Wie viel sollte man monatlich zurücklegen, um später gut abgesichert zu sein? Expertentipps mit Beispielrechnung und Sparplänen.
- Nichts ist schwieriger als ein verlässlicher Blick in die Zukunft. Das ist bei der Altersvorsorge auch so.
- Es gibt keine einfache Formel, die für jeden gilt und heute schon sagt, was für ein finanziell sorgenfreies Leben vonnöten ist. Doch es gibt gute Tipps, mit denen sich jeder ein Bild seines Bedarfs verschaffen und aufgrund dessen seinen Vorsorgebedarfs abschätzen kann. Anders gesagt:
- Es geht um die Frage, wie viel man monatlich von seinem Gehalt zurücklegen muss, um später gut abgesichert zu leben.
Altersvorsorge richtig planen: Die Bestandsaufnahme
Der erste Schritt ist unabhängig vom Alter oder Verdienst eine ehrliche Bestandsaufnahme:
- Wie viel Geld habe ich bereits angespart? Dazu gehören alle Posten, vom Sparbuch über andere Geldanlagen wie Fondsanteile, die eigene Immobilie oder der Wert einer vermieteten Wohnung.
- Ehrlich bleiben! Um einen korrekten Umfang des Vermögens zu ermitteln, ziehe ich die bestehenden finanziellen Verpflichtungen davon ab. Das können die verbleibenden Ratenschulden aus einem Verbraucherkredit sein, das Minus auf dem Girokonto, Darlehen für die Finanzierung eines Autos oder einer Immobilie.
- Erst nach Abzug der Schulden vom Guthaben habe ich mein Vermögen ermittelt.
- Mit welchen lebenslangen Renten kann ich rechnen? Welche Garantiezahlung leistet die Riester-Rente, welche eine private Lebensversicherung. Darüber informieren die Anbieter in der Regeln einmal jährlich. Bestehen auch Ansprüche aus einer Betriebsrente? Dazu kommt der wichtigste Posten, die gesetzliche Rente. Die zu erwartende Rente finde ich auf dem jährlich von der Rentenversicherung verschickten Informationsblatt.
Finanziell im Alter gut abgesichert: Wie viel Vermögen brauche ich überhaupt?
Der zweite Schritt ist etwas schwieriger. Wie errechne ich, wie viel Geld ich für ein sorgenfreies Leben im Alter benötige? Als Maßstab für den Bedarf können erst einmal die heutigen monatlichen Ausgaben für die Lebenshaltung plus der einmalig anfallen Kosten, etwa für Urlaubsreisen oder Anschaffungen dienen. Im Alter fallen davon einige fort, etwa die für die Kinder im Haushalt. Andere Ausgaben erhöhen sich mit zunehmenden Alter wiederum. Ältere geben zum Beispiel mehr für die Gesundheit aus.
Mit all diesen Informationen kann die konkrete Planung starten, wie das folgende Beispiel zeigt:
- Ehepaar, beide 35 Jahre alt, zwei Kinder, gemeinsames Nettoeinkommen im Monat: 3.500 Euro. Abzüglich der Verbindlichkeiten für zwei Ratenkredite bleibt dem Paar ein Sparvermögen von 20.000 Euro. Im Rentenalter soll das Einkommen auf diesem Niveau erhalten bleiben. An Rentenansprüchen aus der gesetzlichen Rente, der Riester-Rente und eines privaten Rentenvertrags kommen später zusammengenommen rund 2.500 Euro zusammen.
- Einkommenswunsch - Erwarteter Rentenanspruch = Rentenlücke
oder in Zahlen: 3.500 Euro - 2.500 Euro = 1.000 Euro
Das ist wohlgemerkt eine Modellrechnung, die bei der Orientierung hilft. Für ein exaktes individuelles Bild müssten viele weitere Faktoren einbezogen werden, die zum Teil gar nicht bekannt sind. Wie viel teurer wird das Leben in Zukunft sein, oder um wie viel steigt die gesetzliche Rente bis zum Ruhestand an, sind nur zwei von vielen unbekannten Faktoren.
- Mit der ermittelten Rentenlücke lässt sich schon einiges anfangen. Die beiden Ehepartner gehen mit 67 Jahren in den Ruhestand. Um auf Nummer sicher zu gehen, wollen sie ein Vermögen aufbauen, dass die Lücke bis zum 100. Lebensjahr schließt. Jährlich fehlen 12.000 Euro. In den 33 Jahren nach dem Rentenbeginn summiert sich der Bedarf auf insgesamt 396.000 Euro.
Sorgenfrei im Alter: So sieht der Sparplan aus
Jetzt kommt der Sparplan dran. Wie viel muss das Ehepaar im Monat zusätzlich zur Seite legen, um dieses Vermögen bis zum Rentenbeginn anzuhäufen? Dafür haben die beiden Partner 32 Jahre Zeit. Das bestehende Vermögen von 20.000 Euro sollte beim Sparplan keine Rolle spielen, sondern als Notgroschen für unerwartete Ereignisse gesondert erhalten und so angelegt werden, dass er jederzeit verfügbar ist.
