Hamburg. Die Vorwürfe sind hart und richten sich vor allem gegen den Senat: die Politik sitze die Probleme aus. Was die Spediteure fordern.
Hamburgs Spediteure warnen vor einem Bedeutungsverlust des Hamburger Hafens. Die Corona-Krise mit ihren globalen Verwerfungen habe zwar alle Häfen getroffen, sagte Axel Plaß, Vorsitzender des Vereins Hamburger Spediteure (VHSp), am Donnerstag im Vorfeld der jährlichen Mitgliederversammlung. Aber während andere Häfen sich mittlerweile wieder erholen würden, trete Hamburg weiter auf der Stelle. Anstatt kleiner seien die Probleme im Hafen immer größer geworden. Die Folge seien massive Ladungsverluste an andere Häfen. Selbst gemachte Wettbewerbsnachteile seien dafür verantwortlich, dass derzeit Ladung „im großen Stil“ Hamburg verlasse. „Inzwischen läuft vieles an Hamburg vorbei.“
Die Verschiffung von Seegütern aus dem Westen Deutschlands habe man schon lange an die Westhäfen wie Rotterdam verloren. „Aber jetzt ist Hamburg in einer Phase, in der der Hafen Ladung in den Osten verliert, und das war bisher seine Stärke“, warnte Plaß.
Hamburger Hafen: Spediteure warnen vor Verlust von Ladung „in großem Stil“
Der Vereinsvorsitzende macht vor allem politische Fehler dafür verantwortlich. „Wir haben in Hamburg den Eindruck, dass mehr Parteipolitik gemacht wird als Politik mit Augenmaß und Politik für die Wirtschaft.“ Die seit Jahren bestehenden Probleme würden lediglich von einem Bürgermeister zum nächsten weitergegeben oder einfach ausgesessen. Der Hafen werde aus ideologischen Gründen in eine bestimmte Ecke geschoben. Als Beispiel nannte er den Hafenentwicklungsplan: „Wenn in diesem die Ausgestaltung der Radwege im Hafen eine größere Rolle spielt als der Containerumschlag, dann geschieht das aus ideologischen Gründen.“
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Auch bei den Containerterminals laufe einiges noch nicht wieder normal. Immer häufiger würden Kunden kommen und fordern, dass ihre Ware über Rotterdam oder Antwerpen abgewickelt werde anstatt über Hamburg, warnte Plaß. „Wollen wir wirklich an den Hafen ein Schild hängen, auf dem steht: Wegen Unfähigkeit geschlossen?“
Spediteure kritisieren Zollabfertigung im Hafen
Pay-Andres Lüders, ebenfalls Vorstandsmitglied des VHSp, machte deutlich, dass die Zollabfertigung im Jahresdurchschnitt ordentlich laufe, zu Urlaubszeiten aber nicht. „Derzeit variieren die Abfertigungszeiten zwischen zwei Stunden und acht Tagen. Wie soll man da die Abholung von Containern planen?“ Er forderte eine Automatisierung der Zollabfertigung.
Auch bundespolitische Hemmnisse machen die Spediteure für den Rückfall des Hafens verantwortlich. Als Gründe nannten sie die vorfällige Einfuhrumsatzsteuer, die in Deutschland von den Spediteuren sofort beim Erhalt der Ware bezahlt werden muss, in anderen Häfen aber mit der Umsatzsteueranmeldung verrechnet wird. Auch die steuerlichen Erleichterungen der Reedereien durch die Tonnagesteuer sind den Spediteuren ein Dorn im Auge.
Hamburger Hafen: Spediteure beklagen selbst gemachte Wettbewerbsnachteile
Der stellvertretende Vorsitzende, Willem van der Schalk, verwies hingegen auf ein weiter schwieriges Verhältnis seiner Branche zu den Reedern. Diese kauften sich mit den hohen Gewinnen der vergangenen Jahre immer weiter in die vor- und nachgelagerte Logistik der Schiffstransporte ein und machten den Spediteuren damit ihr Geschäft streitig. Einer Umfrage des VHSp unter seinen Mitgliedern zufolge bewerten 73 Prozent von ihnen ihr Verhältnis zu den Reedern mit der Schulnote Vier oder schlechter. „Auch von Kundenservice kann bei den Reedereien in den letzten Jahren in keiner Weise mehr die Rede sein.“, kritisierte er.
In einem Positionspapier fordern die Spediteure unter anderem eine Beschleunigung der neuen Köhlbrandquerung, den Ausbau der Autobahnen in der Metropolregion und mehr Investitionen in den Schienenverkehr. Außerdem müsse unter anderem die Ausbildung in Hamburg attraktiver werden. „Jede zweite unserer Mitgliedsfirmen kann nicht alle angebotenen Ausbildungsstellen besetzen“, sagte Vereinsmitarbeiterin Susanne Kruse.