Berlin. Ohne Eigenkapital geht es nicht. Doch wie viel Geld erwarten die Banken eigentlich für die Kreditvergabe? Und wann ist mieten besser?

  • Wir rechnen vor, wie weit man mit 100.000 Euro beim Immobilienerwerb kommt.
  • In Kleinstädten kann man bequem Immobilien mit günstiger monatlicher Belastung kaufen. Manchmal ist Miete besser als Erwerb.

Ohne eigenes Geld geht es kaum. Obwohl die Zinsen historisch niedrig liegen, braucht man meist Eigenkapital, um eine Immobilie zu kaufen. Einige Zehntausend Euro sind in der Regel nötig – und stellen eine Hürde dar, die viele Bürger nicht überspringen können. Ihnen fällt es schwer, so große Summen mit normaler Arbeit anzusparen. Leichter haben es diejenigen, die Geld erben.

Angenommen, eine Familie ist in der glücklichen Lage über 100.000 Euro zu verfügen. Wie weit kommt sie damit beim Immobilienerwerb?

Mit dieser Summe könne sie sich eine Wohnung leisten, „deren Kaufkosten insgesamt bis zu 500.000 Euro betragen“, sagt Dirk Eilinghoff. Er ist Teamleiter beim Verbraucherportal Finanztip. „Als Daumengröße gilt, dass Banken zehn bis 20 Prozent des Kaufpreises als Eigenbeteiligung der Käufer verlangen“, so Eilinghoff. Davon sind viele Kaufinteressenten enttäuscht, denn gerade in den Großstädten sind gute Objekte heute oft teurer. Durch steigende Immobilienpreise ist eben auch mehr eigenes Vermögen erforderlich.

Immobilie kaufen: Was das Eigenkapital abdecken soll

Der Bank dient das Eigenkapital als Sicherheit, damit sie einen Kredit über den fehlenden Betrag zum Kauf vergibt. Aus Verbrauchersicht sieht die Sache so aus: Je mehr Geld man selbst investiert, desto geringer fällt später die monatliche Kreditrate aus, die man an die Bank überweisen muss.

Mirjam Mohr, Vorständin für das Privatkundengeschäft bei Interhyp, einem Vermittler privater Baufinanzierungen, sieht noch deutlich weniger Spielraum als Eilinghoff. „Auf jeden Fall sollten die Kaufnebenkosten mit Eigenkapital abgedeckt sein“, sagt Mohr. Dazu zählen Notarkosten, Grunderwerbsteuer und eventuell auch Maklergebühren. Abhängig von der jeweiligen Region verteuern die Nebenkosten den Erwerb zwischen rund sechs und 16 Prozent des Kaufpreises.

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Damit nicht genug: „Zusätzlich sollten rund 20 Prozent des Kaufpreises mit Eigenmitteln finanziert werden können“, erklärt Mohr. „Je nach Höhe der Nebenkosten“ wäre mit 100.000 Euro also nur „der Kauf einer Immobilie zum Preis von rund 300.000 bis 350.000 Euro möglich.“ Aber im praktischen Leben kann es auch Abweichungen geben. Wer über ein hohes monatliches Einkommen verfügt, mag mit weniger Eigenkapital auskommen.

Wohnung und Haus kaufen: Wie hoch ist die monatliche Belastung?

Mit welcher monatlichen Belastung muss nun rechnen, wer sich für den Kauf einer selbst genutzten Wohnung entscheidet?

Rechenbeispiel 1 für eine 100-Quadratmeter-Wohnung in der Großstadt

Eine 100-Quadratmeter-Wohnung in Berlin kostet durchschnittlich 430.000 Euro. Plus beispielsweise 15 Prozent Nebenkosten beträgt die zu finanzierende Gesamtsumme 494.500 Euro.

100.000 Euro Eigenkapital reduzieren diese auf 394.500 Euro. Bei einem Prozent jährlicher Zinsen und zwei Prozent Tilgung des Kredits führt das zu einer Belastung für die Käufer von 11.835 Euro pro Jahr oder 986,25 Euro pro Monat. Außerdem müssen sie monatliche Betriebskosten (Wasser, Heizung etc.) von ungefähr 400 Euro hinzurechnen. Dann kostet die Eigentumswohnung während der ersten Jahre rund 1.400 Euro monatlich.

