Hamburg. Der Senat hat einen großen Maßnahmenkatalog gegen den Gasmangel vorgestellt. Die Opposition beklagt “Ambitionslosigkeit“.
Nun macht auch Hamburg Ernst mit dem Energiesparen. Am Dienstag hat der rot-grüne Senat einen detaillierten Energiesparplan beschlossen, mit dem die Stadt ihren „Beitrag leisten will, damit die Europäische Union ihre Reduktionsziele erreicht und eine Gasmangellage vermieden werden kann“.
Nach den EU-Beschlüssen soll die Mitgliedsstaaten ihren nationalen Gasverbrauch um 15 Prozent gegenüber ihren durchschnittlichen Verbräuchen zwischen 2016 und 2021 senken. Hamburg will dieses Ziel nach den am Dienstag im Rathaus vorgestellten Plänen mit diesen konkreten Maßnahmen in öffentlichen Gebäuden und Einrichtungen erreichen helfen, die die meisten Hamburger Bürgerinnen und Bürger zu spüren bekommen dürften:
- Die Raumtemperatur in Büros der öffentlichen Gebäude soll auf die Mindesttemperatur nach „Arbeitsstättenrichtlinie für Arbeitsräume mit vorwiegend sitzender Tätigkeit“ reduziert werden – das sind derzeit 20 Grad. Eine Absenkung durch eine bundesweite Änderung der Arbeitsstättenrichtlinie ist denkbar.
- In Fluren, Hallen, Foyers, Technik- und Kopierräumen sowie WCs und Teeküchen der öffentlichen Gebäude sollen die Thermostate prinzipiell auf die Werte herunterreguliert werden, die nach geltenden Arbeitsschutzvorschriften die jeweiligen Mindestwerte sind, das sind derzeit 21 Grad.
- Heizungsanlagen in den öffentlichen Gebäuden werden modernisiert und effektiviert durch einen hydraulischen Abgleich, eine schärfere Überwachung und Anpassung von Regelungseinstellungen des Heizsystems sowie die Installation intelligenter Thermostatventile. Die Erneuerung der Heizpumpen wird angestrebt. Wo angezeigt, wird die Wärmedämmung im Bereich der Heizkörper (Heizkörpernischen) verbessert.
- Hausmeisterinnen und Hausmeister sowie Beschäftigte mit vergleichbarem Aufgabenbereich sollen die Funktion der Energiebeauftragten übernehmen können, die in ihren Dienststellen als Ansprechpartner und für Beratungen präsent sind. Dafür werden sie entsprechend qualifiziert werden.
- Der Energieverbrauch soll auch bei der Lüftung öffentlich genutzter Gebäude reduziert werden, soweit es die weitere Entwicklung der Covid-19-Pandemie zulässt. Das Stoßlüften soll zur Regel werden, mobile Luftreinigungsgeräte in gut belüftbaren Räumen sollen abgeschaltet werden und Raumlufttechnische Anlage sollen in ihren Normalzustand (vor der Pandemie) rückversetzt werden.
- Die Beleuchtung in öffentlichen Gebäuden wird weiter modernisiert und möglichst reduziert: Im Innen- wie im Außenbereich ersetzen energiesparende LED-Leuchten herkömmliche Glühlampen und Leuchtstofflampen; auf Verkehrsflächen und Fluren, in Fahrrad-Abstellanlagen oder Sanitärräumen wird die Dauerbeleuchtung durch Bewegungsmelder ersetzt, bei Lichtsystemen mit automatischer Abschaltung soll die Dauer der Beleuchtung und im Übrigen der Anteil der tatsächlich genutzten Leuchten reduziert werden.
- Die Anzahl der Kopiergeräte und Drucker wird überprüft und reduziert.
- Die Nutzung privat beschaffter Kleingeräte, insbesondere Heizlüfter, Ventilatoren etc. ist schon jetzt teilweise untersagt und wird nun grundsätzlich unterbunden.
- Büros und vergleichbare Nutzflächen mit nur geringer Auslastung sollen abschnittsweise geschlossen werden, um Bedarfe an Heizung, Licht und IT zu reduzieren.
- Nicht genutzte Geräte müssen ausgeschaltet werden, wie zum Beispiel Steckerleisten nach Dienstschluss (kein Stand-by-Betrieb von Bildschirmen und Computern).
- Um Kühlung zu sparen sollen Büroräume im Sommer morgens und abends gelüftet und im Übrigen verschattet werden, um deren Aufheizen zu vermeiden. In der kalten Jahreszeit sollen Außenrollläden oder -jalousien heruntergelassen werden, um die Dämmwirkung zu nutzen.
