Hamburg. Initiative Starke Wirtschaft Hamburg will mit Mobilitätsprogramm bei Wahlen punkten. Mit dabei: Ex-St-Pauli-Trainer Stanislawski.

Das Ambiente des Treffpunkts ist passend. Im privaten Schmidt Theater am Spielbudenplatz, das bis heute ohne staatliche Förderung auskommt, haben sich eine Reihe Hamburger Unternehmer getroffen, die die Handelskammer bei den bevorstehenden Plenarwahlen Anfang kommenden Jahres erobern wollen. Mittendrin vor dem roten Bühnenvorhang der Regisseur des ganzen: Norbert Aust. Theater-Gründer, Kulturmanager und neuerdings Bewerber um ein Posten im Plenum der Handelskammer. Zusammen mit der Unternehmensberaterin Astrid Nissen-Schmidt hat er die Wahlinitiative Starke Wirtschaft Hamburg aufgebaut, die nur ein Ziel hat: Die Kammerrebellen im kommenden Frühjahr aus dem Plenum zu jagen. Gelingt es der Plattform, will sie sich wieder auflösen.

41 Mitstreiter bewerben sich mit Nissen-Schmidt und Aust um einen der insgesamt 58 Plätzen im Kammer-Plenum. 30 davon sind zur Vorstellung des Personaltableaus im Theater erschienen. Bei den fehlenden Kandidaten stechen zwei Namen heraus: Harald Vogelsang, der Vorstandschef der Hamburger Sparkasse (Haspa) und ehemalige Vizepräses der Handelskammer tritt für die Initiative an. Ebenso der ehemalige St. Pauli-Spieler und Fußball-Trainer Holger Stanislawski, der heute Geschäftsführer eines Rewe-Marktes in Winterhude ist.

Kammer erfüllt gesetzliche Aufgaben nicht mehr

„Sie alle sind Unternehmer, die sich dazu bereit erklärt haben, die Handelskammer wieder aufzubauen“, sagt Norbert Aust. Den Kammerrebellen wirft er vor, die Hamburger Wirtschaftsvertretung in den vergangenen drei Jahren zerstört zu haben. „Die Kammer ist nicht mehr in der Lage, ihre gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen. Und das Vertrauen, das die Wirtschaft in sie setzt, geht gegen Null“, sagt Aust inmitten seiner Mitkämpfer. Wir brauchen eine neue Struktur in der Kammer, die Hauptamt, Plenum und Präsidium umfasst.“

Wie sehr der interne Zwist in der Handelskammer deren Außenwirkung gestört hat spricht Ibrahim Cifci von der Deutschen Personalberatung GmbH an. Er hat früher für die Kammer bei Unternehmen von Migranten für mehr Ausbildung geworben. „Damals ging es nur darum, ob wir genügend Geld für unsere Projekte bekommen. Heute lautet die Frage: Gibt es die Handelskammer überhaupt noch?“

200 Unternehmen unterstützen Wahlinitiative

Neben den 43 Bewerbern, zu denen Vertreter großer Unternehmen wie der Helm AG, Jungheinrich, KPMG oder Otto Wulff gehören, aber auch kleinere Betriebe wie Werbeagenturen, Einzelhändler oder Personaldienstleister, zählt die Wahlplattform Starke Wirtschaft Hamburg nach eigenen Angaben einen sehr großen Unterstützerkreis. „Annähernd 200 Unternehmen und Verbände unterstützen unsere Initiative“, so Aust.

Außer seiner Initiative stellt sich auch das alte Bündnis „Die Kammer sind Wir!“ zur Wahl sowie ein Kreis um den derzeit amtierenden Präses André Mücke, der sich von den Kammerrebellen abgespalten hat. Deren Kandidaten sind noch nicht bekannt.

Auch inhaltlich legt Starke Wirtschaft Hamburg vor. Eines der wichtigsten Themen ist dabei der Verkehr. „Sehr viele Arbeitnehmer in Hamburg sind Pendler. Da die Mieten in der Stadt steigen, sind sie gezwungen, weiter hinaus zu ziehen“, sagt Nissen-Schmidt. „Schränkt man den Straßenverkehr jetzt weiter ein, geht das zu Lasten der Arbeitnehmer und damit der Unternehmen.“ Gleiches gelte für die S-Bahn. „Viele unserer Arbeitnehmer, die mit der Hamburger S-Bahn pendeln müssen, steigen derzeit wieder aufs Auto um, oder geben ihre HVV-Abos zurück. Der Grund: Man kommt mit der S-Bahn inzwischen nicht mehr rechtzeitig und in vertretbarer Zeit zum Arbeitsplatz.“ Die S-Bahn habe sich zu einem Sanierungsfall entwickelt. „Oberste Priorität müssen deshalb Investitionen in den ÖPNV haben“, so Nissen-Schmidt.

In 30 Minuten in die Innenstadt

Mit einem 15-Punkte-Programm will Starke Wirtschaft Hamburg deshalb die rund 160.000 wahlberechtigten Kammermitglieder für sich gewinnen. Und das sind die Forderungen: Massive Investitionen in den ÖPNV. Alle U- und S-Bahnen sollen von 6 bis 22 Uhr im Fünf-Minuten-Takt fahren. Jeder Hamburger soll innerhalb von 30 Minuten mit dem ÖPNV in der Innenstadt sein können. Sofortige Abschaffung der Gebühren in Park & Ride-Parkhäusern, sowie der Aufbau neuer Park & Ride-Parkplätze in der gesamten Metropolregion. Vernetzung aller Verkehrsträger im Hafen zur Beschleunigung des Warenverkehrs.

Aber auch: Flächendeckend Stadtrad- und Sharing-Angebote. „Wir begrüßen es ausdrücklich, wenn zukünftig mehr Arbeitnehmer mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren können. Dennoch ist das Pendeln mit dem Auto sehr oft kein Freizeitvergnügen sondern Lebensnotwendigkeit“, sagt Nissen-Schmidt. Nach gut einer Stunde ist der Wahlkampf der Initiative am Mittwochnachmittag vorbei, wobei Aust diesen Begriff ablehnt: „Wir machen keinen Wahlkampf. Wir sind unabhängige Unternehmer und keine Politiker.“