Kiel. Daniel Günther hatte den Hotels im Norden nahegelegt, in diesem Winter Saunas und andere energieintensive Angebote abzuschalten.
Mit Unverständnis reagieren Norddeutschlands Hoteliers und Touristiker auf die Forderung von Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU), im Zuge der Energiekrise auf den Betrieb von Saunen in Wellnesshotels zu verzichten. „Man muss im kommenden Winter nicht zwingend in die Sauna gehen“, hatte Günther gesagt und die Hoteliers aufgefordert, ihre Saunen freiwillig zu schließen. Ein Saunabesuch sei ein verzichtbarer Luxus in diesem Winter.
„Es bringt nichts, pauschal solch eine Idee in die Welt zu setzen“, sagt Christian Siegling, Hoteldirektor des Fünf-Sterne-Superior-Resorts Severin’s Resort & Spa auf Sylt. Für ihn ist die Schließung des Saunabereichs keine Option. Denn: „Gerade im Winter ist der Wellnessbereich eine Motivation für viele unserer Gäste, zu uns zu kommen.“ Das Severin’s verfüge zudem über ein eigenes Blockkraftheizwerk, das den Strom für den Spa-Bereich liefere.
Gaskrise: Hotels wehren sich gegen Energiesparpläne
Kollege Töns Haltermann vom Bayside in Scharbeutz hält die Aussage Günthers für unüberlegt: „Wären wir dazu verpflichtet, die Wellnessbereiche dichtzumachen, könnten wir unsere Türen gleich schließen.“ Zu wichtig seien Sauna und Co. für die Wirtschaftlichkeit der Häuser. „Die Folge wären wieder Kurzarbeit.“
„Daran hängen einfach viele Arbeitsplätze“, bestätigt Axel Strehl, Präsident des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) in Schleswig-Holstein. Er ärgert sich über die Forderung von Ministerpräsident Günther. „Die Hotels haben in den vergangenen zwei Jahren durch die lang anhaltenden pandemiebedingten Schließungen so viel Energie sparen müssen. Wir haben genug aufzuholen und dürfen nicht wieder ausgebremst werden.“
Ohne Wellnessbereich "hätten wir keine Daseinsberechtigung mehr"
Wie wichtig die Wellnessbereiche für Hotels sind, macht Isa Schneider, Geschäftsführende Gesellschafterin der Küstenperle in Büsum, deutlich: „Unsere Gäste kommen ab dem Herbst hauptsächlich aufgrund unseres Wellness- und Spa-Angebotes. Wir hätten keine Daseinsberechtigung mehr, wenn dieses Angebot unseren Gästen verwehrt bleibt.“ Die Corona-Beschränkungen, bei denen Schwimmbad und Saunen gar nicht oder nur beschränkt nutzbar waren, hätten gezeigt, dass eine Schließung bei den Gästen nicht gut ankomme. Ist der Wellnessbereich geschlossen, so die Befürchtung vieler Hoteliers, blieben auch die Gäste weg. Das sei existenzbedrohend.
„Wer kompensiert dann den Umsatzverlust?“, fragt Marco Nussbaum, Hotelier aus Hohwacht an der Ostsee und Vorstand im IHA Hotelverband Deutschland e.V. „Mittlerweile gibt es kaum noch Hotels, die ihren Gästen nur eine Übernachtungsmöglichkeit anbieten. Die meisten haben ein Zusatzangebot, zum Beispiel einen Wellnessbereich. Solche Angebote werden etabliert, um Nachfrage zu generieren. Nachfrage, die das Hotel benötigt, um wirtschaftlich erfolgreich zu sein.“ Mit solchen Aussagen werde eine Verunsicherung geschürt. Gäste, die vielleicht buchen wollten, buchen lieber doch nicht mehr, oder Gäste, die bereits gebucht haben, stornieren dann.