- Warmes Wasser wird schon heute nicht flächendeckend in öffentlichen Gebäuden bereitgestellt. Soweit dies nicht aus funktionalen Gründen erforderlich ist (zum Beispiel Duschen an den Einsatzdienststellen der Feuerwehr), wird die Warmwasserbereitstellung komplett eingestellt und kleine Durchlauferhitzer (Untertischgeräte) insbesondere in WC-Anlagen außer Betrieb genommen.
- Die Voreinstellungen von Klimaanlagen werden in allen Dienstgebäuden überprüft, um unnötig tiefe Temperaturen z.B. in Büro- und EDV-Serverräumen zu vermeiden. Eine Kühlung auf weniger als 26 Grad ist in Büroräumen nicht vorzunehmen. Sollte der Bund hier die Arbeitsstättenrichtlinien verändern, wird diese Temperaturvorgabe entsprechend angepasst. In geeigneten Gebäuden werden die Zugänge auf einzelne ausgewählte Eingänge beschränkt.
- Alle elektrischen Geräte werden auf ihre Energieeffizienz überprüft und ggf. ausgewechselt. Der jeweilige Energieverbrauch soll durch Leistungsmesser besser erkannt werden, weshalb ein Leihsystem eingeführt werden soll.
- In Kühlschränken soll die Temperatur sieben Grad nicht unterschreiten.
Gaskrise: So radikal will Hamburg Energie sparen
Diese Maßnahmen betreffen laut Senat alle öffentlichen, also städtischen Gebäude. Sie sollen aber auch dort umgesetzt werden, wo die Stadt Flächen gemietet hat. Eine Kampagne soll die Beschäftigten in den öffentlichen Gebäuden über möglichst energiesparendes Verhalten aufklären und neue Ideen zum Energiesparen anstoßen.
Zusätzlich soll es auch im öffentlichen Raum und in städtischen Einrichtungen Einsparmaßnahmen geben, und zwar diese:
- Auf das Anstrahlen von Denkmälern und öffentlichen Gebäuden wird weitgehend verzichtet.
- Außerhalb ihrer Nutzungszeiten werden Wege in Park- und Grünanlagen, bezirkliche Sportanlagen und Jogging-Strecken nicht mehr beleuchtet, ohne die Verkehrssicherung der Wege zu gefährden oder Angsträume zu schaffen. Vergleichbares gilt für die Sonderbeleuchtungen von Bahnunterführungen.
- Jegliche Beleuchtung und alle Lichtzeichenanlagen sollen unter anderem durch Umrüstung auf LED modernisiert werden.
- Der Betrieb von Brunnenanlagen soll am 15. September 2022 eingestellt werden. Das betrifft zum Beispiel Brunnen am Platz der Republik in Altona, am Kaiser-Wilhelm-Platz in Bergedorf und den Brunnen im Innenhof des Hamburger Rathauses.
- Die Alsterfontäne sowie der Brunnen und der Geysir im Inselpark werden abgeschaltet und die Wasserspiele sowie die Wasserlichtorgel in Planten un Blomen eingestellt.
- Die bei Bäderland schon durchgeführten Maßnahmen zur Temperaturabsenkung in den Außenbecken der Ganzjahresschwimmbäder von 28 auf 25 Grad werden fortgeführt. Maßnahmen in den Hallenbädern werden noch geprüft.
- Bei der Fernwärme wird die Isolierung der Übergabestationen optimiert, entsprechende Umsetzungskonzepte werden angestoßen.
- Die in der Corona-Pandemie entwickelten Lösungen zur Reduzierung von Dienstreisen, wie vor allem Videokonferenzen, werden intensiv weiter genutzt.
- Hamburg wird eine Energiedatenbank für alle städtischen Gebäude schaffen, etwa auf Basis von bestehenden Systemen städtischer Energiegesellschaften.
- Einschränkung der Nutzung von Aufzügen (soweit es die Zugangsmöglichkeiten für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen nicht beeinträchtigt und objektbezogen umsetzbar ist) sowie Ausschaltung von Paternostern.
