Hamburg. Fans der Hamburger Firma rufen wegen des Deals mit Nestlé zum Boykott auf. Doch es gibt auch prominente Befürworter.

Einer der größten Lebensmittelkonzerne der Welt übernimmt die Mehrheit am Hamburger Gewürzunternehmen Ankerkraut: Der Deal mit Nestlé schlägt auch Tage nach Bekanntgabe hohe Wellen. Insbesondere in den sozialen Medien erntet das Gründerpaar Stefan und Anne Lemcke einen ausgewachsenen Shitstorm.

Offenbar stößt der neue Haupteigner von Ankerkraut bei der Fangemeinde auf viel Unmut. "Echt jetzt? Für Geld verkaufen manche sogar ihre Seele!", kommentiert ein Facebook-Nutzer. Andere rufen gar zum Boykott auf. "Mist! Jetzt muss ich die Marke von meinem Einkaufszettel streichen", schreibt ein anderer Nutzer bei Facebook.

Ankerkraut steht wegen Deal mit Nestlé in der Kritik

"Nestle und die ganzen Tochterfirmen zu meiden ist nicht immer so einfach, aber von mir bekommt Ankerkraut dafür keinen Cent mehr. Und wenn sie wegen dieser Aktion gnadenlos untergehen, ist das absolut verdient", kommentiert ein User bei Twitter die dort von Ankerkraut verkündete Übernahme. Allein unter diesem Tweet gab es in den ersten 24 Stunden mehr als 1500 Kommentare. Der Hashtag "#Ankerkraut" landete zudem in den Top drei der Twitter-Trends.

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Vor allem die Kritik an dem internationalen Lebensmittelkonzern mit Sitz in der Schweiz ist der Grund für den Unmut: "Sehr schade, aber Nestlé ist ein NoGo", postet ein Nutzer bei Facebook und ist damit einer von sehr vielen, die diese Meinung dort kundtun.

LeFloid – bekannt durch sein Interview mit der damaligen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Juli 2015 – schrieb seinen rund 685.000 Instagram-Followern: „Da eine Kooperation mit Nestlé für uns nicht in Frage kommt, sehen wir keine andere Option, als die Zusammenarbeit mit Ankerkraut schnellstmöglich zu beenden.“

Konkurrenz stichelt gegen Ankerkraut-Nestlé-Deal

Und auch die direkte Konkurrenz konnte sich einen süffisanten Seitenhieb auf den mutmaßlich millionenschweren Nestlé-Deal der Hamburger nicht verkneifen: Die zur deutschen Fuchs-Gruppe gehörenden Marken Ostmann und Fuchs posteten bei Instagram Beiträge, die ganz augenscheinlich auf Ankerkraut gemünzt sind.

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Ostmann schreibt, bei Ihnen gebe es "Gewürze mit Geschmack. Nicht mit Geschmäcklé." Spätestens der Accent auf dem "e" sollte klar machen, wer gemeint ist. Fuchs lässt etwas dezenter ausrichten,"Guter Geschmack bleibt bei uns Familienangelegenheit". Das stimmt zwar – Alexander, Sohn von Firmengründer Dieter Fuchs, ist derzeit Chief Information Manager des Konzerns –, allerdings ist die Fuchs-Gruppe mit einem Jahresumsatz von 557 Millionen Euro im Jahr 2020 auch kein ganz kleines "Familienunternehmen".

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Ankerkraut-Gründer äußern sich zu Shitstorm

Das Gründerpaar Lemcke wurde offensichtlich von der Heftigkeit der Proteste überrascht. Sagte eine Sprecherin zunächst noch, „wenn natürlich jetzt jemand sagt „Tschüs Ankerkraut“, dann ist das eben so“, riefen Anne und Stefan Lemcke später Kritiker zur Mäßigung auf und räumten ein, dass die Proteste nicht spurlos an ihnen und den Beschäftigten vorbeigingen. Das Unternehmen stehe für „einen engen Austausch mit unseren Fans“, sagte das Gründerpaar der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb verschließe man sich auch jetzt nicht der Debatte. „Was wir nicht akzeptieren, sind Hass im Netz und Beleidigungen der Menschen, die bei Ankerkraut arbeiten.“