Rechenbeispiel 2 für eine 100-Quadratmeter-Wohnung in der Kleinstadt

In einer Kleinstadt in Ostdeutschland bekommt man eine 100-Quadratmeter-Wohnung beispielsweise schon für 206.700 Euro. Plus zehn Prozent Nebenkosten ergibt das 227.370 Euro, minus 100.000 Euro Eigenkapital 127.370 Euro. Die dreiprozentige Belastung bedeutet Kosten von 3.821,10 Euro pro Jahr oder 318,43 Euro pro Monat. Plus Betriebskosten von 400 Euro kostet diese Wohnung also rund 720 Euro monatlich.

Fazit: In vielen Kleinstädten oder ländlichen Regionen kann man mit 100.000 Euro bequem eine Wohnung kaufen, die dann monatlich recht günstig ist.

In attraktiven Städten wie Berlin, Hamburg, Köln, Stuttgart, München oder Frankfurt/Main ist es schwieriger. Käufer müssen überlegen, ob sie die hohe monatliche Belastung ohne Probleme aus ihrem Einkommen bestreiten können, und ob sich der Kauf im Vergleich zur Miete lohnt.

Was ist nun besser: zu kaufen oder zu mieten?

Die Antwort hängt auch davon ab, wie hoch die Miete ist, die man selbst augenblicklich und künftig bezahlt. Vielleicht ist diese Variante angesichts der hohen Kaufpreise für Immobilien günstiger, als die Belastung nach dem Erwerb.

Finanztip-Experte Eilinghoff sagt: „Ich würde in Berlin derzeit keine 100-Quadratmeter-Neubauwohnung mehr zu den gängigen Preisen erwerben. Eine Wohnung zu kaufen, ist nicht in jedem Fall die bessere Variante im Vergleich zur Miete.“

Rechenbeispiel 3 für eine 100-Quadratmeter-Wohnung zur Miete in der Großstadt

Eine sanierte 100-Quadratmeter-Wohnung in Berlin kostet durchschnittlich 1.100 Euro Miete pro Monat. Hinzu kommen rund 300 Euro Betriebskosten, was zu einer Warmmiete von etwa 1.400 Euro führt. Bei seriöser Rechnung sind davon etwa 250 Euro monatlich abzuziehen – das ist der mögliche Zinsgewinn aus dem Eigenkapital von 100.000 Euro, die man noch hat, weil man nicht kauft. Unter dem Strich betragen die Mietkosten damit 1.150 Euro monatlich.

Nach dem Kauf einer Wohnung sind dagegen, siehe oben, 1.400 Euro monatlich fällig. Mieten kann unter Umständen also günstiger sein als erwerben.

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    Rechenbeispiel 4 Wohnung mieten in der Kleinstadt

    Eine sanierte 100-Quadratmeter-Wohnung in einer ostdeutschen Kleinstadt lässt sich durchschnittlich für rund 670 Euro monatlich mieten. Plus Betriebskosten von 300 Euro beträgt die Warmmiete 970 Euro. Wird der mögliche Zinsgewinn der noch vorhandenen 100.000 Euro gegengerechnet, belaufen sich die tatsächlichen Mietkosten auf 720 Euro pro Monat.

    Die Miet- unterscheidet sich in diesem Fall nicht von der Kauf-Variante. Abseits der begehrten Städte kann Kauf oder Miete ähnlich vorteilhaft sein.

    Immer die aktuelle Marktsituation betrachten

    Die Rechenbeispiele verdeutlichen jedoch den Augenblick. Wie sich die Kaufpreise der Immobilien, Zinsen und Mieten in den nächsten Jahrzehnten entwickeln, weiß niemand. Günstig an der Erwerbsvariante ist nach einigen Jahrzehnten: Der Kredit ist abbezahlt, die monatliche Belastung sinkt stark, und möglicherweise lässt sich die Wohnung zu einem stark gestiegenen Preis veräußern.

    „Kaufen statt mieten lohnt sich in vielen Fällen, weil damit langfristig Eigentum aufgebaut wird und die Immobilie auch Sicherheit fürs Alter verspricht“, sagt Interhyp-Vorständin Mohr. „Wenn die Finanzierung wohlüberlegt gestaltet ist - mit ausreichend Eigenkapital und einer hohen Tilgungsrate - gilt das auch in den Metropolen mit hohen Kaufpreisen.“

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