Senat will weitere Einsparmöglichkeiten prüfen
Über diese nun bereits festgelegten Schritte hinaus will der Senat nach eigenen Angaben weitere Optionen möglicher Energieeinsparungen zunächst prüfen, die danach so umgesetzt werden könnten:
- Die öffentliche Verwaltung und die öffentlichen Unternehmen werden weiterhin Home Office anbieten, wo es in Abstimmung mit den Beschäftigten und in geeigneten Funktionsbereichen möglich ist. Als Brückentagschließungen oder zur Verlängerung der Abwesenheitstage über das Wochenende kann dies zu einer Reduzierung der Heiztage und sonstiger Energieverbräuche führen.
- Die Zusammenlegung bzw. Reduktion von Funktionsräumen (Teeküchen, Kopierräume, etc.) soll zur weiteren Energieeinsparung genutzt werden, wo dies funktional möglich ist. Die Behörden und Unternehmen können diese Möglichkeit jederzeit nutzen, wenn sie mit ihren Beschäftigten zu entsprechenden Vereinbarungen kommen.
- Die bereits im Rahmen des Klimaplanes verfolgten Maßnahmen zur energetischen Sanierung von Gebäuden werden verstärkt. Hier soll insbesondere die bereits eingeleitete verstärkte Fernwärmeversorgung, die Verbesserung der Isolierung, die Nutzung regenerativer Energien, insbesondere auch die Nutzung von Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern öffentlicher Gebäude, mehr Fassaden- und Dachbegrünungen für Kühlungszwecke, mehr Ladesäulen für Kraftfahrzeuge und Abstellmöglichkeiten für Fahrräder weiter vorangetrieben werden.
- Im Bereich der Gebäudeleittechnik soll eine intelligente Gebäudesteuerung ermöglicht werden, um Verbrauchswerte zu erfassen und transparent zu machen, um die Motivation zu energiesparendem Verhalten aufrecht zu erhalten.
- Die Einsparpotenziale von Freizeiteinrichtungen, wie Schwimmbädern und Eislaufflächen sowie der bezirklichen Sportanlagen, werden untersucht, z.B. hinsichtlich der weiteren Absenkungen von Raum- und Wassertemperaturen oder die Einschränkung von Öffnungszeiten.
- Energiespareinstellungen im Rechenzentrumsbetrieb und bei der Behörden-Hardware werden überprüft.
- Hamburg wird rechtlich und technisch prüfen, ob und wo die Heizgrenztemperatur, also die Temperatur ab der Heizungen anspringen, am Beispiel der Schweiz von 15 auf 12 Grad abgesenkt werden könnte.
- Die vertraglich zugesicherte Fernwärme-Energieleistung wird in den jeweiligen öffentlichen Gebäuden pauschal um zehn Prozent reduziert und die darüber hinaus gehenden Durchflussmengen werden optimiert.
- Geprüft wird darüber hinaus die weitere Nutzung von Schleusen durch nicht gewerbliche Freizeitverkehre.
Senat will auf Energiespar-Initiative vorbereiten
„Ganz Hamburg muss Energie sparen“, so der Senat. „Um Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie Vereine und Verbände zu motivieren, aber auch konkret zu helfen, bereiten der Senat, die Kammern und weitere Partnerorganisationen eine Energiespar-Initiative vor. Ab September 2022 sollen Info-Teams in der Stadt Tipps und Beratungsangebote anbieten, eine gemeinsame Internetseite soll entsprechende Informationen bündeln. Bereits gestartete Energiespar-Kampagnen können sich dieser Initiative anschließen. Ziel ist, ganz Hamburg zum Mitmachen beim Energiesparen zu motivieren.“
Dabei will die Stadt mit ihren öffentlichen Unternehmen und öffentlichen Gebäuden mit gutem Beispiel vorangehen. „Den öffentlichen Unternehmen und öffentlichen Gebäuden kommt bei diesen Herausforderungen eine Vorbildfunktion zu – und sie können allein durch ihre Größenordnung mitunter entscheidende Energiemengen einsparen“, heißt es aus dem Senat. Die Sprinkenhof GmbH, als zentraler städtischer Gebäudedienstleister, arbeite im Auftrag von Finanzbehörde und Senat bereits seit längerem an Projekten im Sinne einer langfristigen, nachhaltigen Energiewirtschaft.
