt von der Aktiv-Region-Uthlande gefördert, einer Landesiniative für die Verbesserung der Infrastruktur an der nördlichen Westküste Schleswig-Holsteins.

"Wir haben ein Online-Buchungssystem, über das auch die Verfügbarkeiten sichtbar sind", sagt Projektmanagerin Boysen. In der Regel ist die Co-Working-Fläche zu den Öffnungszeiten des Kaamp-Hüs nutzbar. In der Startphase kostet eine Stunde 10 Euro, der Tagespreis liegt bei 50 Euro. Für Januar ist eine Preiserhöhung geplant.

Co-Worker kommen vor allem im Sommer nach Sylt

Hinter dem Coworking Sylt im Einkaufszentrum am Lister Markt stehen Sven Paulsen, Chef des Familienunternehmens Adler-Schiffe und der Sylter Verkehrsgesellschaft, sowie Öger Akgün, der unter anderem eine Strandkorbvermietung und diverse andere Firmen auf der Insel betreibt. "Es gibt eine Nachfrage, allerdings eher in der Sommersaison", sagt Co-Gründer Paulsen ein Jahr nach der Eröffnung.

Blick in die Co-Working-Fläche am Lister Markt auf der Insel Sylt.
Blick in die Co-Working-Fläche am Lister Markt auf der Insel Sylt. © Coworking Sylt GbR

Auf 80 Quadratmetern bietet das Unternehmerduo im Norden der Insel acht moderne Arbeitsplätze an, die rund um die Uhr an sieben Tagen die Woche nutzbar sind. Eine Besonderheit: Jeder Arbeitsplatz verfügt über ein separates WLAN.

Claudio Kusnitzoff Diaz hatte sich im Sommer mit seiner Frau für eine Woche in dem Co-Working-Space eingemietet. "Wir waren mit dr Familie einen Monat in einem Haus in Westerland", sagt der Münchener. Während Schwiegereltern und Kind Urlaub hatten, mussten die Kusnitzoffs – beide in der IT-Branche tätig – in der Zeit auf Sylt auch arbeiten. "Da war das Angebot in List eine gute Lösung", sagt der 49-Jährige. "Dadurch konnten wir Urlaub und Arbeit ganz klar trennen."

Sylt: Co-Working-Spaces kosten 750 Euro Miete pro Monat

Ein Arbeitsplatz kostet 180 Euro pro Woche. Die Monatsmiete liegt bei 750 Euro, im Rahmen eines Jahresvertrags zahlt man 600 Euro pro Monat. "Es gibt Überlegungen, auch kürzere Buchungszeiträume anzubieten", sagt Sven Paulsen. Denn noch ist die Co-Working nicht ausgelastet.

Auch in Kampen ist im Moment kein Problem, einen Platz zu bekommen. "Das Interesse ist da, aber unser Angebot muss sich noch rumsprechen", sagt Dinah Boysen vom Tourismus-Service