Die beiden Gründer Anne und Stefan Lemcke von Ankerkraut. Die Mehrheit an dem Hamburger Gewürzunternehmen hat nun Nestlé.
Die beiden Gründer Anne und Stefan Lemcke von Ankerkraut. Die Mehrheit an dem Hamburger Gewürzunternehmen hat nun Nestlé. © Michael Rauhe / FUNKE Foto Services

Sie seien aber fest entschlossen zu beweisen, „dass wir es ernst meinen, wenn wir sagen: Ankerkraut bleibt Ankerkraut, wir werden weiterhin als eigenständiges Unternehmen tätig sein“. Das Gründer-Paar entschuldigte sich ausdrücklich bei erbosten Kooperationspartnern. „Es tut uns aufrichtig leid, dass wir sie nicht im Vorfeld informieren konnten und sie von der Nachricht überrascht wurden.“

Nestlé übernimmt Ankerkraut-Mehrheit: Frank Thelen verdient am Deal

Nur von wenigen aus der Fangemeinde gibt es positive Kommentare. "Wenn das Angebot stimmt, warum nicht. Hätte ich auch gemacht", schreibt beispielsweise einer bei Facebook. Prominentester Befürworter des Deals dürfte Frank Thelen sein. Der Geschäftmann schreibt bei Twitter: "Jetzt seid ihr selber Löwen und gewinnt mit Ankerkraut Nestlé als Partner."

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Thelen selbst dürfte bei dem Nestlé-Deal gut mitverdienst haben. Als Investor bei der Vox-Sendung die "Die Höhle der Löwen" hat er sich 2016 an Ankerkraut beteiligt. Am Mittwoch hatte das Unternehmen den Deal bekanntgegeben: „Nestlé hat die Anteile der bisherigen Investoren (EMZ Partners, Freigeist Capital und Knälmann Ventures) sowie Teile der Management-Anteile übernommen und wird zum Mehrheitseigentümer an der Ankerkraut GmbH.“ Die Firma Freigeist Capital gehört unter anderem Frank Thelen. Wie viel Geld er und Ankerkraut von Nestlé bekommen haben, darüber wurden keine Angaben gemacht.

Ankerkraut macht zuletzt einen Umsatz von 40 Millionen Euro

Das 2013 in Hamburg als Gewürz-Start-up gegründete Unternehmen teilte mit, dass die Gründer Anne und Stefan Lemcke Gesellschafter blieben und künftig als Markenbotschafter fungieren würden. Auch Geschäftsführer Timo Haas und Alexander Schwoch blieben Anteilseigner und führten Ankerkraut weiterhin operativ.

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Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz von Ankerkraut 40 Millionen Euro. Für dieses Jahr soll der Erlös auf 52 Millionen Euro steigen. Dafür will das Unternehmen international wachsen – mit Hilfe von Nestlé.

Nestlé steht weltweit in der Kritik

Insbesondere das internationale Handeln des größten Lebensmittelkonzerns der Welt führt zu Protesten. Nestlé wird immer wieder vorgeworfen, weltweit Profit auf Kosten der Ärmsten zu machen. Kritik gab es in der Vergangenheit unter anderem dafür, dass Nestlé Bohrrechte unter anderem in Afrika von staatlichen Wasserbehörden gekauft habe und dort Wasser abpumpe, wo es ohnehin knapp sei. Das Unternehmen wehrt sich gegen diesen Vorwurf.

Greenpeace, der World Wildlife Fund und andere Umweltschutzorganisationen prangern zudem an, dass Nestlé Palmöl von Produzenten kauft, die Urwälder unter anderem in Indonesien abholzen lassen, um Palmöl-Plantagen zu errichten.

Immer wieder gerät der Konzern aber auch wegen des hohen Zuckergehalts seiner Produkte in die Kritik. Im vergangenem Jahr sind zudem gleich sechs Nestlé-Produkte von der Hamburger Verbraucherzentrale zu Mogelpackungen gekürt worden. Aktuell zieht der Konzern zusätzlichen Unmut auf sich, weil Nestlé seine Geschäfte mit Russland nicht vollständig einstellen will.

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