Senat will drohender Gasmangellage entgegenwirken
„Mit dem Energiesparplan wollen wir unseren Beitrag dazu leisten, einer drohenden Gasmangellage entgegenzuwirken, gut über den Winter zu kommen und die Vorbildfunktion der öffentlichen Hand angesichts dieser dramatischen Lage deutlich zu machen“, sagte Umweltsenator Jens Kerstan (Grüne) bei der Vorstellung der Pläne am Dienstag im Rathaus. „Wir haben behördenübergreifend alle Möglichkeiten ausgelotet, um in den öffentlichen Gebäuden, bei öffentlichen Infrastrukturen und der öffentlichen Beleuchtung Energie zu sparen. Es geht dabei in erster Linie um Gas, denn wir wollen zu vermeiden helfen, dass in Hamburg als Industriestandort große Unternehmen in Schwierigkeiten geraten, weil sie im Falle einer Gasmangellage nur noch gedrosselt produzieren können.“
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Zugleich aber gehe es auch um Fernwärme und Strom, so Kerstan. „Denn durch die Vernetzungen im Energiesektor gibt es Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Energieträgern, da die Strom- und Fernwärmeerzeugung teilweise über Gaskraftwerke erfolgt – die wir in Hamburg allerdings zum großen Teil auf Öl umrüsten werden. In einem zweiten Schritt bereiten wir gemeinsam mit den Kammern und anderen Partnerorganisationen eine große Energiespar-Initiative vor, um Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen sowie Vereine und Verbände zu motivieren Energie zu sparen, aber auch konkret zu helfen“, sagte der Umweltsenator. „In dieser Situation bedarf es einer gemeinsamen Kraftanstrengung von Politik, Verwaltung, Wirtschaft der Zivilgesellschaft.“
Hamburger haben schon 35 Prozent Gas eingespart
Kerstan betonte, dass Hamburg mit seinen öffentlichen Energieunternehmen bereits seit vielen Jahren an der Energiewende arbeite und bundesweit zum Vorreiter geworden sei. „Ich bin sehr froh, dass ich durch die Rekommunalisierung dieser Unternehmen den politischen Hebel habe, um all die Projekte zur Energie- und Wärmewende voranzutreiben“, so Kerstan. „Ich nenne hier nur ein paar Bespiele: Der Bau der Fernwärmeleitung unter der Elbe, die Power-to-Heat-Anlage in Wedel, der geplante Elektrolyseur, der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft.“
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Der für öffentliche Gebäude zuständige Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) betonte, dass es neben langfristigen Klimaplan-Projekten angesichts der aktuellen Lage nun auch um einen „ganzen Katalog an kurzfristig wirkenden Sofortmaßnahmen“ gehe – „von technischen Umrüstungen bis zur Nutzersensibilisierung“. Alle Behörden, alle Bediensteten sollten und würden ihren Beitrag leisten, so Dressel. „Die Stadt muss in dieser krisenhaften Lage mit gutem Beispiel vorangehen – auch angesichts der Größe des städtischen Immobilienbestandes hat das eine große Hebelwirkung.
Hamburg hat mit seinen öffentlichen Unternehmen und seiner finanziellen Kraft die Stärke, auch diese Krise gut durchzustehen. Wir werden die Infrastruktur und die Daseinsvorsorge gut durch den Winter bringen, kein Haus der Jugend wird schließen müssen, weil es die Heizrechnung nicht zahlen kann“, versicherte der Finanzsenator. „Wir haben im Haushalt ausreichend Reserven, um diese Phase ergänzend zu den Entlastungspaketen des Bundes zu meistern. Wir prüfen nach dem Vorbild von Niedersachsen auch ergänzend und subsidiär einen Härtefallfonds gemeinsam mit den Versorgern, damit auch wirklich niemand durch den Rost fällt und plötzlich im Kalten sitzt."
Kerstan warnt vor Heizlüftern: Zu teuer, gefährlich fürs Stromnetz
Bei allen aktuellen Problemen stellte Umweltsenator Kerstan den Hamburgern ein gutes Zeugnis für ihren bisherigen Umgang mit der Krise aus. In der vergangenen Woche seien gegenüber den Vorjahren 35 Prozent des Gasverbrauchs eingespart worden, der Großteil von der Industrie. Aber auch die Privathaushalte hätten 16 Prozent weniger Gas verbraucht. das sei gut, aber „wir müssen noch eine Schippe drauflegen“, so Kerstan.
Zugleich warnte der Umweltsenator die Hamburger vor falschen Entscheidungen. „Bitte kaufen Sie sich keine elektrischen Heizlüfter“, appellierte er. „Sie ruinieren sich damit finanziell, Strom kostet noch immer vier Mal so viel wie Gas.“ Zudem könne eine massenhafte Nutzung solcher Geräte das Stromnetz überlasten. „Dann wird es dunkel“, so Kerstan, „und dann laufen die Dinger eh nicht“. Die Menschen müssten sich keine Sorgen machen, dass sie im Winter kein Gas mehr bekämen, die Stadt sei gut vorbereitet.