Wellness "ausschlaggebend" für Winterurlaub an Nord- und Ostsee
Karl J. Pojer, CEO Touristik der DSR Hotel Holding (arosa-Hotels in Sylt und Travemünde sowie die a-ja Hotels in Travemünde und Grömitz): „Wellness war immer ein ausschlaggebendes Entscheidungskriterium der Gäste für einen Urlaub im Winter an Nord- und Ostsee. Fällt dieses Kriterium weg, ist von einer negativen Auswirkung auf die Besucherzahlen auszugehen.“
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Alexander Winter, Geschäftsführer der arcona Hotels & Resorts kritisiert, wenn einzelne Wirtschaftszweige wie die Wellnesshotellerie infrage gestellt werden: „Ferien- und Wellnesshotels sind darauf angewiesen, ihren Gästen zusätzliche Leistungen anzubieten, um ihnen auch außerhalb der Sommersaison attraktive Urlaube zu bieten. Wir haben bereits unsere Maximaltemperaturen in den Zimmern, den öffentlichen Bereichen sowie den Schwimmbädern annehmbar reduziert. Darüber hinaus haben wir auch die Öffnungszeiten unserer energieintensiven Freizeitbereiche, wie Saunen, eingeschränkt. Hierdurch tragen wir bereits zu dem ausgerufenen Ziel, 20 Prozent der Energieverbräuche zu reduzieren, bei. Wir setzten hierbei auch auf das Verständnis unserer Gäste und stehen mit diesen zu unseren Maßnahmen im ständigen Dialog.“
Dehoga verweist auf Gärtnereien: "Der Mensch braucht keine Schnittblumen"
Klar, Wellness und ein Saunabesuch sind nicht lebensnotwendig und durchaus ein Luxus im Alltag. Das aber sei, so Dehoga-Präsident Axel Strehl, in vielen anderen Bereichen auch so. „Der Mensch braucht auch keine Schnittblumen. Dann müsste man auch die Gewächshäuser schließen, denn die verbrauchen im Winter viel Energie. Wo fängt man an und wo hört man auf?“ Strehl empfindet es als ungerecht, dass wieder die Hotellerie in den Fokus rückt: „Die Probleme dürfen nicht nur in einer Branche abgeladen werden.“
Joachim Nitz, Tourismuschef Timmendorfer Strand, sieht auch im Tourismus die Verantwortung, mit Energieressourcen sparsam umzugehen. Aber Erholung sei auch in diesen Zeiten wichtig: „Als Touristiker ist es unsere Aufgabe, den Menschen schöne und entspannende Momente zu bereiten. Damit man auch mal alle Sorgen beiseiteschieben kann. Dieses Erholen ist umso wichtiger in einer Zeit, die von ständig negativen Meldungen geprägt ist.“
Sylt Marketing hält "individuelle Abwägung" beim Angebot für sinnvoll
Wie wichtig Wellnessangebote für ganze Urlaubsregionen sind, erklärt Manfred Wohnrade, Tourismuschef in Grömitz: „Im Winterangebot vieler Hotels in unserer Region spielt das Sauna-/Wellnessangebot eine wichtige Rolle. Aber auch eine Schwimmhalle wie die Grömitzer Welle ist für viele Gäste ein Buchungsargument.“ Die Aussage Daniel Günthers sei darum doch sehr beunruhigend und irritierend. „Wir hoffen natürlich, dass es bei Versorgungsengpässen ein abgestimmtes Vorgehen bei möglichen touristischen Einschränkungen gibt.“
Kollege Moritz Luft, Geschäftsführer das Team der Sylt Marketing GmbH, kann sich ein eingeschränktes Angebot der Hotels dagegen vorstellen: „Es erscheint in den kommenden Monaten durchaus sinnvoll, eine individuelle Abwägung hinsichtlich des Angebots bzw. der Nutzung derartiger Angebote zu machen.“
Gaskrise: Kabinett bereit Energiesparmaßnahmen
Das schleswig-holsteinische Kabinett tagt seit Montag für zwei Tage in Bad Segeberg, um sein Arbeitsprogramm festzuzurren. Dabei geht es besonders um Energiesparmaßnahmen. Wie es mit der Sicherung der Energieversorgung weitergeht, will die Landesregierung dann Anfang September in einem Spitzengespräch mit Kommunen, Wirtschaft und Gewerkschaften beraten. Mit am Tisch sitzen sollen auch Wohnungs- und Landwirtschaft sowie Sozialverbände und Verbraucherschutz. Eine Gasmangellage kann laut Günther nur durch Energieeinsparungen von mindestens 20 Prozent vermieden werden.
Die Hoteliers arbeiten schon lange daran, Energie zu sparen. Hotelchef Töns Haltermann hat in seinem Haus im Juni 24 Prozent und im Juli 21 Prozent Energie einsparen können durch etliche Maßnahmen. „Wir wissen um die Verantwortung und die Dramatik der Situation.“