Hamburg . Die Aktie des Flugzeugbauers legt ebenfalls zu. Doch es gibt auch Probleme – etwa mit der Produktion des A320.

Etwas Abschiedsschmerz verspürt Guillaume Faury am Donnerstag in Toulouse. Zum vierten Mal führt der Vorstandsvorsitzende zusammen mit Finanzchef Dominik Asam durch die Bilanzpressekonferenz von Airbus – aber es ist das letzte Mal. „Es war ein Privileg und eine Ehre, mit dir zusammenzuarbeiten. Du hast Airbus viel gegeben“, sagte der Franzose in Richtung des Deutschen, mit dem er den Flugzeugbauer durch die schwere Corona-Krise steuerte.

Asam wird den Konzern am 3. März verlassen und in gleicher Funktion zum Softwarehaus SAP wechseln. Wenige Stunden zuvor hatte der DAX-Konzern die Nachfolge geregelt – und die hat Hamburg-Bezug.

Airbus: Neuer Finanzchef ist Hamburger

Zum 1. September soll Thomas Töpfer neuer Finanzchef werden. Der 50-Jährige ist in der Hansestadt geboren und ist bislang beim DAX-Konkurrenten Covestro tätig, bei dem er ebenfalls die Finanzen führt und Arbeitsdirektor ist. Er studierte an der Wissenschaftlichen Hochschule für Unternehmensführung Otto Beisheim in Koblenz.

Nach seiner Promotion hatte er Stationen bei bekannten Unternehmen: der Reederei Hapag-Lloyd, dem Warenhauskonzern Karstadt sowie dem Hamburger Gabelstaplerhersteller Still sowie dessen Mutterkonzern Kion. Bei Airbus werde sein Arbeitsplatz aber künftig in Toulouse sein, sagte ein Sprecher.

Der neue Finanzchef von Airbus ist ein gebürtiger Hamburger: Thomas Töpfer startet im September.
Der neue Finanzchef von Airbus ist ein gebürtiger Hamburger: Thomas Töpfer startet im September. © Covestro

Airbus steigert Umsatz und Gewinn

Töpfer wird zu einem finanziell gesunden, aber trotzdem mit Problemen kämpfenden Konzern stoßen. Im vergangenen Jahr verdiente Airbus unter dem Strich 4,247 Milliarden Euro. Damit wurde der Rekordgewinn des Vorjahres um 34 Millionen Euro getoppt. Der Umsatz stieg um 13 Prozent auf 58,8 Milliarden Euro. „Wir haben ein solides Finanzergebnis erzielt“, sagt Faury und ergänzt: „wenngleich sich unsere Lieferkette aufgrund des widrigen Geschäftsumfelds nicht so schnell erholen konnte wie erwartet.“

Die Lieferketten sind schon in den vergangenen Monaten stets das Thema gewesen. Im Dezember wurde die Produktion beispielsweise durch Engpässe bei Computerchips gebremst, die für die Fertigstellung von mikroelektronischen Bauteilen gebraucht werden. Diese wiederum werden für viele Bordgeräte benötigt. Zudem gab es Störungen bei chinesischen Teileherstellern wegen der strikten Corona-Politik Chinas.

Auch steigende Inflation und Energiekosten sowie Rohstoffknappheit, die alle Unternehmen der Branche betreffen, belasten sowie der Fachkräftemangel, der insbesondere kleinere Zulieferer trifft. Die Folge: Zweimal musste der Konzern seine Auslieferungsprognose für 2022 reduzieren. Vor einem Jahr gab man rund 720 Verkehrsjets als Ziel aus, letztlich wurden es 661 Flieger.

Airbus: Faury peilt Marke von 720 Auslieferungen an

Für dieses Jahr peilt Faury nun wieder die Marke von 720 Auslieferungen an. Was ihn optimistisch stimmt, dieses Mal die Prognose zu erfüllen? Man habe 2022 so viel mit den Zulieferern an deren Pro­blemen gearbeitet, dass man ein tiefes Verständnis für deren Situation und Fähigkeiten zum Aufbau von Kapazitäten gewonnen habe, sagt Faury und ergänzt: „Was wir nicht wissen, ist, wie die Welt sich 2023 entwickeln wird.“ Er ist ein gebranntes Kind: 2020 legte kurz nach der Bilanzvorstellung das Coronavirus die Welt lahm, 2022 begann eine Woche später Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine.