Das Paar muss bis zum Rentenbeginn in 32 Jahren einen Betrag ansparen, der in den folgenden 33 Jahren jeden Monat 1.000 Euro zusätzliches Einkommen abwirft. Auf dem Internetportal www.zinsen-berechnen.de findet sich ein Rechner für solche Vorsorgepläne. Bei einer Verzinsung von jährlich drei Prozent muss das Modellpaar 395,52 Euro monatlich beiseite legen, um das Ziel zu erreichen.
Rentieren sich die Sparbemühungen des Ehepaares im Jahr auf nur noch ein Prozent, steigt die notwendige Sparrate auf 746,41 Euro monatlich an, also fast den doppelten Betrag. Umgekehrt sinkt die Sparrate bei fünf Prozent Zinsen auf nur noch 212,52 Euro. Dieser riesige Unterschied zeigt, dass es nicht nur darum gehen kann, monatlich ein kaum verzinstes Sparbuch aufzufüllen. Vielmehr ist eine kluge Auswahl bei der Geldanlage entscheidend für den Erfolg.
Wieviel Geld für ein sorgenfreies Leben nach dem Abschied vom Berufsleben zusammenkommen muss, hängt auch von weiteren wichtigen Faktoren ab. Je älter ich heute schon bin, desto mehr muss ich monatlich beiseite legen. Als 45-Jähriger sind es bei einem Zins von drei Prozent schon 612 Euro im Monat, die 55-Jährige müsste schon 1463,20 Euro aufbringen, um in der kurzen Zeit bis zum Rentenbeginn 1.000 Euro Zusatzrente zusammenzusparen.
- Die errechneten Monatsraten sind nur ein Richtwert. Denn auch Zinserträge werden ab einer gewissen Höhe steuerpflichtig.
- Der Sparerfreibetrag für Zinseinkünfte beträgt derzeit 801 Euro für Ledige und 1.602 Euro für Ehepaare. Darüber hinaus gehende Einkünfte werden mit dem individuell unterschiedlichen Steuersatz belegt.
Das Musterpaar hat noch bessere Chancen auf ein gutes finanziellen Polster, wenn es einen Teil der monatlichen Sparbeträge in Aktien anlegt. Aber: „Ich würde die Finger von Einzelwerten lassen“, sagt der unabhängige Finanzberater Stefan Adam.
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Sparen mit Aktien: „Anleger sollten die ganze Welt kaufen“
Aktienfonds, oder seit einiger Zeit so genannte Exchange Traded Funds (ETF) gelten als aussichtsreicher, weil beide Produktgruppen viele Einzelwerte zu einem Gesamtwert bündeln. Dadurch sinkt das Verlustrisiko erheblich. ETF finden immer mehr Anhänger, weil die Kosten des Investments deutlich geringer sind als bei normalen Fonds. „Nicht nur zahlen Sie deutlich weniger bis gar keine Provision für die Vermittlung (den Kauf) von ETFs“, stellt Sara Zinnecker vom Verbraucherportal finanztip.de. fest.
Allerdings können Kurse von Wertpapieren kurzfristig stark schwanken, wie sich in diesen Tagen zeigt. Hohe Kursverluste sind am Ende einer Krise auch gute Einstiegsmöglichkeiten. Langfristig orientierte Sparer profitieren von diesen Schwankungen sogar. Wem die kostengünstigen ETF zu heikel erscheinen, kann alternativ einen Aktienfonds-Sparplan auswählen.
ETF bilden die Wertentwicklung großer Börsenindizes nach, etwa den Dax, den Dow Jones oder den weltweiten Index MSCI World. Je höher der Stand des jeweiligen Index, je höher ist auch der Wert des ETF. Am Beispiel des Dax lässt sich die mögliche Rendite nachvollziehen. Anfang 2010 stand das Börsenbarometer bei 6049 Punkten, zehn Jahre darauf bei 13.249 Punkten. Der Wert eines Dax-ETF hätte sich folglich mehr als verdoppelt.
Experte Adam rät zu einer möglichst breiten Risikostreuung. „Die Anleger sollten die ganze Welt kaufen“, sagt er. Er empfiehlt gleichzeitig in drei ETF zu investieren: MSCI World, MSCI Emerging Markets sowie den MSCI Small Caps. Damit setzt der Anleger auf die größten Unternehmen, Firmen aus Schwellenländer und erfolgreiche kleine Industrieunternehmen.
Doch wo bekommt man die ETF? „Ich würde auf keinen Fall bei der Bank nachfragen“, rät Adam, „die Institute wollen nur Produkte verkaufen, an denen sie etwas verdienen.“ Online-Portale wie justetf.com oder https://de.extraetf.com seien gute Adressen für den Kauf.
Mehr Informationen zu Altersvorsorge, Rente und Sparen
Man kann auch zusätzlich Geld in die Rentenversicherung einzahlen, also freiwillig. Das machen immer mehr Bürger. Hat man eine Lebensversicherung stellt sich bei einer niedrigen Verzinsung die Frage, ob man sie behalten soll: Kündigen oder weiterlaufen lassen? Unser Expertenrat zur Lebensversicherung.
Nicht alle Deutschen haben so viel übrig wie unser Modellpaar. Mit wenig Geld kann es trotzdem klappen. Auch mit 50 kann man noch anfangen zu sparen, man muss nur ein paar Regeln beachten. Viele junge Leute sorgen nämlich nicht genug fürs Alter vor, jeder Sechste spart nichts zusätzlich zur gesetzlichen Rente.