Kunden der städtischen Energiewerke von Gasumlage verschont?
Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) versicherte, dass „kein Haus der Jugend im Winter schließen muss“. Auch die soziale Infrastruktur könne sich auf den Senat verlassen. Zugleich kündigten Kerstan und Dressel an, dass Kunden der Hamburger Energiewerke von der vom Bund beschlossenen Gasumlage von 2,4 Cent pro Kilowattstunde verschont werden könnten. „Wir prüfen, ob das rechtlich geht“, so Kerstan. „Wenn es geht, dann werden wir das auch machen.“
Kerstan betonte, dass viele Maßnahmen nur ergriffen werden könnten, weil die Stadt nach dem Volksentscheid die Energienetze zurückgekauft habe und es nun wieder städtische Energieunternehmen gebe. Die Finanzbehörde bereitet laut Finanzsenator Dressel einen Härtefallfonds auch für Kunden vor, die nicht bei städtischen Anbietern seien.
"Ambitionslos": Kritik von Umweltverbänden und Opposition
Bei Umweltverbänden und Opposition stieß der Energiesparplan des Senates auf Kritik. „Wenn man die Energie umrechnet, die allein vier Kreuzfahrtschiffe im Hamburger Hafen verbrauchen, könnte man damit über Wochen viele tausend Kühlschränke versorgen“, sagte der Vorsitzende des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu), Malte Siegert. Es gebe eine Lücke zwischen den öffentlichen Sparappellen und „dem unnötigen Verballern wertvoller Ressourcen im Rahmen reiner Spaßveranstaltungen.“ Siegert forderte auch Tempo 30 in der Stadt.
BUND-Geschäftsführer Lucas Schäfer sagte mit Blick auf den noch immer nicht vorliegende Zwischenbericht zum Klimaplan, es sei „fraglich“, ob neu angekündigte Maßnahmen überhaupt umgesetzt und evaluiert würden und ob sie ausreichten.
"Kraftwerk Moorburg hätte nicht abgeschaltet werden dürfen"
CDU-Fraktionschef Dennis Thering wies darauf hin, dass der Senat im Vergleich zu anderen Städten reichlich spät dran sei mit seinem Sparplan. Dieser sei auch nicht „der große Wurf“. Es dürfe „jetzt nichts unversucht bleiben, um die Energieversorgung, auch für die Industrie, zu sichern“, so Thering. „Der rot-grüne Senat hätte das Kraftwerk Moorburg reaktivieren müssen. Hamburg braucht jetzt Lösungen mit Durchschlagskraft.“
Linken-Umweltpolitiker Stephan Jersch bemängelte, dass es keinen klaren Sparvorgaben für Unternehmen gebe. „Energieeinsparung als gesamtgesellschaftliche Aufgabe bedarf eines ordnungspolitischen Rahmens, und den lässt der Senat völlig fehlen“, so Jersch.
AfD-Fraktionschef Dirk Nockemann nannte die Maßnahmen „teils hanebüchen und grotesk“ – so würde die Abschaltung der Beleuchtung in Parks „Angsträume“ schaffen. Das Aus für Moorburg sei „ein Riesenfehler“ gewesen, so Nockemann. Der Senat müsse sich für den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke einsetzen.
Handelskammer-Präses fordert mehr Klarheit für Unternehmen
Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels-Frowein sagte, wenn Moorburg nicht abgeschaltet worden wäre, müssten sich Hamburger nicht über unbeleuchtete Wege sorgen. FDP-Landeschef Michael Kruse, nannte die Senatspläne „ambitionslos“. Der Senat werde „am Ende des Winters seine Einsparungen nicht einmal benennen können“. Als „Gipfel der Orientierungslosigkeit“ bezeichnete Kruse die Pläne „in die bevorstehende Gaskrise und explodierende Gaskosten hinein ein Gaskraftwerk für die Fernwärme“ in Hamburg zu bauen.
Handelskammerpräses Norbert Aust sagte, die Krise könnten „Wirtschaft, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger nur gemeinsam meistern“. Sorge mache ihm die Unklarheit bei der Abschaltreihenfolge. „Für Unternehmen gibt es schlichtweg keine Planungssicherheit“, so Aust. „Wir fordern von der Bundesnetzagentur ein Mindestmaß an Vorhersehbarkeit und Planungszeit, sollte sich abzeichnen, dass alle Sparanstrengungen nicht ausreichen und die Gasmangellage eintritt.“