Historische Ereignisse, die die jahrzehntelang Wachstum gewöhnte Branche kräftig durcheinanderwirbelten. Airbus reduzierte seine Fertigungskapazitäten während der Pandemie kräftig, kämpft nun darum, sie wieder hochzufahren – und spürt dabei mehr Gegenwind als erwartet. Von der für Hamburg so wichtigen A320-Familie – etwa jedes zweite Flugzeug der Reihe wird an der Elbe endmontiert – wurde die Fertigungsrate im Frühjahr 2020 von 60 auf 40 Maschinen monatlich gesenkt.

Hochlauf der A320-Produktion beim Flugzeugbauer verzögert sich weiter

Als die Luftfahrt wieder anzog und befürchtete Abbestellungen von finanzklammen Airlines ausblieben, wurde die Rate wieder erhöht. Eigentlich sollte bereits Mitte dieses Jahres die neue Rekordrate von 65 Fliegern erreicht werden. Dann hieß es sehr unkonkret in den Jahren 2023 und 2024. Nun weiß man, dass diese Zeitangabe voll ausgenutzt wird. „Wir erwarten nun eine monatliche Rate von 65 Flugzeugen am Ende des Jahres 2024 und die Rate 75 im Jahr 2026“, sagt Faury. Der weitere Hochlauf auf 75 Flieger sollte eigentlich 2025 geschafft sein, zuletzt „Mitte des Jahrzehnts“. Begründung: „Unsere Lieferkette hat sich nicht in dem Tempo erholt, wie wir es erwartet hatten“, sagt der Airbus-Sprecher.

Ende des Jahres seien um den Daumen gepeilt etwa 45 Flieger pro Monat gebaut worden, sagt Faury. Für dieses Jahr strebe man circa 50 an. Auch bei den in Toulouse gebauten Großraumjets erholt sich das Geschäft langsam. Vom A330 sollen 2024 vier statt bisher drei Langstreckenjets pro Monat gebaut werden, vom A350 werden nun für Ende 2025 neun statt bisher sechs Flieger monatlich angestrebt.

Das Auftragsbuch ist um 157 Jets dicker geworden. Es liegen Bestellungen über 7239 Flugzeuge vor. Die Kapazitäten sind damit für annähernd ein Jahrzehnt ausgelastet. Für den Verkaufsschlager A320-Familie gebe es die nächsten freien Bauplätze im Jahr 2029, sagt Faury: „Alle Airlines arbeiten an ihrer Langzeitplanung und platzieren Bestellungen für die nächste Dekade, um sich Slots zu sichern in einer Industrie, in der die Nachfrage stärker als das Angebot ist.“

Airbus meldet Rekordgewinn – Aktie legt zu

Um das Fliegen mit Wasserstoffantrieb zu schaffen – der „grüne“ Flieger soll 2035 auf den Markt kommen – werde man mehr als zwei Milliarden Euro investieren, „um technologische Durchbrüche in dieser Richtung zu erreichen“, so Faury. Es sei aber eine kollektive Aufgabe. Schließlich müsse auch die Infrastruktur drum herum stimmen, sei es die Energiezufuhr mit Wasserstoff oder das Vorhandensein von Materialien und Antriebssystemen. Die Treibhausgase der eingesetzten Jets will der Konzern bis 2035 um 46 Prozent im Vergleich zu 2015 reduzieren.

Die Börse nimmt die Zahlen aus Toulouse positiv auf. Bis zum Nachmittag steigt die Aktie um 4,5 Prozent auf 124,48 Euro. Die Aussicht auf eine höhere Dividende – 1,80 statt 1,50 Euro – sowie einen höheren operativen Gewinn – das bereinigte Ebit soll von 5,6 auf rund sechs Milliarden Euro in diesem Jahr steigen – dürften Anleger zu schätzen wissen. Analysten sind allerdings uneins: „Kaufen“ mit Kursziel 135 Euro empfiehlt zum Beispiel Goldman Sachs, „Verkaufen“ rät UBS und sieht 105 Euro als fairen Wert an.