Hamburg. Wohlhabende sind für Banken ein lukratives Geschäft. Die Sparkasse stockt das Personal stark auf – doch die Konkurrenz ist groß.

Deutlich weniger Filialen, klare Fokussierung auf das Onlinebanking: der durchschnittliche Bankkunde muss beim Service immer mehr Abstriche machen. Vor allem viele Ältere tun sich damit schwer. Gleichzeitig entdecken die Geldinstitute eine andere Klientel für sich, um welche sie sich immer intensiver bemühen – und zwar mit großem Personalaufwand: die vermögenden Kunden.

So baut die Haspa den Bereich „Private Banking“ mit derzeit rund 150 Beschäftigten gerade deutlich aus. Bis zum Jahreswechsel 2024/2025 sollen 50 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dafür gewonnen werden. Auch die HypoVereinsbank ist in diesem Kundensegment auf Wachstumskurs und siedelt ein neues Team aus vier „erfahrenen Beraterinnen und Beratern“ in Othmarschen an.

Hamburger Banken: Mit reichen Kunden lässt sich mehr verdienen

„Insbesondere Othmarschen, Groß Flottbek, Blankenese und Rissen sind ein hervorragendes Marktumfeld“, sagt dazu Petra Köhler, Leiterin Wealth Management und Private Banking Nord. Die Hamburger Sutor Bank berichtete vor wenigen Tagen ebenfalls über vier Neuzugänge im Private-Banking-Team.

Zum 1. Juli startet zudem eine Repräsentanz des Wolfenbütteler Bankhauses Seeliger in Harvestehude – es ist die erste Filiale von Niedersachsens größter Privatbank außerhalb des Stammgebiets Wolfenbüttel in der mehr als 225 Jahr umfassenden Unternehmensgeschichte. Leiter des Standorts wird Stefan Ludwig, der bisher bei Merck Finck für die gemeinsame Niederlassung Hamburg und Berlin verantwortlich war. Bis 2013 arbeitete Ludwig für das Hamburger Bankhaus Berenberg. Ein weiterer neuer Wettbewerber ist die LGT aus Liechtenstein, die im Herbst eine Niederlassung an den Großen Bleichen eröffnet hat.

„Während das breite Kundengeschäft der Banken eher stagniert, wächst nicht nur die Zahl der vermögenden Privatpersonen, auch der Umfang des Geldes in dem entsprechenden Markt nimmt kontinuierlich zu“, erklärt Martin Faust, Professor für Bankbetriebslehre an der Frankfurt School of Finance and Management. „Damit lässt sich dort auch mehr verdienen, zumal mit Ausnahme des Jahres 2022 die Kapitalmärkte zuletzt meist sehr gut gelaufen sind.“

Die Unternehmensberatung Bain & Company prognostiziert in einer Wealth-Management-Studie eine Zunahme der globalen Vermögen bis zum Jahr um gut 90 Billionen auf dann 229 Billionen Dollar (210 Billionen Euro).

Zahl der Einkommensmillionäre in Hamburg besonders hoch

Dass Hamburg ein so beliebter Standort für dieses Geschäft ist, liegt sicherlich auch daran, dass hier der Anteil der Einkommensmillionäre höher ist als in allen anderen Bundesländern – laut Statistischem Bundesamt kommen in der Hansestadt auf je 10.000 Steuerpflichtige zwölf Personen mit einem Jahreseinkommen jenseits der Millionenschwelle.

Bundesweit gehören die Deutsche Bank und die Commerzbank zu den wichtigsten Anbietern in dem Marktsegment. Das dürfte in Hamburg nicht sehr viel anders sein, nur dass ortsansässige Adressen wie Berenberg und M.M. Warburg hier ebenfalls eine wichtige Rolle spielen.

Vor diesem Hintergrund hat die Haspa ehrgeizige Pläne. „Im Privatkundengeschäft insgesamt hat die Haspa einen Marktanteil von rund 50 Prozent, im Private Banking aber sind es 15 bis 20 Prozent“, sagt Frank Krause, der gemeinsam mit Annemarie Schlüter diesen Bereich bei der Sparkasse leitet.

„Diesen Anteil wollen wir deutlich ausbauen. Unser Ziel ist es, in der Metropolregion Hamburg die bedeutendste Adres­se für die Betreuung vermögender Kunden zu werden.“

Haspa betreut 11.000 Kunden mit elf Milliarden Euro

Wie Faust verweist auch der Haspa-Manager auf das immer größer werdende Potenzial. „Verschiedene Studien veranschlagen das Wachstum des Private-Banking-Marktes in Deutschland auf sechs bis zehn Prozent pro Jahr“, sagt Krause. „Wir trauen uns ein höheres Wachstum zu.“ Aktuell betreut die Haspa in dem von Schlüter und Krause verantworteten Geschäft 11.000 Kunden mit einem Vermögen von zusammen elf Milliarden Euro.

Den zunehmenden Wettbewerb an diesem Standort sieht Krause „sehr gelassen“. Sein Argument: „Je mehr Bewegung im Markt ist, um so größer sind unsere Chancen, denn die Kunden suchen Stabilität und Kontinuität.“ Tatsächlich mutet der Kurs mancher Konkurrenten nicht wirklich konsequent an. So hatte sich etwa die LGT vor gut zehn Jahren aus dem deutschen Markt zurückgezogen, jetzt ist sie wieder da. Ähnliches gilt für Credit Suisse und andere ausländische Adressen.

Engpass an qualifizierten Beratern für diesen Kundenkreis

Entscheidend sei, die Bedürfnisse der speziellen Klientel auch wirklich zu verstehen und darauf einzugehen, sagt Krause. „Es gibt Dinge, die für unsere Kunden mindestens genau so wichtig sind wie die Frage, ob sie die Aktien A oder B kaufen sollen.“

So sei das Immobilienvermögen dieser Kunden nicht selten umfangreicher als das Wertpapiervolumen, und häufig gehe es auch um Themen rund um das Erben und Vererben. „Die Kunden schätzen es, wenn man all dies im Blick hat und vernetzte Lösungen liefern kann. Darin sehe ich einen Vorteil gegenüber Anbietern, die sehr stark auf die reine Wertpapieranlage fokussiert sind“, so Krause.

Wie die Aufstockung des Private-Banking-Bereichs der Haspa zeigt, ist dies ein recht personalintensives Marktsegment. „Zwar haben sich auch ältere Kunden mehr und mehr daran gewöhnt, Videokonferenzen zu nutzen“, sagt Faust, „aber es bleibt ein sehr personenbezogenes Geschäft, in dem man erwartet, mit dem vertrauten Berater sprechen zu können.“ Nach Einschätzung des Experten gibt es bereits einen Engpass an qualifizierten Beratern, der sich noch verschärfen werde.

Haspa: Hälfte der zusätzlichen Berater kommt aus eigenem Haus

Faust erwartet daher eine Zweiteilung des Marktes: Privatbanken wie Berenberg oder Bethmann konzentrieren sich auf die wirklich sehr vermögenden Kunden. Andere Anbieter zielten mit weitgehend standardisierten Produkten wie Dachfonds dagegen auch auf kleinere Anlagebeträge bis hinunter in den niedrigen sechsstelligen Bereich, um solche Kunden nicht an neue Wettbewerber wie etwa Scalable Capital mit Anlageroboter-Lösungen zu verlieren.

„Unterhalb von etwa 300.000 Euro macht das Geschäft aus meiner Sicht aber keinen Sinn, weil dann auch die Kosten, die mit individueller Betreuung bei mindestens rund 1,5 Prozent des Anlagebetrags pro Jahr liegen müssten, gegenüber den Anlagerobotern mit Kostensätzen von häufig deutlich weniger als einem Prozent zu hoch wären“, erklärt Faust.

Krause fürchtet nicht, durch Personalnot gebremst zu werden: „Unter den 4000 Beschäftigten der Haspa haben wir viele tolle Talente, die wir weiterentwickeln können. Etwa die Hälfte der neuen Kolleginnen und Kollegen gewinnen wir auf diese Weise, die andere Hälfte kommt von Groß- und Privatbanken zu uns.“